Liverpool-Trainer über Hugo Ekitiké: "Ihr nennt es dumm? Ich auch!"
Im Ligapokal gegen Southampton erzielt der ehemalige Frankfurter Ekitiké das entscheidende Tor zum 2:1. Wenig später wird er vom Platz geworfen. Die Welt schüttelt den Kopf. Auch Liverpool-Trainer Arne Slot. Der kann das alles nicht fassen. Einer kennt das womöglich schon. Der sitzt auf der anderen Bank.
Bevor Southamptons Will Still in Frankreich auf der Trainerbank Karriere machte, simulierte der 32-Jährige sein zukünftiges Leben als Coach immer wieder auf "Football Manager". "Das kleine Kind in mir, das all die Stunden damit verbracht hat, einer der besten Manager der Welt zu werden und alles auf 'Football Manager' zu gewinnen, sagt mir, ich solle an dem Traum festhalten, West Ham zu trainieren", erzählte er einmal, als die Welt ihn vor einigen Jahren entdeckte.
In diesem Sommer kam Will Still West Ham einen Schritt näher. Den in Belgien geborenen Engländer zog es auf die Insel. Dort hatte er als Teenager einmal zwei Jahre verbracht, war sonst jedoch immer in Kontinentaleuropa zu finden. Bei Stade Reims hatte er erst als Co-Trainer gearbeitet. Dann wurde er im Oktober 2022 am Tag vor seinem 30. Geburtstag erst Interimstrainer und bald danach Trainer. Er hatte keine Lizenz. Der Klub zahlte 25.000 Euro Strafe pro Spiel, bis er eine Lizenz hatte. Er war der jüngste Trainer in allen europäischen Top-Ligen. Er führte den Klub von den Abstiegsrängen ins gesicherte Mittelfeld.
Im Sommer 2024 zog es Still nach Lens, er schloss die Saison ab und verschwand trotzdem. Er wollte nach England. Das hatte einen ernsten Hintergrund. Seine Freundin war erkrankt, er wollte bei ihr sein. Nicht immer pendeln. Manchmal, erzählte er im Sommer, habe er in Lens auf dem Trainingsplatz gestanden und sich Vorwürfe gemacht. In England übernahm er Southampton, gerade abgestiegen aus der Premier League.
Ligapokal in Liverpool, nicht als Fußball-Fiktion
In Southampton stellte er eine neue Mannschaft zusammen. Er bediente sich auch in Deutschland. Caspar Jander kam aus Nürnberg, Leo Scienza aus Hoffenheim, Damion Downs aus Köln und Joshua Quarshie aus Hoffenheim. Zuvor hatte er darüber gesprochen, wie auch Trainer bei "Football Manager", auf Transfermarkt und FIFA auf die Spielerwerte schauen. Es seien Daten- und Informationstools.
Nach einem misslungenen Start in der Liga ging es nun am gestrigen Dienstag im Pokal nach Liverpool. Im echten Leben. Ein großer Schritt. Southampton hatte den Meister der Premier League am Rande einer Sensation. Sie hatten das 0:1 durch Liverpools 145-Millionen-Mann Alexander Isak in der 76. Minute mit dem Ausgleich bewundert. Es war ein Spiel, das es im englischen Ligapokal gibt und das es so immer wieder im "Football Manager" gibt. Notfalls nach vielen Versuchen. Ein Vorteil der digitalen Fußball-Fiktion.
Die ist ohnehin unterhaltsam. Die Game Engine streut immer wieder kuriose Events ein. Manche davon sind haarsträubend, so haarsträubend, dass es eigentlich nicht möglich sein kann. Ist es aber. So wie das, was bald nach dem 1:1 in Liverpool passierte, eigentlich nicht passieren sollte. Aber passiert.
Was Ekitike tat
In der 85. Minute hatte der frei vor dem Tor stehende Hugo Ekitiké das getan, wofür Liverpool auch 95 Millionen Euro in diesem Sommer in Richtung Eintracht geschickt hatte. Nach einem Zuspiel von Federico Chiesa musste er den Ball nur noch irgendwie im Tor unterbringen. Es gelang ihm. Was dann passierte, sorgte allgemein für Kopfschütteln.
Der bereits früh nach seiner Einwechslung zur Halbzeit wegen Meckerns und Ballwegwerfens in einer Aktion verwarnte Ekitiké war wie im Rausch. Das entscheidende Tor in Anfield. Das 2:1 in einem Pokalspiel. Das Tor in den letzten Minuten. Was der vollkommen euphorisierte Stürmer ausblendete. Es war das Achtelfinale im englischen Ligapokal, dem ungeliebten zweiten Pokalwettbewerb. Es war das einfachste Tor der Welt. War dem 23-Jährigen aber egal.
Ekitiké zog sein Trikot mit der Nummer 22 aus, hielt es in Richtung Tribüne und musste sich wohl da bereits über die Gesichter seiner Mitspieler gewundert haben. Am ehemaligen Leverkusener Jeremie Frimpong war es dann, dem Feiernden die Nachricht zu vermitteln. "Das war dumm, Hugo. Das kannst du nicht machen", sagte er ihm vielleicht. Bald darauf zückte Schiedsrichter Thomas Bramall erst die Gelbe und dann die Rote Karte. Weil es die Regeln so wollen. Das war gleichbedeutend mit einer Sperre im nächsten Ligaspiel gegen Crystal Palace. Immerhin brachten die Reds den Sieg auch mit zehn Mann über die Zeit. Immerhin traf Isak. Wird schon alles nicht so schlimm sein.
Was Arne Slot dachte
Liverpool-Trainer Arne Slot aber fand das alles ganz schön merkwürdig. "Die erste Karte war schon unnötig und irgendwie auch dumm. Man muss seine Emotionen kontrollieren", holte der Niederländer aus. "Zur zweiten Karte habe ich ihm gesagt, dass ich da durchaus für Verständnis hätte. Wenn es ein Tor in der 87. Minute eines Champions-League-Finals wäre und wenn er vorher drei Spieler ausgespielt und den Ball in den Winkel gejagt hätte, könnte ich es verstehen, dass er denkt, es gehe nur um ihn. Ich bin altmodisch. Bei diesem Tor wäre ich zu Chiesa gegangen und hätte ihm für die Vorarbeit gedankt. Das war unnötig, das war nicht klug. Ihr nennt es dumm. Ich habe es auch sofort als dumm bezeichnet."
Der so gescholtene Matchwinner schob auf Instagram direkt eine Entschuldigung hinterher. "Es ist immer besser, wenn du deine Emotionen kontrollieren kannst. Wenn das nicht möglich ist, mach es so, dass du keine Gelbe Karte kassierst", schrieb er. "Ich war einfach so aufgeregt, weil ich dem Team zu einem weiteren Sieg hier verhelfen konnte. Die Emotionen haben mich überwältigt. Ich entschuldige mich bei der gesamten Familie der Reds."
Als Will Still, der Southampton-Trainer, im Sommer über seinen neuen Job sprach, redete er auch über Hugo Ekitiké. Dem war er schon bei Stade Reims begegnet. Damals, als er noch Co-Trainer war und der Angreifer ein gigantisches Versprechen. "Er war damals ein Star in Reims. Er war kein Star bei PSG. Er wurde erwachsener. Er war noch ein Junge, ein Heranwachsender. Dann wurde er zu einem jungen Erwachsenen." An diesem Abend in Anfield war Ekitike wieder ein Junge. Der sich freute, weil er in Liverpool und für Liverpool ein entscheidendes Tor erzielte und dabei eine Dummheit beging. Wie ihm nicht nur sein Trainer mitteilte.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke