Am Morgen war Premier Lecornu zurückgetreten. Präsident Macron setzt dennoch weiter auf ihn - vorerst. Er soll einen letzten Anlauf für Gespräche mit anderen Parteien nehmen. Eine bestimmte Personalie könnte ihm dabei helfen.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron setzt nach dem überraschenden Rücktritt seines Ministerpräsidenten Sébastien Lecornu vorerst weiter auf den 39-Jährigen. Macron habe Lecornu damit beauftragt, bis Mittwochabend einen letzten Anlauf für Gespräche mit anderen Parteien zu nehmen, teilte der Élysée-Palast am Abend mit. Ziel sei es, einen Weg zur Stabilisierung des Landes zu entwickeln.

Lecornu, der nach seinem Rücktritt noch die laufenden Regierungsgeschäfte verantwortet, erklärte auf X: "Auf Ersuchen des Präsidenten habe ich mich bereit erklärt, letzte Gespräche mit den politischen Kräften zu führen, um die Stabilität des Landes zu gewährleisten."

Er werde dem Staatschef am Mittwochabend mitteilen, ob dies möglich ist oder nicht, "damit er alle notwendigen Schlussfolgerungen daraus ziehen kann." Noch ist unklar, was genau Lecornus aktueller Auftrag ist. Laut der französischen Verfassung darf Macron Lecornu erneut als Ministerpräsident ernennen.

Macron will Verantwortung übernehmen

Aus dem Umfeld des Präsidenten hieß es nach Angaben der Zeitung Le Figaro, dass Macron "seine Verantwortung übernehmen" werde, wenn Lecornus "letzte Verhandlungen" scheitern. Einen Rücktritt hatte Macron zwar auch vor kurzem noch ausgeschlossen, allerdings könnte er das Parlament auflösen und Neuwahlen anberaumen.

Erst am heutigen Morgen war Lecornu nach nur vier Wochen im Amt zurückgetreten. Ausschlaggebend für das Scheitern seiner Regierung war ein Streit mit den konservativen Republikanern. Diese hatten am Vortag nach kontroversen parteiinternen Diskussionen noch erklärt, sie würden Lecornus Kabinett unterstützen. Doch als die Ministerliste vom Élysée-Palast veröffentlicht wurde, machten die Republikaner sofort wieder einen Rückzieher.

Ihr Parteichef und bisheriger Innenminister Bruno Retailleau erhob gegen Lecornu schwere Vorwürfe. Er warf dem Premier vor, dieser habe ihm am Sonntag bei einem vertraulichen Gespräch verschwiegen, Bruno Le Maire als neuen Verteidigungsminister zu besetzen. "Also gab es ein Vertrauensproblem", sagte Retailleau.

Le Maire steht für hohe Staatsverschuldung

Le Maire ist für die Republikaner ein rotes Tuch. Er gilt als parteipolitischer Verräter, weil er vor mittlerweile acht Jahren ins politische Lager von Präsident Macron übergelaufen war. Als langjähriger Wirtschafts- und Finanzminister wird Le Maire in Frankreich auch eine Mitschuld an der aktuellen Verschuldungsproblematik des Landes gegeben.

Seine Ernennung zum Verteidigungsminister wurde nicht nur von den Konservativen als Provokation eingestuft. Es ist bereits die dritte Mitte-rechts-Regierung, die innerhalb von nicht einmal einem Jahr scheitert.

Le Maire verkündet seinen Verzicht

In eben jener Personalie Le Maire könnte nun auch der Schlüssel liegen, warum Lecornu nochmals einen Anlauf zur Regierungsbildung unternehmen darf. Denn kurz bevor Macron sich am Abend an die Presse wandte, erklärte Le Maire seinen Verzicht auf das Amt als Verteidigungsminister. Er wolle damit einen Ausweg aus der politischen Krise in Paris ermöglichen.

Er habe Präsident Macron angeboten, sich unverzüglich aus der Regierung zurückzuziehen, und der Präsident habe seinen Vorschlag angenommen, schrieb Le Maire auf X. "Ich hoffe, dass diese Entscheidung die Wiederaufnahme der Gespräche zur Bildung einer neuen Regierung ermöglicht, die Frankreich braucht."

Mit Informationen von Cai Rienäcker, ARD Paris

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