Wachsende Sorge vor einem langen Stillstand
Es herrscht Stillstand in der US-Bundesverwaltung - und keiner weiß, wie lange das Ringen um den Haushalt andauert. Dabei hängt es nur an wenigen Stimmen im Senat, aber auch an einem alten Streitthema.
Seit einem Tag befinden sich die USA in einem Shutdown. Hunderte Bundesbedienstete sind im Zwangsurlaub, andere arbeiten erstmal ohne Bezahlung weiter. Auch zahlreiche Touristenattraktionen sind davon betroffen.
Das musste dieses Ehepaar erfahren, das ein paar nette Tage in Washington verbringen wollte. "Wir sind gestern Abend angekommen und jetzt werden wir einfach herumlaufen und schauen, was wir sehen können. Denn wir können weder die Museen noch das Kapitol besuchen, nichts unternehmen", berichtet das Paar.
Zuverlässig aufrechterhalten wird jetzt nämlich nur noch, was zu den Pflichtaufgaben des Staates gehört - wie zum Beispiel die Sozialleistungen oder das staatliche Krankenversicherungsprogramm für Senioren. Auch der Grenzschutz, die Polizei und die Flugsicherung arbeiten, da systemrelevant, weiter. Ebenso die Bundesgerichte. Das Militärpersonal bleibt im Dienst, nicht aber die zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Pentagon. Und eben auch nicht die Beschäftigten in den Museen oder diejenigen, die Führung durch das Kapitol leiten.
Sieben fehlende Stimmen im Senat
US-Vizepräsident JD Vance hat angesichts des Shutdowns an die demokratische Partei appelliert: "Lasst uns Amerikas Probleme lösen. Lasst uns gemeinsam daran arbeiten. Aber lasst uns die Regierung wieder öffnen, bevor wir über die Gesundheitspolitik verhandeln."
Zwar kontrollieren die Republikaner derzeit beide Kammern - also Repräsentantenhaus und Senat. Aber im Senat wird für die meisten Haushaltsgesetze eine qualifizierte Mehrheit von 60 Stimmen gebraucht. Und hierzu fehlen den Republikanern sieben Stimmen. Sie müssten also mindestens sieben Senatsmitglieder der Demokraten dazu bringen, mit ihnen den Haushalt zu verabschieden.
Streitpunkt "Obamacare"
Die Demokraten blockieren das Budget aber, weil sie Kürzungen bei Gesundheitsprogrammen für Menschen mit niedrigen Einkommen rückgängig machen wollen. Die sind aber wiederum fester Bestandteil des Steuer- und Ausgabengesetzes von US-Präsident Donald Trump, seinem "Big Beautiful Bill".
"Der eigentliche Kampf dreht sich weiterhin um 'Obamacare'", fasst es der demokratische Senator Peter Welsh die Lage zusammen. 2010 war der "Patient Protection and Affordable Care Act" von der Regierung unter dem damaligen Präsidenten Barack Obama verabschiedet worden. Eine Reform des Gesundheitswesens, um mehr Amerikanerinnen und Amerikanern Zugang zu Krankenversicherung und Gesundheitsleistungen zu ermöglichen. Die jetzige Regierung unter Trump "spricht zwar nicht offen über 'Obamacare', aber sie ist sehr effektiv darin, es zu demontieren. Das schadet den Menschen, die ich vertrete, unglaublich", warnt Welsh.
Tatsächlich drohen vielen Menschen, die über "Obamacare" versichert sind - und das sind eher gering Verdienende - massive Beitragserhöhungen durch Trumps Steuer- und Ausgabengesetz. Andere werden die Versicherung ganz verlieren.
Könnte der Shutdown Jobs kosten?
Die Republikaner haben angeboten, den Shutdown bis zum 21. November auszusetzen, um weiter zu verhandeln. Das Problem: Der Graben zwischen beiden Parteien ist so tief, dass die Demokraten nicht glauben, dass es in dieser Zeit faire Verhandlungen gibt. Sie sehen den Shutdown als einzige Möglichkeit, bei "Obamacare" das Schlimmste zu verhindern.
Eine Parteilinie, der allerdings nicht alle demokratischen Senatsmitglieder folgen. Immerhin drei haben für den republikanischen Vorschlag zur Übergangsfinanzierung gestimmt. Ihre Begründung: Ein Shutdown schade den Menschen - unabhängig von Parteizugehörigkeit. Außerdem besteht die Befürchtung, dass hierdurch viele Beschäftigte nicht nur ein paar Tage oder Wochen freigestellt werden, sondern ihren Job ganz verlieren.
Eine Sorge, die Vizepräsident Vance am Mittwoch noch mal genährt hat. "Seien wir ehrlich: Wenn sich das Ganze noch ein paar Tage hinzieht - oder Gott bewahre, noch ein paar Wochen - werden wir Leute entlassen müssen. Wir werden an einigen Stellen Geld sparen müssen, damit die essenziellen Dienste an anderen Stellen nicht abgeschaltet werden."
Der letzte Shutdown war 2018/2019, er dauerte 35 Tage. Seither gibt es ein Gesetz, das allen betroffenen Bundesangestellten eine automatische Nachzahlung garantiert, sobald es wieder einen Haushalt gibt. Es wurde damals parteiübergreifend verabschiedet, um die Unsicherheit für die Beschäftigten zu verringern. Ob dieses Gesetz diesmal in allen Fällen zur Anwendung kommt, ist allerdings fraglich. Denn die Trump-Regierung hat mehrere Bundesbehörden angewiesen, Pläne für dauerhafte Entlassungen zu prüfen.
Anne Schneider, ARD Washington, tagesschau, 02.10.2025 06:57 UhrHaftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke