Während Israels Hymne drehen sich Italiens Fans demonstrativ weg
Es war ein denkwürdiger Fußball-Abend im ungarischen Debrecen, so wild, dass die italienische Zeitung „Corriere della Sera“ eine „Aspirin gegen die Kopfschmerzen“ einforderte. In einem Neun-Tore-Spektakel setzte sich Italien in der WM-Qualifikation gegen Israel mit 5:4 (1:1) durch. Es sei eine „partita surreale“ – also „ein surreales Spiel“ – gewesen, so das Urteil der „Gazzetta dello Sport“.
Im Stadion sahen es nur wenige Fans. Weil Israel seine Spiele aufgrund der politischen Lage nicht in der Heimat austragen kann, wurde nach Ungarn ausgewichen. Nur rund 2000 Menschen kamen. Einige von ihnen sorgte vor dem Spiel für einen Eklat. Ein paar Dutzend italienische Ultras drehten sich demonstrativ um, als die israelische Nationalhymne abgespielt wurde. Auch Pfiffe waren zu hören. Wenig später hielten sie Schilder mit abgedrucktem Stoppschild hoch – offenbar eine Botschaft gegen das Handeln der israelischen Regierung im Gaza-Krieg.
Sportlich nahm das Spektakel schon in der fünften Minute seinen Lauf. Keeper Gianluigi Donnarumma faustete sich eine Ecke ins eigene Tor. Er hatte aber großes Glück, dass Schiedsrichter Slavko Vincic ein angebliches Offensivfoul von Israels Stav Lemkin erkannt haben wollte. Auch die deutschen Videoschiedsrichter sahen keinen Anlass, die Entscheidung zu korrigieren. DAZN-Kommentator Oliver Faßnacht sprach von einer „krassen Fehlentscheidung“.
Der nächste ungewohnte Aussetzer führte dann zur israelischen Führung. Manuel Locatelli grätschte einen Querpass ins eigene Tor. Moise Kean glich zwar noch vor der Pause aus (40.), viel mehr Ruhe bekamen die Italiener dadurch aber nicht ins Spiel. Erst beim Stand von 4:2 schien das Spiel nach 81 Minuten entschieden – erneut Kean (54.), Matteo Politano (59.) und Giacomo Raspadori (81.) hatten für die Italiener getroffen, Dor Peretz (52.) für Israel.
Der Außenseiter aber steckte nicht auf und kam unter kräftiger Mithilfe von Alessandro Bastoni (87.), der das zweite Eigentor des Abends erzielte, noch einmal zurück. Peretz erzielte gar den zwischenzeitlichen 4:4-Ausgleich (89.). Das letzte Wort aber hatten die Italiener, die sich in Person von Sandro Tonali in der Nachspielzeit selbst erlösten (90.+1). „Es war zum Sterben“, ächzte Trainer Gennaro Gattuso sichtlich emotional angekratzt. „Ein Alptraum, furchtbar. Wir müssen verrückt sein!“
„Was für ein Schrecken. Und was für Fehler“
Trotz aller Kritik – Gattuso erkannte etwa, dass die Mannschaft „zu zerbrechlich“ sei – lobte der frühere Abräumer, dass „Herz dabei war, es war der Wille da“. Das ständige Hin und Her hinterließ auch in den heimischen Gazetten ein Gefühlschaos. „Es war wie in einem alten Bud-Spencer-Film“, verglich „Corriere della Sera“, „ein Irrenhaus“. „Gazzetta dello Sport“, vermerkte: „Was für ein Schrecken. Und was für Fehler.“
Für Gattuso war es nach dem 5:0 gegen Estland der zweite Sieg im zweiten Spiel in seinem neuen Amt. Mit neun Punkten verbesserten sich die Italiener auf Platz zwei der Gruppe G hinter Norwegen. Der Sieg gegen Israel „haucht einer Nationalmannschaft neues Leben ein, die zum dritten Mal in Folge mit dem Dämon eines erneuten WM-Ausschlusses zu kämpfen hat“, schrieb „Tuttosport“ in Erinnerung daran, dass Italien zuletzt zweimal die WM-Qualifikation verpasst hatte.
Dieser Dämon habe sich am Quartier des Nationalteams in Coverciano eingenistet, fürchtet das Blatt und sieht Gattuso bereits als Retter: „Dank des Exorzismus des Mannes, der diesen Pokal in den Himmel gehoben hat, könnte er endlich verschwinden.“
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