US-Präsident Trump empfängt am Abend den ukrainischen Präsidenten Selenskyj und zahlreiche europäische Politiker. Es geht um einen möglichen Frieden in der Ukraine. Was soll besprochen werden? Wie ist der Ablauf des Treffens?

Was ist genau geplant?

Im Weißen Haus findet heute eine ganze Reihe von Gesprächen zum Ukraine-Krieg statt. Los geht es um 18 Uhr deutscher Zeit. Dann sollen die europäischen Spitzenpolitiker ankommen. Erwartet werden Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der britische Premierminister Keir Starmer, die italienische Regierungschefin Giorgia Meloni, der finnische Präsident Alexander Stubb, EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und NATO-Generalsekretär Mark Rutte.

Um 19 Uhr wird Donald Trump den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj begrüßen. Für 19:15 Uhr ist ein bilaterales Gespräch der beiden geplant. Es wird das erste Mal sein, dass Selenskyj nach dem Eklat vom Februar wieder im Oval Office ist. Damals hatten Trump und sein Vize JD Vance den ukrainischen Präsidenten vor versammelter Öffentlichkeit zurechtgewiesen.

Im Februar war es zwischen Trump und Selenskyj zum Eklat gekommen.

Für 20:15 Uhr sieht der Ablauf des Weißen Hauses vor, dass Trump die anderen europäischen Politiker begrüßt. Alle zusammen zeigen sich dann um 20:30 Uhr für Foto- und Videoaufnahmen. Um 21 Uhr sollen das gemeinsame Gespräche starten. Wie lange das dauern wird, ist unklar.

Warum gibt es das Treffen im Weißen Haus?

Am Freitag hatte sich Trump mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin getroffen. Danach gab es Telefongespräche mit Selenskyj und den europäischen Partnern, in denen Trump über die Ergebnisse des Putin-Treffens informiert hat. Inzwischen ist klar: Der US-Präsident ist von seiner vorherigen Forderung, die auch von den Ukrainern und den Europäern geteilt wurde, nach einem Waffenstillstand als Bedingung für Friedensverhandlungen abgerückt. Auch von Sanktionen gegen Russland, mit denen Trump vorher wiederholt gedroht hatte, ist nun keine Rede mehr.

Dafür schob Trump nun allein Selenskyj die Verantwortung zu, eine Waffenruhe herbeizuführen: "Der ukrainische Präsident Selenskyj kann den Krieg mit Russland fast sofort beenden, wenn er will, oder er kann weiterkämpfen", schrieb Trump auf seinem Netzwerk Truth Social.

Trump will nun - ganz im Sinne Putins - sofort über eine Friedensvereinbarung sprechen, während die Kampfhandlungen weitergehen. Solche Verhandlungen können sich aber hinziehen. Nach Ansicht vieler Beobachter ist das ein wichtiger Aspekt für Russland, das sich seit längerer Zeit militärisch im Vorteil sieht und hoffen dürfte, während Verhandlungen weitere Gebiete zu erobern.

Unklar bleibt, wie Trump sich Putin gegenüber zu dessen Forderungen verhalten hat, die Ukraine solle Russland die gesamte Region Donezk überlassen - die Russland allerdings erst zu zwei Dritteln erobert hat. Militärexperten verweisen immer wieder darauf, dass die nicht eroberten Teile der Region einen gut befestigten Sicherheitsgürtel für die Ukraine darstellen. Ihr Verlust wäre ein massiver militärischer Rückschlag für das Land und würde Russlands Möglichkeiten, die Ukraine später erneut anzugreifen, erheblich verbessern.

Trump erklärte weiter, auch die Perspektive eines NATO-Beitritts der Ukraine sei vom Tisch. Trumps Sondergesandter Steve Witkoff, der auch an dem Gespräch mit Putin teilgenommen hat, sagte am Wochenende in TV-Interviews aber, die russische Seite habe Sicherheitsgarantien nach dem Vorbild des NATO-Vertrages für die Ukraine zugestimmt - zugleich aber auch Garantien für sich gefordert.

Das alles wirft viele Fragen auf, die die Ukraine und Europäer heute sicher an Trump richten werden. Die US-Regierung dürfte auf dem Treffen ihre Sicht auf die jüngste Entwicklung erklären und die sich daraus ergebenden Fragen ansprechen.

Laut der Bundesregierung wird unter anderem über "Sicherheitsgarantien, territoriale Fragen und die fortdauernde Unterstützung der Ukraine in der Abwehr der russischen Aggression" gesprochen.

Was ist mit Sicherheitsgarantien gemeint?

Ganz allgemein versteht man darunter Maßnahmen, die ein Land davor schützen, von einem anderen Land angegriffen zu werden. Die Ukraine fordert genau solche Sicherheitsgarantien für die Zeit nach dem Krieg. Damit soll verhindert werden, dass Russland in Zukunft noch einmal das Land überfällt. Russland hatte eine solche Absicht bis zum 22. Februar 2022 weit von sich gewiesen.

Nach Ansicht der Ukrainer hat Russland seit 2014, als es völkerrechtswidrig die Krim annektierte und den Donbass der Ukraine entriss, permanent die Ukraine angegriffen. Auch habe sich Moskau nicht an Übereinkünfte gehalten, die es danach mit Kiew und europäischen Vermittlern im Zuge des Minsk-Prozesses geschlossen hatte. Bei den Verhandlungen in der belarusischen Hauptstadt waren in den Jahren 2014 und 2015 Vereinbarungen getroffen worden, die den Konflikt in der Ostukraine beenden sollten.

Geht es nach der Ukraine, würde sie deshalb der NATO beitreten. Das wäre die wohl stärkste Sicherheitsgarantie. Denn in Artikel 5 des NATO-Vertrags steht:

Die Ukraine bekäme also Hilfe von allen anderen 32 NATO-Staaten. Russland will genau das verhindern und ist deshalb gegen einen Beitritt der Ukraine in das Bündnis.

Welche anderen Sicherheitsgarantien kann es geben?

Das ist vorerst unklar. Witkoff sagte dem TV-Sender CNN: "Wir konnten das folgende Zugeständnis erreichen: Die USA könnten einen Artikel-5-ähnlichen Schutz anbieten." Witkoff fügte hinzu, da sei "das war das erste Mal, dass wir gehört haben, dass die Russen dem zugestimmt haben". Näher äußerte sich der Sondergesandte auf CNN nicht dazu.

Bei Fox News sagte er, Russland habe auch zugestimmt, ein Gesetz zu verabschieden, das die gewaltsame Einnahme weiterer Teile der Ukraine verbietet. Sie seien bereit, eine entsprechen Formulierung "gesetzlich zu verankern" oder zu bestätigen, dass sie "nach einem Friedensabkommen nicht versuchen würden, der Ukraine weiteres Land wegzunehmen".

Auch hier ist allerdings der Hinweis relevant, dass Russland bis 2014 die Grenzen der Ukraine - inklusive der Zugehörigkeit der Krim - vertraglich anerkannt hatte. 1994 hatte Russland das Budapester Memorandum unterzeichnet, in dem sich die Ukraine zur Abgabe der Atomwaffen verpflichtete, die sich als Erbe der Sowjetunion noch auf ihrem Territorium befanden. Im Gegenzug enthielt es Sicherheitsgarantien - wie unter anderem die Anerkennung ihres Staatsgebiets.

Der Sondergesandte Steve Witkoff spricht über einen NATO-ähnlichen Schutz für die Ukraine.

Muss die Ukraine auch Land an Russland abgeben?

Dieses Szenario steht im Raum. Dabei gibt es zwei Formen: Land, das schon von Russland eingenommen ist, und Land, das weiterhin von der Ukraine kontrolliert wird. Kiew lehnt beide Formen der Gebietsabtretungen kategorisch ab. Moskau besteht hingegen darauf, dass die Ukraine Gebiete abgibt.

Russland verlangt zum einen, dass die Ukraine rechtsverbindlich die Zugehörigkeit der 2014 annektierten Krim zu Russland anerkennt. Darüber hinaus erhebt es seit 2022 in seiner Verfassung auf die - ebenfalls nicht gänzlich eroberten - Regionen Luhansk, Saporischschja und Cherson. In den vergangenen Tagen deutete sich aber an, dass es Russland vor allem um die gesamte Region Donezk geht und es möglicherweise einverstanden damit wäre, den Frontverlauf in den Regionen Saporischschja und Cherson einzufrieren. Diese Regionen hat es etwa zu Hälfte erobert. Lukansk befindet sich ohnehin fast vollständig unter russischer Kontrolle.

Trump ist angeblich mit dieser, die Region Donezk betreffenden Variante, einverstanden, wenn es dafür die Möglichkeit für ein schnelles Friedensabkommen gibt. Die Ukraine hat das bislang abgelehnt - vor allem mit Verweis auf seine Verfassung, die die Krim und die vier genannten Regionen als Teil des Staatsgebiets aufführt. Dass es in der ukrainischen Rada eine Mehrheit für eine Verfassungsänderung geben würde, galt bislang als ausgeschlossen.

Zugleich hat die Ukraine aber auch angedeutet, dass sie zu territorialen Zugeständnissen bereit ist. Voraussetzung aber sein zunächst eine Waffenruhe. Ausgangspunkt für solche Überlegungen müsse die sogenannte Kontaktlinie sein. Eine rechtliche Anerkennung russischer Besetzungen stehe nicht zur Debatte.

Wie soll so ein Frieden dann abgesichert werden?

Eine Sicherheitsgarantie könnte neben einer Drohung, dass ein erneuter Angriff Russlands auf die Ukraine als Angriff auf die Beistandsmächte gewertet und von ihnen mit einem Gegenschlag beantwortet werde, auch die Präsenz ausländischer Soldaten in der Ukraine umfassen. Eine solche zusätzliche Form der Abschreckung wirft aber viele praktische und politische Fragen auf.

Die Frontline zwischen den Kriegsparteien ist insgesamt rund 1.200 Kilometer lang. Die besonders umkämpften Abschnitte sind stark vermint. Eine wirksame Absicherung würde ein Kontingent von mehreren zehntausend Soldaten erfordern. Der französische Militärwissenschaftler Guillaume Garnier bezifferte den Umfang auf mindestens 50.000 bis 60.000 Soldatinnen und Soldaten, die zudem regelmäßig rotiert werden müssten. Die Militärexpertin Stefanie Babst spricht sogar von mehreren hunderttausend Soldaten und verweist dabei auf die Größe der russischen Truppen.

Babst bezweifelte Ende vergangenen Jahres auf tagesschau.de, dass die europäischen NATO-Staaten zu so einem aufwändigen und komplexen Einsatz in der Lage wären.

Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) sagte dem Podcast des Medienportals table.media, Deutschland werde bei einer möglichen Friedenssicherung eine wichtige Rolle übernehmen müssen. Deutsche Soldaten in der Ukraine lehne er jedoch ab. Die Bundeswehr habe bereits eine Brigade in Litauen stationiert. Zusätzlich noch deutsche Soldaten in der Ukraine stationieren "würde uns voraussichtlich überfordern", sagt Wadephul.

Andere Signale kamen im Frühjahr aus Großbritannien. Im Februar schrieb der britische Premierminister Keir Starmer in einem Zeitungsbeitrag, ein Land sei bereit für eine "führende Rolle". Das bedeute auch, "unsere eigenen Truppen vor Ort" einzusetzen. Starmer und der französische Präsident Emmanuel Macron erklärten sich Ende März dazu bereit, eine britisch-französische Mission in die Ukraine zu entsenden. Macron machte aber klar, dass es sich um eine Art "Rückversicherungstruppen" handeln solle, also um Einheiten, die nicht in Frontnähe stationiert würden - nach einem Waffenstillstand. Ihre Aufgabe solle dann sein, strategisch wichtige Posten im Hinterland zu sichern oder auch ukrainische Militärs auszubilden, nicht aber, die Waffenruhe abzusichern.

Auch in dieser Frage sind also noch viele Details ungeklärt. Russland wiederum hat immer wieder deutlich gemacht, dass es ausländische Soldaten in der Ukraine nicht akzeptieren werde.

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