Der Sportdirektor riss die Augen auf und verzog das Gesicht, als er von der Medaillenflaute des deutschen Teams bei der Rad-WM in Ruanda hörte. „Oh mein Gott“, sagte Jens Zemke zur historischen Dimension des deutschen Abschneidens, das ohne Topstars wie den Tour-Dritten Florian Lipowitz zustande kam,

Seit der Wiedervereinigung im Jahr 1990 gab es mit Ausnahme der nur im Profibereich ausgetragenen Corona-Ausgabe 2020 immer mindestens eine deutsche Medaille. Diesmal glänzten in Ruandas Hauptstadt Kigali nicht nur andere wie Straßenrad-Titelverteidiger Tadej Pogacar aus Slowenen – auch alle weiteren Medaillen gingen an andere Nationen.

Der Präsident des Verbands German Cycling, Bernd Dankowski, sagte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur, dass die Gründe vielschichtig seien. „Wir haben hier hervorragende Bedingungen vorgefunden“, sagte er, aber die Temperatur, die Höhe, das Streckenprofil seien alles andere als „ideal“ für Nordeuropäer.

Magenprobleme sorgen für Ausstieg von vier Fahrern

Allerdings waren in den Top-Platzierungen europäische Nationen vielfach vertreten. „Wir haben aber auch sehr gute Fahrer nicht mit am Start. Da gibt es unterschiedlichste Gründe für“, sagte Dankowksi.

Die Resthoffnung auf eine Medaille am Schlusstag war kaum noch vorhanden. Während die zahlreichen Fans am Straßenrand unvergessliche Erinnerungen sammelten, dominierte beim deutschen Team die Tristesse. Magenprobleme zwangen das ohnehin geschrumpfte Quartett beim Straßenrennen in die Knie – keiner der vier Starter beendete das Rennen.

Die Magenprobleme passten zum medaillenlosen Ausflug des deutschen Rad-Aufgebots ins afrikanische Ruanda. Allerdings forderte das Rennen samt einer äußerst anspruchsvollen Strecke seinen Tribut: Nur 30 der 165 Starter beendeten das Rennen.

Wirklich nah kamen die Deutschen Gold, Silber und Bronze insgesamt nur selten. Antonia Niedermaier sorgte mit ihrem sechsten Rang beim Zeitfahren und dem sechsten Rang beim Straßenrennen für etwas bessere Stimmung im deutschen Team. Daneben gehörten der fünfte Rang des geschwächten Mixed-Teams sowie Rang sieben von Justyna Czapla beim U23-Zeitfahren zu den besten Ergebnissen.

„Es ist nicht so, dass es hoffnungslos ist“, sagte Zemke: „Von den Platzierungen gut, aber es hat eine Medaille gefehlt“, fügte er selbstkritisch hinzu.

Der Teamchef gab direkt einen Ausblick auf seine angestrebten Veränderungen vor der kommenden WM im kanadischen Montreal nächstes Jahr. Es müsse das Ziel des Verbands sein, dass man schon im nahenden Winter die nächste Weltmeisterschaft angehen müsse. „Wir beziehen die Rennfahrer aus ihren Teams, die im vollen Rennprogramm sind, gucken, wer eine gute Form hat vier Wochen vorher und selektionieren teilweise. Da müssen wir umgestalten“, sagte der Ex-Profi.

Andere Nationalteams bereiteten sich teils gemeinsam im Trainingslager vor. „Da können wir auf jeden Fall von anderen Nationen lernen“, erklärte Zemke, der in der kommenden Woche auch für die Geschicke während der EM in Frankreich mitverantwortlich ist. Beim Straßenrennen will das deutsche Team auf die Jugend setzen.

„Wir haben natürlich die Ambition, im Nachwuchs stärker zu wachsen, einfach um eine größere Basis zu schaffen. Wir sind aber auch nach Olympia ja in einem Umbruchjahr und von daher glaube ich, dass wir da nicht zu viel hineininterpretieren dürfen“, sagte Präsident Dankowski.

Der Nachfolger von Rudolf Scharping lobte eine „fantastische Weltmeisterschaft“, die neue Standards gesetzt habe. „Die Organisation, die Freundlichkeit, die Atmosphäre, das gesamte Umfeld ist – glaube ich – viel besser, als wir es alle erwartet haben.“ Laut Angaben des Weltverbands UCI schauten eine Million Menschen in dem Radsport-begeisterten Land das Männer-Straßenrennen am Sonntag. Die Deutschen sahen sie dabei nur kurz.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke