Mehr Gegenwind für Israel aus Brüssel?
Dass Deutschland die Waffenexporte nach Israel teilweise gestoppt hat, dürfte in Brüssel für Überraschung sorgen. Bislang hatte Berlin Sanktionen abgelehnt. Nun könnte sich die Stimmung in der EU weiter gegen Israel drehen.
Deutschland liefert von allen EU-Ländern die meisten Waffen nach Israel, gefolgt von Italien. Die anderen Länder spielen bei der militärischen Versorgung Israels keine nennenswerte Rolle.
Italiens Ministerpräsidentin Georgia Meloni versucht bislang in dem Konflikt einen Spagat. Die Anerkennung eines Palästinenserstaates lehnt sie ab - dazu müsse dieser Staat erst einmal bestehen, erklärte Meloni. Einen Aufruf von 25 Staaten im Juli, dass der Krieg in Gaza sofort aufhören müsse, hat Italien allerdings mitgetragen - im Gegensatz zu Deutschland.
Offiziell kein Kommentar aus Brüssel
Während hierzulande die Entscheidung von Bundeskanzler Friedrich Merz, die Waffenexporte nach Israel zum Teil einzustellen, heftige Diskussionen auslöst, wird es aus Brüssel dazu kaum offizielle Kommentare geben. Außen- und sicherheitspolitische Entscheidungen der Mitgliedsländer werden selten kommentiert.
Hinter den Fenstern der EU-Kommission wird man die Vorgänge im größten Mitgliedsland jedoch mit großer Aufmerksamkeit verfolgen. Denn die EU hat in den vergangenen Wochen mehrere Maßnahmen gegen Israel vorbereitet, die den Druck auf das Land erhöhen sollen, einem Waffenstillstand in Gaza zuzustimmen und mehr humanitäre Hilfe zuzulassen.
Kallas: "Dann haben wir alle nicht genug getan"
Die Außenbeauftragte der EU, Kaja Kallas, begründete das mit der verzweifelten Lage der Menschen im Gazastreifen: "Die Lage ist immer noch schrecklich. Und solange sie sich nicht verbessert, haben wir alle nicht genug getan." Sie hatte den Ländern vorgeschlagen, unter anderem die Handelsbeziehungen einzuschränken, die Einreise zu erschweren, Sanktionen gegen bestimmte israelische Politiker zu verhängen und Waffenlieferungen einzuschränken.
Dass Deutschland sich nun für einen der wichtigsten Punkte auf dieser Liste entschieden hat, dürfte in Brüssel für Überraschung sorgen. Denn bis dahin hatte Deutschland Sanktionen gegen Israel abgelehnt. Auch Österreich, die Slowakei und Ungarn stehen fest an der Seite Netanjahus.
Auch andere Länder haben Israel sanktioniert
Einige Maßnahmen müssen in der EU einstimmig beschlossen werden, zum Beispiel die Aussetzung des Assozierungsabkommens mit Israel. Das würde den Handel mit der EU erschweren, dem wichtigsten Handelspartner des Landes.
Aber Länder können auch Entscheidungen ohne die EU treffen. So haben die Niederlande zwei israelischen Ministern die Einreise verweigert. Ein Gericht in Belgien hat dem Land untersagt, militärische Ausrüstung nach Israel zu liefern. Und Frankreich hat Palästina als Staat anerkannt, ebenso wie Spanien und Irland. Eine Entscheidung, die der deutsche Außenminister Johann Wadephul bislang abgelehnt hat.
Netanjahus stärkster Verbündeter sitzt woanders
Lange hieß es, die EU sei im Nahen Osten gespalten. Aber nach der Ankündigung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, Gaza-Stadt einnehmen zu wollen, könnte sich die Stimmung in der EU weiter gegen Israel drehen.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bezeichnete die Lage im Küstenstreifen wiederholt als "unerträglich", die spanische EU-Kommissarin Teresa Ribera sprach von einem Genozid im Land. Bleibt die Frage, ob sich Netanjahu von den Worten und Entscheidungen aus Europa beeinflussen lässt, denn sein größter Verbündeter sitzt nicht in Brüssel oder Berlin, sondern in Washington.
Sabrina Fritz, ARD Brüssel, tagesschau, 11.08.2025 09:02 UhrHaftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke