Mit extremer Härte geht die serbische Regierung gegen Proteste im Land vor. Präsident Vucic zeigt damit sein wahres Gesicht, meint Silke Hahne. Und die EU? Sie schweigt zu den Vorgängen in dem Land, das EU-Beitrittskandidat ist.

In diesen Tagen zeigt der serbische Präsident Aleksandar Vucic sein wahres Gesicht. Vergangene Woche ließ er vermummte Schläger auf die bisher friedliche Protestbewegung los. Während Partei-Loyalisten mit Schlagstöcken und Feuerwerkskörpern auf demonstrierende Bürger losgingen, stand die Polizei daneben und griff nicht ein. Prügeln unter Polizeischutz.

Serbiens Präsident Vucic droht Demonstranten mit Konsequenzen

Anna Tillack, ARD Wien, tagesschau, 18.08.2025 17:00 Uhr

Gewalteskalation auf den Straßen

Seitdem eskaliert die Gewalt auf Serbiens Straßen jede Nacht aufs Neue. Auch ein Teil der regierungskritischen Protestbewegung trägt wohl dazu bei. Büros der Regierungspartei, die bisher nur mit Eiern beschmissen wurden, werden nun demoliert und in Brand gesteckt.

Die Polizei greift durch - nimmt aber nicht nur diese Leute fest. Jeder, der in Serbien nachts auf die Straße geht, um gegen die Regierung zu demonstrieren - ob friedlich oder nicht - muss mit einer Festnahme rechnen.

Demütigungen und Drohungen

Und mit Polizeigewalt und Demütigung. Das staatlich gelenkte Fernsehen in Serbien veröffentlichte vergangene Woche Bilder von Gefangenen in einer Turnhalle. Sie knien mit dem Gesicht zur Wand, die Hände auf dem Rücken gefesselt, hinter jedem steht ein Polizist in Kampfmontur. In einem anderen Ort soll der örtliche Polizeichef auf eine Aktivistin eingeschlagen und sie damit bedroht haben, sie zu vergewaltigen.

So reagiert der serbische Staat auf seine Bürgerinnen und Bürger, die seit neun Monaten gegen Korruption auf die Straße gehen. Und der serbische Staat, das ist Präsident Aleksandar Vucic. Es ist der Versuch, sein wankendes Machtsystem zu stützen und die zunehmend kritische Zivilgesellschaft im Land zu unterdrücken.

Diese Zivilgesellschaft fordert Gerechtigkeit - für die Toten des Unglücks von Novi Sad, wo ein schlampig renoviertes Bahnhofs-Vordach 16 Opfer forderte. Die Zivilgesellschaft will auch Gerechtigkeit für die Opfer von Polizeigewalt. Sie fordert faire Wahlen und dass ein Präsident nur so viel Macht hat, wie ihm laut Verfassung zusteht.

EU zeigt Protestierenden die kalte Schulter

Man könnte also sagen: Die serbische Zivilgesellschaft fordert das ein, was in einem demokratischen europäischen Land selbstverständlich sein sollte. Schließlich ist Serbien EU-Beitrittskandidat. Doch statt die Demokratiebewegung zu unterstützen, zeigt die EU-Kommission den Protestierenden in Serbien die kalte Schulter. Kein Wort der Unterstützung kommt aus Brüssel.

Europa will von Serbiens Wirtschaftskraft profitieren, egal wie viele korrupte Hände darin mitmischen. Deshalb hat die EU im vergangenen Jahr auch einen Pakt für den Abbau von Lithium mit Serbien geschlossen.

Mit dieser Art von Beitrittspolitik macht Europa sich unglaubwürdig und trampelt auf seinen eigenen Werten herum. Aleksandar Vucic zeigt sein wahres Gesicht. Europa sollte genau hinschauen.

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