• Im Rahmen eines Workshops der Gedenkstätte Andreasstraße in Erfurt produzierten Jugendliche einen Song über Opfer der SED-Diktatur.
  • Die Grundlage bildeten u.a. Gespräche mit einem Zeitzeugen.
  • Die Teilnehmenden haben Text, Musik und Video selbst geschrieben und produziert.

Die Gedenkstätte Andreasstraße ist ein Ort mit schwerer Geschichte: Dort befand sich einst ein Untersuchungsgefängnis der DDR-Staatssicherheit. Heute ist das Gebäude ein moderner Erinnerungsort mit Ausstellungen zur politischen Inhaftierung, zur SED-Diktatur in Thüringen und zur Friedlichen Revolution.

Judith Mayer, Museumspädagogin und Workshopleiterin, erklärt: "Wir machen regelmäßig Ferienworkshops, bei denen Jugendliche freiwillig teilnehmen – nicht, weil eine Lehrkraft sie schickt, sondern weil sie selbst Interesse haben, Geschichte kreativ zu bearbeiten." In diesem Jahr lautete das Thema: "Wie klingt Erinnerung?"

Das Untersuchungsgefängnis der Stasi in Erfurt ist heute ein Gedenkort zur SED-Diktatur.Bildrechte: imago/VIADATA

Politisch verfolgt in der DDR

Der Workshop begann in der Erfurter Gedenkstätte mit einem eindrücklichen Zeitzeugengespräch. Mario Obst, 1989 als 18-Jähriger in der Andreasstraße inhaftiert, sprach mit den Jüngeren über seine Erfahrungen. "Er war damals in einem ähnlichen Alter wie die Teilnehmenden heute", sagt Judith Mayer. "Viele haben einzelne Sätze aus seinem Bericht als Inspiration für ihre Texte genommen."

Für Wilhelmine Rudloff, 19 Jahre alt und Bundesfreiwilligendienstleistende an der Gedenkstätte, war das Gespräch besonders bewegend: "Wenn jemand direkt vor dir steht und erzählt, wie sich Haft angefühlt hat – das berührt einfach anders."

Wenn jemand direkt vor dir steht und erzählt, wie sich Haft angefühlt hat – das berührt einfach anders.

Wilhelmine Rudloff, Workshop-Teilnehmerin

Nächste Station: Musik Fabrik Erfurt

Nach dem Gespräch ging es in die Musik Fabrik Erfurt – ein Jugendhaus mit Tonstudio. Dort wurde geschrieben, gesungen, aufgenommen. Der Musiker Norman Sinn begleitete die Gruppe als Mentor und Texter. Für ihn ist das Projekt auch ein Beitrag gegen das Vergessen: "Zeitzeugen werden weniger. Umso wichtiger, dass junge Menschen ihre Stimmen erheben und Geschichte weitertragen."

Der Musiker Norman Sinn hilft schon zum zehnten Mal im Rahmen eines Workshops beim Texten.Bildrechte: MDR/Lukas Stöckel

Die Jugendlichen kamen freiwillig – und mit ganz unterschiedlichen Motivationen. Einige hatten musikalische Vorerfahrung, andere wollten einfach etwas Neues ausprobieren. "Manche sehen es als Herausforderung, sich ans Mikrofon zu trauen und eigene Gedanken in einem Lied zu formulieren", sagt Judith Mayer. Für Wilhelmine war die Mischung aus Musik und politischer Bildung besonders reizvoll: "Ich spiele Trompete und fand es spannend, wie wir Musik und Erinnerung verbinden konnten. Jetzt merke ich, wie viel möglich ist – das ist richtig geil."

Erinnerung in Beats und Bildern: Ein Musikvideo entsteht

Neben dem Song entstand auch ein Musikvideo – komplett in Eigenregie. Medienpädagoge Kay Albrecht unterstützte mit Technik und Know-how, ließ aber bewusst viel Raum für Experimente. "Die sollen ausprobieren, Fehler machen, Erfahrungen sammeln. Am Ende entsteht etwas, das sie wirklich selbst geschaffen haben." Die Teilnehmenden filmten unter anderem mit Tablets und Action-Cams.

Die Teilnehmenden lernten beim Musikvideo-Dreh viele Fertigkeiten – zum Beispiel die Stopp-Trick-Animation.Bildrechte: MDR/Lukas Stöckel

Finanziert wurde das Projekt von der Thüringer Landeszentrale für politische Bildung und der Gedenkstätte Andreasstraße. Für die Teilnehmenden war alles kostenfrei. Am Ende stehen ein Song, ein Musikvideo und eine Erfahrung, die bleibt. Die vollständige Version erscheint in den kommenden Tagen auf dem YouTube-Kanal der Gedenkstätte.

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