Bundesregierung lehnt Zahlungen an frühere Kolonien ab
Auch unter Schwarz-Rot wird es keine Zahlungen an ehemalige deutsche Kolonien geben. Die Regierung lehnt solche Wiedergutmachung ab und beruft sich dabei aufs Völkerrecht. Das begangene Unrecht soll aber aufgearbeitet werden.
Die Bundesregierung will die Aufarbeitung der deutschen Kolonialzeit vorantreiben, Wiedergutmachungszahlungen an ehemalige deutsche Kolonien lehnt sie aber weiterhin ab. Das geht aus einer Antwort der Regierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen hervor, über die zuerst der Tagesspiegel berichtet hat.
Zwar wolle die schwarz-rote Koalition "das unter deutscher Kolonialherrschaft begangene Unrecht" in den betroffenen Ländern aufarbeiten - als "unbestrittener Teil der Erinnerungskultur in Deutschland". Doch "der Begriff der Wiedergutmachung im Völkerrecht ergibt sich aus der Verletzung einer internationalen Verpflichtung" - und die habe zur Zeit des begangenen Unrechts nicht existiert. Das Konzept der Wiedergutmachung sei daher im Zusammenhang mit der kolonialen Vergangenheit Deutschlands nicht anwendbar.
"Kann nicht unser Anspruch sein"
Die Grünen-Politikerin Claudia Roth, die die Anfrage gemeinsam mit ihren Parteifreundinnen Awet Tesfaiesus und Jamila Schäfer gestellt hatte, kritisierte die Antwort der Bundesregierung. Das Erinnern an das von Deutschland begangene Unrecht sei die Voraussetzung für eine zukunftsfähige Partnerschaft mit den vom Kolonialismus betroffenen Ländern. "Dafür braucht es Empathie und keine formaljuristische Verweigerung", sagte Roth.
Ähnlich äußerte sich Tesfaiesus im Tagesspiegel. "Es kann nicht unser Anspruch sein, uns hinter formaljuristischen Argumenten zu verstecken - gerade nicht in einer Republik, deren Grundgesetz die unantastbare Menschenwürde ins Zentrum ihrer Staatlichkeit stellt." Eine solche Argumentation reproduziere koloniale Hierarchien, "indem sie das Unrecht von damals unsichtbar macht".
Noch ist kein Geld geflossen
Die Regierung befasst sich in ihrer Antwort auch mit dem Angebot, 1,1 Milliarden Euro an Namibia zu zahlen. 2021 hatte sich die damalige schwarz-rote Koalition nach jahrelangen Verhandlungen darauf verständigt, mit dieser Summe das Land in den nächsten 30 Jahren zu unterstützen.
Nun heißt es, davon sollten 1,05 Milliarden Euro für ein Programm für Wiederaufbau und Entwicklung und 50 Millionen Euro für ein Programm für Versöhnung bereitgestellt werden. Bislang ist aber noch kein Geld geflossen. Die Gespräche über die Umsetzung der beiden Programme einschließlich des zeitlichen Rahmens seien nicht abgeschlossen, heißt es.
Weitere Gelder würden aber auch in Projekte zur Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit fließen. Zudem stehe die Bundesregierung mit einer Vielzahl von Ländern zur Frage der Rückgabe von Kulturgütern und menschlichen Überresten aus kolonialen Kontexten im Kontakt.
Massenmord im heutigen Namibia
Deutschland hatte sich ab 1884 Kolonien in Afrika, Ozeanien und Ostasien angeeignet. Die gewaltvolle Herrschaft führte zu Aufständen und Kriegen, im heutigen Namibia wurden von 1904 bis 1908 etwa 80 Prozent des Herero-Volkes und die Hälfte der Nama von deutschen Streitkräften getötet.
Die Gräueltaten dort werden inzwischen offiziell als Völkermord bezeichnet. Anfang des 20. Jahrhunderts gab es diesen juristischen Begriff noch nicht. Erst 1948 wurde Völkermord durch eine Konvention der UN-Generalversammlung zum Straftatbestand. Die Konvention gilt aber nicht rückwirkend. Deswegen ergaben sich für Deutschland keine rechtlichen Konsequenzen. Die Bundesregierung hatte bereits in der Vergangenheit betont, dass es aus ihrer Sicht keinen Rechtsanspruch auf Entschädigung gebe.
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