Spanien will die Franco-Diktatur aufarbeiten und hat in den vergangenen Jahren viele Denkmäler und Statuen seiner Gefolgsleute entfernt. Seine ehemalige Grabstätte aber sorgt weiter für Diskussionen.

Das 150 Meter hohe Betonkreuz ist schon von Weitem zu sehen. Es ragt auf einem Felsen der Sierra de Cuelgamuros im Nordwesten Madrids, über einer in den Berg gegrabenen Basilika. General Francisco Franco ließ das Ensemble 1959 errichten, als Denkmal für seinen Sieg im spanischen Bürgerkrieg (1936-1939).

Bis 2019 lag der spanische Diktator hier begraben, unter einer schlichten Steinplatte vor dem Hauptaltar. Der für den Betrieb der Basilika zuständige Benediktinerorden las täglich eine Messe für ihn.

Auch heute noch wird im Felsendom täglich die Messe gelesen. Auf den Holzbänken der Kirche sitzen meist nicht mehr als ein, zwei Dutzend Besucher. Viele treibt die Neugierde hierher, manche die Sympathie für den faschistischen General, der das Land von 1939 bis zu seinem Tod 1975 mit strenger Hand regierte.

1936 putschte General Franco gegen die linke Regierung Spaniens. Mit Unterstützung Nazi-Deutschlands siegten seine Truppen im nachfolgenden Bürgerkrieg. Seine Diktatur endete erst mit seinem Tod 1975.

Umbettung und Umbenennung

Emilio Silva treibt der Ärger zum Felsendom. Der Präsident des Vereins Asociación para la recuperación de la Memoria Histórica (Verein zur Wiedererlangung des historischen Gedächtnisses) war einer der ersten, der in Spanien eine kritische Aufarbeitung der Franco-Diktatur gefordert hat. "Das Gebäude gehört zwar jetzt offiziell dem spanischen Staat, aber es atmet immer noch die Symbolik der Diktatur", sagt Silva. "Es sind immer noch die Faschisten, die es als ihr Eigentum betrachten."

Mit zwei großen erinnerungspolitischen Initiativen hat Spanien 2007 und 2022 versucht, zu einem neuen Umgang mit der Diktatur zu finden. Laut dem sogenannten Gesetz zur demokratischen Erinnerung soll das sogenannte "Valle de los Caídos" ("Tal der Gefallenen") zu einem Gedenkort für alle umgestaltet werden.

Francos Überreste wurden umgebettet, das Ensemble in "Valle de Cuelgamuros" umbenannt. Doch das sei zu wenig, sagt Silva. Der Aktivist führt in die Seitenkapellen der Basilika. In den Nischengräbern des Tunnelgewölbes liegen die Überreste von mehr als 33.000 Toten aus dem Bürgerkrieg. Sie wurden oft ohne oder sogar gegen den Willen der Angehörigen bestattet.

Franco wollte die Kirche so zum Mahnmal der Versöhnung stilisieren, zu einem Ort, an dem Opfer beider Seiten ruhen sollten. Dutzende Familien haben die Exhumierung ihrer Angehörigen beantragt, doch die Identifikation der Überreste dauert. Ein Grund dafür: der Widerstand der Benediktinermönche, die sich jahrelang mit juristischen Klagen, Messen unter freiem Himmel und Blockadedrohungen gegen Eingriffe wehrten.

Die letzte Bastion des Nationalkatholizismus

Emilio Silva wundert das nicht. "Die katholische Kirche war Stützpfeiler des Regimes und mitverantwortlich für die Repression", sagt er. Die für die Basilika zuständige Klostergemeinschaft galt als extrem konservativ und letzte Bastion des sogenannten Nationalkatholizismus, eine religiös-nationalistische Ideologie, die das Franco-Regime prägte. Zu einem demokratischen Gedenkort könne das Monument nur werden, wenn die Kirche es verlasse, sagt Silva.

Doch das ist ausgeschlossen. Im Frühjahr 2025 hat sich die Linkskoalition mit dem Vatikan geeinigt: Die Benediktinermönche dürfen im Kloster bleiben und weiter Messen lesen.

Weithin sichtbar ist das Kreuz über Valle de Cuelgamuros - es misst 152 Meter und ist das weltweit höchste freistehende Kreuz.

Zögerliche Umgestaltung

Um Ideen für einen angemessenen Umgang mit dem schwierigen Erbe zu finden, hat die Regierung einen Architektur-Wettbewerb ausgeschrieben. Umgesetzt werden soll die Siegeridee dann im Laufe des nächsten Jahres. Ein Budget von 30 Millionen Euro ist dafür eingepreist.

Dass sich die Umwidmung des Franco-Mahnmals so lange hinzieht, kritisiert auch Antonio Cazorla Sánchez, Historiker an der kanadischen Trent University. "Die Diktatur ist seit einem halben Jahrhundert vorbei. Und wir haben weder ein Museum dazu noch eine angemessene Musealisierung des sogenannten Valle de los Caídos."

Spanien habe es versäumt, die Diktatur-Vergangenheit angemessen zu vermitteln. "Wir zahlen dafür einen hohen Preis: den Aufstieg der Ultrarechten", so der Historiker.

2019 wurden die Gebeine Francos in die Familiengruft bei Madrid umgebettet. Seine Familie versuchte vergeblich, das zu verhindern.

Die ultrarechte Vox als Profiteur?

Laut einer Befragung der Tageszeitung El País würden derzeit 30 Prozent der Spanier unter 35 Jahren die rechtsextreme Vox wählen, Tendenz steigend. Die ultrarechte Partei verteidigt die Franco-Diktatur und sieht den umstrittenen Felsendom als "Symbol für Spaniens christliche Wurzeln".

Gemeinsam mit den Benediktinermönchen hat Vox versucht, die Umgestaltungspläne zu stoppen - vergeblich. Die Ordensbrüder sehen die Regierungspläne weiter kritisch, aber der Ton der Auseinandersetzung ist nach dem Rücktritt des Priors der Gemeinschaft gemäßigter: Referenzen auf die Diktatur wurden aus dem Webauftritt von Kloster und Basilika inzwischen getilgt.

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