Warum der BVB die besten Perspektiven seit Jahren hat
Es war eine selbstbewusste Ansage, aber auch eine zutreffende. Er sei „überzeugt, dass wir hier beim BVB viele gute deutsche Spieler haben, aus meiner Sicht alles Nationalspieler“, sagte Niko Kovac. Er könne Julian Nagelsmann im Hinblick auf seine Kadernominierungen an diesem Donnerstagmorgen auf jeden Fall schon einmal eine Befürchtung nehmen. „Ich glaube, dass Julian keinen Fehler macht, wenn er viele uns beruft“, so der Dortmunder Trainer an die Adresse des Bundestrainers.
Damit könnte Kovac richtig liegen. Nico Schlotterbeck, Karim Adeyemi, Julian Brandt und Felix Nmecha sind aktuell in einer starken Verfassung. Nagelsmann, der ja angekündigt hatte, in der WM-Qualifikation verstärkt auf die jeweilige Form zu achten, dürfte eigentlich kaum an ihnen vorbeigehen können. Hinzu kämen auf Sicht vielleicht auch noch Niklas Süle, der am Mittwochabend beim starken 4:1 (1:0) in der Champions League gegen Athletic Bilbao nach einer halbjährigen Verletzungspause ein gutes Comeback gegeben hat. Oder Pascal Groß, über dessen Form es derzeit allerdings keine belastbaren Hinweise gibt: Er hat derzeit das Pech, dass die Dortmunder ohne ihn einfach zu gut spielen.
In jedem Fall könnte sich Nagelsmann bei den BVB-Spielern auf eines verlassen: auf ihre Bereitschaft, ihre Mentalität.
So stabil war die launische schwarz-gelbe Diva BVB seit Ewigkeiten nicht mehr
Das finden Sie jetzt seltsam? Ausgerechnet die Dortmunder und Mentalität – war da nicht etwas? Genau: Den BVB-Profis wurde in den vergangenen Jahren immer unterstellt, zu früh aufzugeben, sich nicht zusammenreißen zu können. Zu versagen, wenn es darauf ankommt.
Es gibt Indizien, dass das der Vergangenheit angehört. Dem Team von Kovac gelang gegen Bilbao der sechste Sieg im achten ungeschlagenen Pflichtspiel der Saison 2025/26. Saisonübergreifend ist der BVB – die Klub-WM, bei der man im Viertelfinale an Real Madrid gescheitert war, nicht mitgezählt – seit 15 Spielen nicht besiegt worden. So stabil war die launische schwarz-gelbe Diva seit Ewigkeiten nicht mehr.
Das hat Gründe. In erster Linie hat es mit Kovac zu tun. Er hat es hinbekommen, dass die Spieler Dinge zu tun, die sie vorher nicht gemacht haben – oder zumindest nicht in dieser Konsequenz. Beim BVB arbeiten mittlerweile alle Offensivspieler, darunter auch der zur Egozentrik neigende Adeyemi, nach hinten. Das Team spielt zudem in einer Grundordnung mit drei Innenverteidigern, die für Stabilität sorgt. Es gibt erkennbare individuelle Weiterentwicklungen bei fast allen Spielern. Vor allem aber gibt einen gesundenden Konkurrenzkampf in allen Mannschaftsteilen. Niemand kann sich ausruhen.
Das alles ist möglich, weil die Einkaufspolitik, die noch vor wenigen Monaten als fantasielos kritisiert worden war, exakt auf die Bedürfnisse des sehr pragmatischen Trainers zugeschnitten wurde. Jeder Spieler, der seit Januar geholt worden ist, ist eine Verstärkung. Allenfalls Jobe Bellingham wirkt noch nicht vollständig integriert – was für einen 19-Jährigen allerdings auch nicht verwunderlich ist.
Es gibt jedoch auch andere, weniger offensichtliche Gründe für den positiven Trend. Die Spieler sind einer deutlich besseren körperlichen Verfassung, sie sind fitter als zum gleichen Zeitpunkt vor einem Jahr. Der BVB, der in den vergangenen Saisons internationale wie national eine der Spitzenreiter in Bezug auf Verletzungen war, hat in Sachen Ausdauertraining und Prophylaxe endlich seine Hausaufgaben gemacht.
Kovac hatte auf Veränderungen im Athletik- und Betreuungsstab gedrängt. Am Mittwoch konnte er seine erfolgreiche Startelf der letzten Wochen auf gleich fünf Positionen ändern – ohne Leistungsabfall oder Reibungsverluste. Das wäre so in der vergangenen Saison gar nicht möglich gewesen – weil nie genug Qualitätsspieler gleichzeitig einsatzbereit waren.
All dies sorgt dafür, dass der BVB die besten Perspektiven seit langer Zeit hat. Das kann helfen, um Ziele zu erreichen – und auch, um sich den zweiten Platz in Deutschland zurückzuerobern. Den hatte der Bundesliga-Vorjahresvierte und -Fünftplazierte von 2024 zuletzt fast aus den Augen verloren.
Die nächsten Spiele werden im Hinblick auf die Machtverhältnisse im deutschen Fußball sehr aufschlussreich werden: Am Samstag geht es für den BVB gegen Leipzig (15.30 Uhr, im Sport-Ticker der WELT) – und nach der Länderspielpause zum FC Bayern.
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