Was vom Gipfel in Alaska zu erwarten ist
Mit Spannung blickt die Welt - und vor allem die Ukraine - auf das Treffen von US-Präsident Trump und Kremlchef Putin. Wer hat welche Positionen? Sind konkrete Ergebnisse zu erwarten? Ein Überblick.
Die Ausgangslage
Vor dreieinhalb Jahren hat Russland die Ukraine angegriffen und rückt immer weiter im Osten des Landes vor. Seither lässt Kremlchef Wladimir Putin ukrainische Städte und Dörfer ununterbrochen mit Raketen und Drohnen beschießen. Seine Armee kontrolliert derzeit etwa 20 Prozent des ukrainischen Staatsgebiets.
In den vergangenen Monaten weitete Russland die Drohnenangriffe aus - mit massiven Folgen für die Zivilbevölkerung. Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden allein im Juli 286 Zivilisten getötet und 1.388 verletzt. Der Monat war damit derjenige mit der höchsten Zahl ziviler Opfer seit drei Jahren. Bereits im Juni hatte die Zahl einen traurigen Höchstwert erreicht.
"Die hohe Zahl ziviler Opfer durch den Einsatz von Kurzstreckendrohnen gibt Anlass zu großer Sorge", fasst Danielle Bell, Leiterin der UN-Menschenrechtsbeobachter in der Ukraine (HRMMU), die Lage zusammen.
Um einem Frieden näherzukommen, wird seit Monaten von einer Waffenruhe gesprochen. Bislang vergeblich. Gespräche zwischen ukrainischen und russischen Vertretern im Mai in Istanbul brachten keine Ergebnisse.
Zuletzt schien es so, als habe selbst US-Präsident Donald Trump nach etlichen Telefonaten mit Putin die Geduld verloren. Er setzte ihm ein Ultimatum und drohte mit Sanktionen, auch für Russlands Handelspartner. Abgesehen von der Ankündigung, gegenüber Indien die Zölle zu erhöhen, verstrich das Ultimatum allerdings folgenlos.
Zum wiederholten Mal schickte Trump vergangene Woche seinen Sondergesandten Steve Witkoff nach Moskau. Dabei ging es Medienberichten zufolge auch um mögliche Gebietsabtretungen der Ukraine an Russland, was Kiew strikt ablehnt.
Trump bezeichnete die Gespräche hinterher als "äußerst produktiv" - und verkündete, dass er sich mit Putin am 15. August in Alaska treffen werde.

Wo die USA und Russland sich am nächsten kommen, kommen Trump und Putin zu ihrem Treffen zusammen. Der Gipfel findet auf einer US-Militärbasis bei Anchorage in Alaska statt.
Trump und Putin treffen sich in Alaska - was ist bekannt?
Es ist das erste persönliche Treffen der beiden Staatschefs seit sechs Jahren: Zuletzt waren Trump und Putin im Juni 2019 am Rande des G20-Gipfels in Japan zusammengetroffen.
Diesmal treffen sie sich nicht auf neutralem Boden, sondern im nördlichsten US-Bundesstaat Alaska. Ausgerechnet Alaska. Die USA hatten das Gebiet erst 1867 Russland abgekauft.
Aus damaliger russischer Sicht war die abgelegene Region nicht mehr profitabel, weshalb Zar Alexander II. Alaska für gerade mal 7,2 Millionen Dollar verkaufte. Seit 1959 ist Alaska 49. Bundesstaat.
Was an dem Gipfel am Freitag auch unüblich ist: Er findet auf einer US-Militärbasis statt: Die US-Regierung entschied sich für den Stützpunkt Elmendorf-Richardson bei Anchorage, der größten Stadt in Alaska. Wegen der hohen Sicherheitsanforderungen an das historische Treffen soll kein anderer Ort als die Militärbasis infrage gekommen sein, meldet CNN.
Gegen Putin liegt seit 2023 ein internationaler Haftbefehl vor, der in den USA allerdings nicht zum Tragen kommt, weil Washington den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag nicht anerkennt. Auch aus diesem Grund ist Alaska für Putin ein idealer Ort.

Der Militärstützpunkt Elmendorf-Richardson bei Anchorage wird Schauplatz des Treffens zwischen den Präsidenten Russlands und der USA.
Was erhofft sich Trump von dem Treffen mit Putin?
Trump schreibt sich auf die Fahnen, einen guten Draht zu Putin zu haben. Insofern setzt er darauf, dass er im Vier-Augen-Gespräch zu ihm durchdringen und ihn zu Zugeständnissen bewegen kann. "Ich werde mit Wladimir Putin sprechen und ihm sagen: 'Du musst diesen Krieg beenden. Du musst.'"
Zugleich legte Trump auf einer Pressekonferenz am Montag im Weißen Haus die Hürden für seine Verhältnisse überraschend niedrig. Ziel sei nicht ein Deal - es gehe jetzt darum, erst einmal eine Art Sondierungsgespräch ("feel-out meeting") zu führen. Es könne gut oder auch schlecht laufen, so Trump.
Er werde vermutlich innerhalb der ersten zwei Minuten des Gesprächs mit Putin erkennen, ob eine Einigung erzielt werden könne. Ohne konkret zu werden, erwähnte Trump dabei auch erneut einen möglichen Gebietstausch.
Was bei Trumps Überlegungen auch eine Rolle spielen dürfte: wieder mit Russland sprichwörtlich ins Geschäft kommen. Laut New York Times soll eine hochrangige russische Delegation bei Gesprächen mit Vertretern der Trump-Regierung im Februar klar gemacht haben, dass US-Unternehmen Milliarden Dollar verdienen könnten, sollten sie wieder Handel mit Russland treiben dürfen, Stichwort Bodenschätze.
Ein weiterer Aspekt: Trump will das lästige Thema Ukraine vom Tisch haben. Seine MAGA-Unterstützer stehen tendenziell der Ukraine kritisch gegenüber beziehungsweise halten generell nichts davon, wenn sich die USA international engagieren, wie Umfragen zeigen, die CNN ausgewertet hat. Auch im Wahlkampf 2024 hatte Trump versprochen, dass sich die USA unter seiner Führung aus den globalen Konflikten heraushalten.

Putin und Trump beim G20-Gipfel im japanischen Osaka 2019: Seither haben sie zwar viel telefoniert, sich aber bis jetzt nicht mehr persönlich getroffen.
Wie ist die Position Putins - sind Zugeständnisse zu erwarten?
Putin hat immer wieder die Bereitschaft zu Verhandlungen vorgetäuscht - aber im Kern ist er seit Beginn des Krieges keinen Millimeter von seiner Position abgewichen. Und die lautet: Die Ukraine muss die teilweise von russischen Truppen besetzten Regionen Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson sowie die 2014 annektierte Halbinsel Krim abtreten.
Weicht Russland nun von dieser Linie ab? Wie mehrere US-Medien berichten, soll Russland in den Gesprächen mit Trumps Sondergesandtem Witkoff verlangt haben, dass sich die Ukraine aus Luhansk und Donezk zurückzieht und die Zugehörigkeit der Krim zu Russland anerkennt. Luhansk ist bereits fast komplett unter russischer Kontrolle.
Im Gegenzug würde der Frontverlauf in den Regionen Saporischschja und Cherson eingefroren - diese Regionen würde also zum Teil bei der Ukraine bleiben. Danach könne es zu Verhandlungen über eine Waffenruhe kommen.
Eine weitere Forderung Putins, die er mehrfach wiederholt hat: Kiew soll auf westliche Waffenlieferungen und eine mögliche NATO-Mitgliedschaft verzichten.
Letztlich stellt Putin immer wieder die Eigenständigkeit der kompletten Ukraine infrage. Bei einem Wirtschaftsforum in St. Petersburg sagte er im Juni, er sehe Russen und Ukrainer als ein Volk: "In dem Sinn ist die ganze Ukraine unser."
Zu befürchten ist daher, dass Putin eine wie auch immer geartete Waffenruhe dafür nutzen würde, um sein Militär weiter hochzurüsten für spätere Angriffe.
Wie blickt die Ukraine auf das Treffen?
Dass lediglich der Angreifer mit dem US-Präsidenten verhandelt und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj beim Alaska-Gipfel nicht dabei ist, weckt in der Ukraine große Befürchtungen, von den Großmächten übergangen zu werden.
Nach dem Eklat im Weißen Haus, als Trump und sein Vize JD Vance Selenskyj im Februar vor versammelter Öffentlichkeit zurechtwiesen, war das Verhältnis zwischen Trump und Selenskyj auf einem Tiefpunkt, hatte sich in den vergangenen Monaten aber stetig verbessert.
Auch seit Bekanntwerden des Alaska-Gipfels ist Selenskyj bemüht, nicht erneut den Unmut Trumps auf sich zu ziehen. Zugleich macht er aber klar, dass ohne die Ukraine nichts beschlossen werden kann. Die Ukraine sei nicht bereit, auf ihre Gebiete im Osten zu verzichten. Seinen Hinweis, dass dies auch gegen die ukrainische Verfassung verstößt, wollte Trump auf einer Pressekonferenz am Montag im Weißen Haus nicht gelten lassen.
Laut Selenskyj beansprucht Putin etwa 9.000 Quadratkilometer in der Region Donezk, die unter ukrainischer Kontrolle verblieben seien. Würde die Ukraine ihre verbliebenen Stellungen im Donbass aufgeben, könnten Putins Truppen später in Richtung Charkiw, Saporischschja und Dnipropetrowsk vorstoßen, so der Präsident.
Ein Rückzug der Ukraine würde Russland nur als "Sprungbrett" für einen künftigen Angriff dienen - so wie schon die Krim als Sprungbrett für Moskaus Angriffe gegen die Südukraine gedient habe, erklärte Selenskyj.
Für die Ukraine dürfte es folglich von zentraler Bedeutung sein, dass es erst zu einer Waffenruhe und zu einem Einfrieren des Frontverlaufs kommt, ehe über etwaige Gebietsabtretungen oder sonstige Konzessionen gesprochen wird. Putin scheint genau das Gegenteil zu beabsichtigen.
Wichtig für die Ukraine ist daher vor allem die Frage, wie eine Waffenruhe abgesichert werden könnte. Immer wieder ist dabei die Rede von Sicherheitsgarantien. Weil Trump schon klar gemacht hat, dass er das nicht als Aufgabe der USA sieht, wären also die Europäer gefordert.
Völlig unklar ist allerdings, wie weit diese gehen würden, sollte Russland die Ukraine nach einer Waffenruhe wieder angreifen.
Welche Rolle spielen die Europäer?
Vor dem Alaska-Gipfel sind die europäischen Staaten bemüht, Trump davon abzuhalten, Putin zu weit entgegenzukommen. Die EU - mit Ausnahme Ungarns - machte klar, dass ein "gerechter und dauerhafter Friede" im Einklang mit dem Völkerrecht stehen müsse und dass hierüber nicht ohne die Ukraine entschieden werden könne.
Zugleich beraumte Bundeskanzler Friedrich Merz für Mittwoch kurzfristig ein virtuelles Treffen an, bei dem neben den Staats- und Regierungschefs aus mehreren europäischen Ländern auch der ukrainische Präsident Selenskyj sowie US-Präsident Trump und sein Vize Vance teilnahmen.
Ergebnis des Treffens: Die Europäer pochen darauf, dass "in der richtigen Reihenfolge verhandelt wird", wie Merz es formulierte. "Ein Waffenstillstand muss am Anfang stehen", so der Bundeskanzler. Die Ukraine sei zu Verhandlungen über territoriale Fragen bereit. Ausgangspunkt müsse die sogenannte Kontaktlinie sein. Eine rechtliche Anerkennung russischer Besetzungen stehe nicht zur Debatte.
Weiterer Punkt laut Merz sind "robuste Sicherheitsgarantien für Kiew". Die Verteidigungsfähigkeit durch die ukrainischen Streitkräfte müsste auch sichergestellt sein. Insgesamt formulierten die Europäer fünf Grundvoraussetzungen für einen Frieden.
Sind von dem Treffen konkrete Ergebnisse zu erwarten - was ist mit Gebietsabtretungen?
Das lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Normalerweise werden derartige Spitzentreffen Wochen im Voraus geplant, um am Ende auch Ergebnisse vorweisen zu können. In diesem Fall dämpften Trump und seine Regierung die Erwartungen, zuletzt sprach das Weiße Haus nur noch von einer "Zuhörsitzung".
Heikelster Punkt aus Sicht der Ukraine ist die Gefahr, dass Trump und Putin sich auf einen Plan verständigen, der für Kiew untragbar wäre: dass die Ukraine sich aus dem Donbass zurückziehen soll, ehe sich Putin auf eine Waffenruhe einlässt.
Zudem könnte Trump nach dem Gespräch mit Putin das Interesse an einer Vermittlung in dem Krieg verlieren und der Ukraine weder Waffen noch Geheimdienstinformationen zur Verfügung stellen - mit drastischen Folgen für Kiew.
Aus Sicht von Experten ist die Tatsache, dass Putin von Trump zu einem Zweiertreffen auf US-Boden eingeladen wurde, für den Kremlchef bereits jetzt ein Erfolg: "Es wurden keine Bedingungen gestellt - und weder die Ukraine noch europäische Vertreter sind dabei. Das ist bereits ein Triumph", sagte Richard Portes, Leiter der Wirtschaftsfakultät der London Business School, dem US-Sender CNBC.
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