• Immer weniger Schulabgänger aus Westdeutschland entscheiden sich für ein Studium an ostdeutschen Universitäten. Das liegt vor allem an generellen demografischen Problemen.
  • Die Universitäten konkurrieren um wenige potenzielle Studierende – und wollen mit den niedrigeren Mieten in Ostdeutschland locken.
  • Für viele junge Menschen ist Ostdeutschland nicht attraktiv. Dabei spielt auch das schlechte politische Image eine Rolle.

Zahlen des Statistischen Bundesamts belegen es: Zumindest in Sachsen ist die Zahl der Studierenden generell gesunken. Waren es im Wintersemester 2013/14 noch knapp 113.000, studierten 2023/24 im Freistaat schon knapp 10.000 Menschen weniger. In Thüringen steigen die Zahlen zwar seit Jahren – aber nicht an den staatlichen Unis, sondern vor allem wegen einer privaten Hochschule in Erfurt.

Demografische Entwicklung: Zahl der Abiturienten sinkt

Jens Strackeljan ist Rektor an der Otto-von-Guericke-Universität in Magdeburg. Auch dort spürt er einen Rückgang von westdeutschen Studienanfängern.

Strackeljan nennt als Hauptgrund die demografische Entwicklung, also einfach weniger junge Menschen: "Wir haben auch einen Rückgang in der Zahl der Abiturientinnen und Abiturienten in westlichen Städten. Wir beobachten das jetzt bei unseren Wettbewerbern Hannover und Braunschweig, die ein ähnliches Profil haben. Also Ingenieure, Technik. Da gibt es einfach auch deutlich weniger in der Region, die in ein Studium gehen. Dementsprechend sind dort die Werbemaßnahmen auch deutlich größer als sie vor ein paar Jahren waren."

Unis konkurrieren um wenige Studierende

Weil es also weniger potenzielle Studierende gibt, steigt die Konkurrenz unter den Unis – wie Strackeljan schon offen gespürt hat: "Wir haben neulich mal ein Plakat hingehängt in Braunschweig am Bahnhof mit dem Hinweis, man könnte ja auch in Magdeburg studieren. Da ruft mich dann die Kollegin an und fragt, was mir einfiele." Das sei vor zehn Jahren noch deutlich entspannter gewesen.

Sein Vorschlag, um auch hier die Werbung anzukurbeln: Auf vorhandenen Wohnraum und vergleichsweise günstige Mieten hinweisen – anders als in München oder Köln.

Viele ostdeutsche junge Menschen ziehen weg

Weitere Gründe für den Rückgang nennt Claudia Maicher, wissenschaftspolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion in Sachsen: "Dass viele westdeutsche Länder G9 wieder einführen, das heißt das Abitur in 13 Jahren. Das heißt, es brechen Jahrgänge weg, die vielleicht gekommen wären. [Und] die [...], die studieren wollen, die wollen eben auch gerne mal was anderes sehen und woanders hingehen, und wenn man sich die Zahlen anschaut, ist es sehr auffällig, dass das besonders die aus den ostdeutschen Ländern sind, die weggehen."

Das habe sicherlich auch mit der Attraktivität der Uni-Standorte zu tun, vermutet Maicher. Nicht unbedingt in Leipzig, aber in anderen größeren Städten wie Chemnitz oder Dresden seien die Zahlen rückläufig.

Politisches Image Ostdeutschlands wirkt abschreckend

In Sachsen weisen auch gleich mehrere Interviewpartner auf einen Punkt hin: Das politische Image von Ostdeutschland, das viele junge Menschen abschrecke – sagt Max Trotte, Sprecher des Studierendenrats an der TU Dresden. "Wenn wir auch regelmäßig mit Schülern ins Gespräch kommen, die zum Tag der offenen Tür hier sind oder mit ihrer Schulklasse hier sind, dann merken wir gerade, dass erstens die Gruppen aus Westdeutschland weniger werden. Und dass, wenn welche aus Westdeutschland hier sind, dass die sagen: Ja Dresden ist eine schöne Stadt, aber zum Studieren nicht. Es ist im Bild zu rechts hier, was man halt hört."

Das ändere sich nur, wenn man Ostdeutschland wieder als weltoffener und bunter wahrnehme – und wenn die Lebensverhältnisse zwischen Ost und West endlich gleichgestellt würden.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke