Es war symptomatisch für seine derzeitige Verfassung: Beim Six Kings Slam, einem Show-Turnier in Saudi-Arabien, flog Tennis-Star Alexander Zverev am Mittwoch gleich im ersten Match raus. Gegen seinen Angstgegner Taylor Fritz (USA) gab es die siebte Pleite in Folge. Es läuft seit dem Finale der Australian Open Anfang des Jahres nicht rund für den Hamburger.

Frage: Seit Monaten macht Ihnen der Rücken zu schaffen, dann kam noch der große Zeh dazu. Und Sie sagten, Sie wüssten nicht, ob Sie dieses Jahr überhaupt noch mal schmerzfrei spielen. Also: Wie geht's Ihnen?

Alexander Zverev: Dieses Jahr ist einfach zäh. Am Anfang des Jahres war es okay, dann hatte ich Ellenbogen-Probleme, sodass ich meinen Aufschlag nicht richtig trainieren konnte. Ich hatte dann auch richtig Schwierigkeiten, aufzuschlagen. Meine Service-Statistik ist unfassbar runtergegangen. Dann fing es mit meinem Rücken an, was sich inzwischen auch schon über Monate zieht. Es ist schwierig, so in den Rhythmus zu kommen. Sobald man das Gefühl hat, gutes Tennis zu spielen, wie in Toronto und Cincinnati, kommt der nächste Rückschlag – wie in New York mit dem Rücken. Das beschreibt so ein bisschen mein Jahr.

Frage: Dennoch haben Sie sich selbst heftig kritisiert, sprachen von „schrecklichem Tennis“, das sie gespielt hätten.

Zverev: Ich habe natürlich nicht gut gespielt in vielen Situationen, habe richtiges Kack-Tennis gezeigt. Wie gesagt: Das Jahr ist einfach nur zäh, auch vom Körper her zäh. Man hat das Gefühl, in einen guten Rhythmus zu kommen, findet sein Tennis so ein bisschen und muss dann wieder zwei, drei Wochen pausieren wie nach den US Open. Das ist halt schwierig.

Frage: Sie sprachen in New York davon, dass Sie sich eine Spritze gegen die Rücken-Beschwerden geben lassen wollten. Nun haben Sie immer noch Probleme. Wirkte die Spritze nicht?

Zverev: Doch, die wirkt, ich habe sogar schon eine zweite bekommen. Ich habe ja mehrere Baustellen und bin nach dem Masters in Shanghai (Drittrunden-Aus gegen Arthur Rinderknech, die Redaktion) extra für nur einen Tag nach Hamburg geflogen, um mir die zweite abzuholen. Aber wenn es an einer Stelle besser wird, tritt woanders wieder was auf. Das ist so ein bisschen ein Effekt des Körpers, wenn man wenig Zeit hat und nicht so viel Pause machen kann. Aber es wird alles und ich bin voller Zuversicht, dass ich meine Form wiederfinden und wieder gutes Tennis spielen werde. In Saudi-Arabien habe ich diese Woche gut trainiert. Und jetzt kommen ja Turniere, die ich ganz gerne mag in der Halle mit Wien und Paris, wo ich vergangenes Jahr gewann. Ich glaube, dass ich da wieder gutes Tennis spielen kann.

Frage: Sie kritisieren ja seit Langem den engen Turnier-Kalender. Bei Ihren gesundheitlichen Problemen: Warum spielen Sie dann Show-Turniere wie den Laver-Cup und den Six Kings Slam, wo es keine Punkte für die Weltrangliste gibt, aber 1,3 Millionen Euro für die bloße Teilnahme?

Zverev: Den Laver-Cup liebe ich, und in Saudi-Arabien gibt es einen Grund, warum jeder der Top 5 mitspielt. Darüber brauchen wir nicht reden, glaube ich (lacht). Aber ob ich jetzt drei Tage mehr frei habe oder nicht, ändert nichts für mich. Mir geht es darum, dass wir übers Jahr so viel spielen können, wie die ATP (die Herrentennis-Organisation, die Redaktion) will. Ich würde es nur angenehm finden, wenn wir am Ende des Jahres mal zwei Monate frei hätten.

Frage: Wegen des engen Kalenders haben Sie seit Jahren keinen Davis-Cup mehr gespielt, wenn Deutschland am Jahresende noch dabei war. Werden Sie dieses Mal im November in Bologna dabei sein?

Zverev: Das überlege ich mir noch.

Frage: Keine klare Absage – das macht Tennis-Deutschland Hoffnung.

Zverev: Wenn ich fit bin, überlege ich es mir wirklich.

Frage: In der Woche vor der Davis-Cup-Endrunde finden in Turin die ATP Finals, die WM, statt, die Sie schon zweimal gewinnen konnten. Wie gehen Sie in dem „zähen Jahr“ das Saison-Finale an?

Zverev: Davor sind ja noch Wien und Paris, die ich, wie gesagt, sehr gerne habe. Ich bin guter Dinge, dass ich da anfangen kann, mein bestes Tennis zu spielen und in Turin muss ich das sowieso, wenn ich eine Chance haben will. Ich glaube, dass ich bis dahin meine Form finde.

Frage: Trotz aller Kritik, die Sie ja auch selbst an sich übten, sind Sie immer noch die Nummer 3 der Welt, sozusagen als der Beste vom Rest hinter den Überfliegern Carlos Alcaraz und Jannik Sinner. Was sagt das über das Welt-Tennis aus?

Zverev: Die beiden da oben sind schon sehr dominant. Ich war ja Anfang des Jahres noch die Nummer 2 und hatte vor allem Ende 2024 das Gefühl, dass ich wirklich dazugehöre. Ich habe Turniere gewonnen, Finals gespielt, die Gruppenphase bei der WM ohne Satzverlust überstanden. Mit dem Finale bei den Australian Open (Niederlage gegen Sinner, die Redaktion) ging es dann bergab. Aber ich hatte dieses Gefühl, dazuzugehören und wenn ich mein bestes Tennis spiele, dass ich noch dazu gehören kann. Das weiß ich, aber dafür muss ich bei 100 Prozent sein, was mein Tennis angeht, und das war dieses Jahr nach Melbourne leider nicht so.

Frage: Sie glauben also, Sie können noch mal an die beiden rankommen, wenn Sie wieder fit sind?

Zverev: Ich weiß, dass ich gegen Carlos und Jannik gewinnen kann. Ich muss das Selbstvertrauen wiederfinden und daran glauben, dass ich da wieder hinkommen kann. Es gibt leider keine magische Pille, die du nehmen kannst und dann bist du bei 100 Prozent. Oder wenn es sie gibt, ist sie illegal (lacht).

Frage: Mit Boris Becker hatten Sie dieses Jahr schon das eine oder andere Scharmützel, nachdem er Sie kritisierte und Ihnen die sportliche Trennung von Ihrem Vater nahelegte. Nun holte er im Podcast mit Ex-Profi Andrea Petkovic wieder aus und meinte, Sie seien für ihn ein Sorgenkind – und Weltspitze sähe für ihn anders aus. Was sagen Sie zu der neuen Attacke?

Zverev: Ich glaube, dass er sich relativ wenig Sorgen um mich macht, um ehrlich zu sein. Ich glaube, dass er so ein bisschen nach Aufmerksamkeit sucht und die bekommt er über mich. Das ist leider so. Aber das ist mir inzwischen latte.

Das Interview wurde für das Sport-Kompetenzcenter (WELT, „Bild“, „Sport Bild“) erstellt und zuerst in der „Bild am Sonntag“ veröffentlicht.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke