Warum das US-Gesundheitssystem so teuer ist
Die Sozialausgaben sind in den USA höher als in Deutschland - und auch die individuellen Ausgaben der US-Amerikaner für ihre Gesundheitsversorgung sind viel größer. Aber sind US-Amerikaner auch besser versorgt?
Henry hat viele Jahre bei der Washington Post gearbeitet. Jetzt bessert er seine Rente mit dem Verkauf von Straßenzeitungen auf. Versichert ist er über Medicare, die staatliche Krankenversicherung für ältere Menschen.
Henry ist zufrieden mit seiner Versicherung: "Es ist ziemlich gut. Ich hatte ein gerissenes Band am Knie und ich bekomme meine Medikamente", sagt er. Zahnersatz bezahle sie allerdings nicht - was wahrscheinlich der Grund ist, warum Henry fast keine Zähne mehr im Mund hat.
Kathleen ist eine gepflegte Frau im mittleren Alter. Sie leitet einen Wirtschaftsverband. Sie zeigt sich dagegen unzufrieden mit dem Krankenversicherungssystem in den USA: "Die Kosten sind außer Kontrolle geraten. Der Service hat nachgelassen, die Wartezeiten sind schrecklich. Ich denke, es ist über die Jahre immer schlimmer geworden."
"Höhere Preise, schlechtere Leistung"
Tatsächlich geben die US-Amerikaner im Schnitt 12.500 Dollar im Jahr für ihre Gesundheit aus. In Deutschland ist es weniger als halb so viel. 30,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts fließen in den USA laut einer Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung in die Sozialausgaben, etwa für die Altersvorsorge oder das Gesundheitswesen. Dabei sind sowohl die staatlichen als auch die privaten Ausgaben eingerechnet. In Deutschland sind es mit 30,4 Prozent etwas weniger. Dennoch ist die durchschnittliche Lebenserwartung in den USA niedriger und die Babysterblichkeit höher als in Deutschland.
Caroline Pearson leitet das Peterson Center of Healthcare. Es ist eine gemeinnützige Organisation, die sich dafür einsetzt, das US-Gesundheitssystem bezahlbarer und qualitativ hochwertiger zu machen. Sie erklärt die hohen Kosten so: "Die USA haben ein überwiegend privates Gesundheitssystem. Das bedeutet, wir haben private Krankenhäuser, Ärzte, Krankenversicherungspläne, und die meisten Menschen sind über ihren Arbeitgeber versichert."
Das führe dazu, dass in den USA höhere Preise als in anderen Ländern der OECD gezahlt würden - und trotzdem schlechtere Leistungen geboten würden, meint Pearson. "Das private System verursacht deutlich höhere Verwaltungskosten und generell höhere Preise."
Dabei versorgt dieses System viele Menschen nur schlecht oder gar nicht: 25 Millionen Menschen haben in den USA überhaupt keine Krankenversicherung, nochmal so viele gelten als unterversichert. Das heißt, sie müssen trotz Versicherung einen großen Teil ihrer Medikamente und Behandlungskosten selbst bezahlen.
Häufiger Grund für Privatinsolvenz
Deshalb sind Krankheitskosten in den USA auch einer der Hauptgründe für Privatinsolvenzen. Die sozialen Medien sind voll mit Videos von Menschen, die ihre dringend benötigten Medikamente schlicht nicht mehr zahlen können oder sogar Spenden sammeln. Denn auch Arzneimittel sind im internationalen Vergleich oft unglaublich teuer.
Grund dafür sei, dass die Regierung nicht direkt mit den Pharmaunternehmen verhandelt, erklärt Pearson. "Jede einzelne Krankenversicherung oder jeder Versicherungsanbieter muss Medikamente eigenständig einkaufen. Und deshalb können die Pharmaunternehmen ihre Preise so hoch ansetzen, wie es der Markt zulässt. Besonders bei Medikamenten ohne direkte Konkurrenz gibt es in diesem Land kaum Möglichkeiten für Versicherer, über Preise zu verhandeln."
Im Vergleich dazu werden die Arzneimittelpreise in Deutschland strenger reguliert. Und sie kosten für alle Versicherten in der Apotheke zunächst gleich viel. Auch die Versicherten der beiden staatlichen Systeme in den USA, Medicare und Medicaid, zahlen weniger für ihre Medikamente.
Unklarheit bei Kosten
Insgesamt ist der Gesundheitsmarkt in den USA aber teuer - und ziemlich undurchsichtig. Das gilt auch für die Frage, welche Kosten durch einen Krankenhaus- oder Arztbesuch entstehen. Was davon die Versicherung übernimmt, ist meistens nur im Nachhinein zu beantworten. In der Regel werde es aber teuer, sagt Kathleen aus Washington. Und selbst wenn man eine Versicherung habe, seien Krankenhaus- und Arztbesuche "eine enorme Belastung".
Allerdings gibt es wenige Bestrebungen, das teure System mit den vielen privaten Akteuren grundsätzlich zu ändern. Im Gegenteil, erklärte Donald Trump im Wahlkampf um die Präsidentschaft: "Es gibt Leute, die Euch eure Krankenversicherung wegnehmen wollen, Euch euren Arzt nehmen und die private Versicherung vollständig abschaffen wollen. Ich sage euch: Wir werden niemals zulassen, dass der Sozialismus das amerikanische Gesundheitssystem zerstört."
Und so wird sich wohl wenig ändern an den hohen Kosten - und an dem Rätselraten, wie viel nach einem Arztbesuch die Versicherung tatsächlich übernimmt.
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