Besser spät als nie. Der 1. FC Köln setzt im entscheidenden Aufstiegsfinale ein dickes Ausrufezeichen, emotionalisiert die Fans im Stadion und feiert sogar eine Doppel-Meisterschaft. Feuerwehrmann Friedhelm Funkel wird wieder mal zum Aufstiegshelden.

Um genau 17:25 Uhr war es so weit. All die Spannung, die sich über eine ganze Saison beim 1. FC Köln angestaut hatte, musste raus. Die flehenden Durchsagen des Stadionsprechers, den Innenraum nicht zu betreten, wurden von den Zuschauern geflissentlich ignoriert. Schiedsrichter Sören Storks pfiff die Partie ab. In der gleichen Sekunde rauschten von allen Seiten Fans des Effzeh auf den Rasen des Müngersdorfer Stadions. Der Startschuss zur wilden Aufstiegsparty.

Sie haben es tatsächlich geschafft. Durch einen souveränen 4:0-Erfolg über den 1. FC Kaiserslautern im letzten Heimspiel packt der Klub den ersehnten und wichtigen Aufstieg, wird sogar noch Zweitliga-Meister, weil der HSV in Fürth patzt. Kurioserweise war es sogar die zweite FC-Meisterschaft an diesem Sonntag - dazu gleich mehr.

Was vielleicht noch erstaunlicher ist: Der Effzeh hat es geschafft, die Fans in diesem Spiel endgültig wieder auf seine Seite zu ziehen, die Geißbock-Herzen wieder zurückzugewinnen. Nach all dem Chaos in den vergangenen Wochen kein leichtes Unterfangen. Und nun standen sie in Massen auf dem Rasen und jubelten ihren Aufstiegshelden zu.

"Weltmeister vum Rhing"

Keine zehn Minuten nach dem Platzsturm stemmten Kapitän Timo Hübers und der frisch gebackene Fußball-Rentner Mark Uth gemeinsam die Zweitligaschale in den Kölner Himmel. Dahinter packte der gescholtene Tim Lemperle Trainer Friedhelm Funkel an der Schulter und trällerte mit. "Mir sin die Weltmeister vum Rhing" von den Bläck Fööss ballerte aus den Boxen. Viel mehr Köln geht nicht. Der Aufstieg ist ganz Kölsch-like noch mal "joot jejange". Die Schale wanderte umher. Um 17:35 Uhr riss schließlich Friedhelm Funkel sie nach oben.

Sportdirektor Thomas Kessler gestand, dass er diese "Felge" "gar nicht so schön" findet, "aber die Jungs hatten eine große Freude daran", erklärte der Ex-Profi. "Ich weiß als Spieler, wie schön das ist, sie herumzureichen und den Fans zu zeigen. Viel wichtiger aber: Am Ende geht es darum, dass wir es nach einem Jahr geschafft haben, wieder in die Bundesliga aufzusteigen."

Dieses Ziel war in den vergangenen Wochen doch arg verschwommen. Die Zweifel wurden größer. Immer größer. So groß, dass Trainer Gerhard Struber und Sportchef Christian Keller zwei Spiele vor dem Ziel gehen mussten. Damals nicht unbedingt zu erwarten, aber es gelang: Aus der Tristesse ist doch noch ein Emotionsmonster erwachsen. Geschaffen vor allem durch Friedhelm Funkel.

Funkel als Faktor

Überhaupt Funkel - was für eine Geschichte: An diesem Sonntag baute der ewige Trainergott seinen eigenen Rekord aus und feierte seinen siebten Aufstieg in die Bundeliga als Trainer - übrigens genauso viele wie der 1. FC Köln (alle ab dem Jahr 2000). Vor gut zwei Wochen hatte er den Effzeh als Feuerwehrmann übernommen. Es folgten zwei Siege und eine beeindruckend sachliche Moderation eines handfesten Skandals um Stürmer Tim Lemperle, dem nach einer alkoholisierten Party-Tour die Nase gebrochen wurde.

Überhaupt rückte die Causa Lemperle am Sonntag wieder schnell in den Hintergrund. Zwar gab es nach der Einwechslung des Stürmers, der mit Maske auflief, einige Pfiffe, das war es aber auch. Zuvor hatte Funkel seinen Spieler demonstrativ geherzt. Statt Suff-Schlägerei war heute Doppel-Meisterschaft angesagt, so schnell geht das manchmal in Köln.

Von Nervosität war bei den Kölnern im wichtigsten Spiel der Saison nur sehr wenig zu sehen. Die Gastgeber beherzigten das Motivationsbanner und die emotionale Ansage der Ultras vor dem Spiel ("Ihr habt es in der Hand! Heute alles geben"). Der FC legte so druckvoll los wie die Zuschauer und erspielte sich sofort gute Möglichkeiten. Durch sehenswerte Kombinationen machte der Effzeh durch Eric Martel (14. Minute) und Luca Waldschmidt (29.) schon zur Halbzeit fast alles klar.

Der zweite Durchgang geriet dann zum Schaulaufen. Früh war abzusehen: Der 1. FC Kaiserslautern war diesem Spiel, dieser Bühne nicht gewachsen. Funkel nutzte die Phase, um zum einen Lemperle ein letztes Spiel im FC-Dress (sein Wechsel nach Hoffenheim steht übereinstimmenden Berichten zufolge fest) zu gönnen und auch noch Routinier Mark Uth einen glorreichen Abschied zu bescheren. Der einstige Nationalspieler beendet die aktive Laufbahn im Sommer und bekam sein letztes Hurra. Die Krone setzte sich der 33-Jährige mit dem 4:0 selbst auf. Ein letztes Mal schallte ein lange "Uuuuuuth" durchs Stadion.

"Tonnenschwerer Stein"

So passte für den Klub und die Fans eigentlich alles. Umso besser also, dass die U19 am Vormittag schon grandios vorgelegt hatte und in einem wilden 5:4 Bayer Leverkusen im Meisterschaftsfinale besiegt hatte. "Es klingt komisch, ist aber wahr: Der 1. FC Köln ist Deutscher Meister", verkündete der Stadionsprecher vor Spielbeginn. Und als die erfolgreichen Nachwuchskicker in der 40. Minute von ihrer Meister-Ausfahrt aus Leverkusen am Rande der Südkurve samt Schale auftauchten, wurden sie sofort entdeckt und vom ganzen Stadion gefeiert. "Deutscher Meister ist nur der FC Köln", stimmten die Zuschauer an. So rauschte der ganze Klub gemeinsam mit den Fans in Richtung Jubel-Aufstieg. Vergessen die mehr als seltsame Saison, die Rückschläge, die vielen Fragezeichen rund um die Zukunft des Klubs. Die Panik ganz kurz vor dem Ziel. Zumindest für den Moment.

Die Mannschaft feierte zu kölschem Liedgut im Kreis, kurz darauf lief Funkel zufrieden dreinblickend und mit Kölsch in der Hand in Richtung Kabine. Ohnehin gab es in den Katakomben viel Betrieb. Klar, es musste reichlich Kölsch in XXL- Gläsern herbeigeschafft werden. Die Erleichterung fasste Präsident Werner Wolf zusammen. "Es fällt ein tonnenschwerer Stein ab", sagte er in der Mixed Zone. Kurz danach kassierte er von Verteidiger Jan Thielmann eine Bierdusche und grinste trotzdem.

Wie also ist diese Saison zu bewerten? "Wenn du in Köln in der Küche bist, die ist besonders heiß, da musst du gute Nerven haben und gute Kondition. Ich glaube, wir haben zum richtigen Zeitpunkt die richtige Entscheidung getroffen", sagte er rückblickend zur Trainerentlassung. "Umso froher bin ich, dass es so ausgegangen ist." Auch der gut aufgelegte Luca Waldschmidt beschwor den wichtigen Impuls, den Funkel ins Team gebracht habe. Man habe sich mehr auf "eigene Stärken" besonnen, erklärte der Offensivspieler. "Friedhelm hat jedem gesagt, was die Stärken sind und die auch auszuspielen. Wenn man sieht, mit welcher Freude wir Fußball spielen, sind die letzten beiden Siege sehr verdient", so Waldschmidt. Funkel habe die Aufgabe in den beiden Spielen "erfahren und souverän" gemanagt.

Millionenschwerer Unterschied

Auch Präsident Wolf lobte den 71-Jährigen. "Offensichtlich kann er es!" Er hat es heute zum siebten Mal bewiesen, dass er es kann. Er hat es gemacht", so der FC-Boss. Wie wichtig der Aufstieg ist, macht er mit nur einem Satz klar: "Der Unterschied zwischen erster und zweiter Liga beträgt 30 bis 40 Millionen Euro." Zu weit in die Zukunft wollte er aber nicht blicken. Wer wird neuer Trainer? Neuer Sportdirektor? "Heute freuen wir uns über zwei Meistertitel, ab morgen fangen wir wieder an nachzudenken, wie die Zukunft aussieht." Die neue sportliche Führung soll "schnellstmöglich" gefunden werden.

Die Zukunft beginnt am Montag. Am Sonntag herrscht noch jecker Fußball-Karneval. Auch für die Fans waren andere Dinge erst mal wichtiger. Viele verließen die Ausgänge mit einem großen Stück Aufstiegsrasen in den Händen balancierend oder gar im Bierbecher. Eine Ecke weiter grölten die ersten schon vom Europapokal. So ist das im Fußball-Karneval. Alles erlaubt.

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