"Ich glaube, Merz irrt"
Kanzler Merz zog nach dem Alaska-Gipfel auch positive Schlüsse. Das sieht Linken-Chef van Aken anders: Die Ukraine sei US-Präsident Trump egal, sagte er im ARD-Sommerinterview. Waffenlieferungen sieht er aber weiter skeptisch.
Nach dem Gipfeltreffen in Alaska von US-Präsident Donald Trump und Kremlchef Wladimir Putin hatte sich der Bundeskanzler optimistisch gezeigt: "Amerika bleibt an Bord", sagte Friedrich Merz in der ARD. Aus der Opposition kommt nun Widerspruch: "Ich glaube, er irrt. Und ich glaube, Friedrich Merz sollte mal zwei Schritte zurücktreten", sagte der Linken-Co-Vorsitzende Jan van Aken im ARD-Sommerinterview.

ARD-Sommerinterview mit Linken-Vorsitzendem van Aken
Kerstin Dausend, ARD Berlin, tagesschau, 17.08.2025 20:00 UhrDer ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sei im Weißen Haus von Trump vor laufender Kamera "wie ein Schuljunge" und "wie ein Stück Dreck" behandelt worden, so van Aken. Wohingegen Trump für Putin geklatscht und den roten Teppich ausgerollt habe. "Ich glaube, deutlicher kann man nicht zeigen, dass Donald Trump die Ukraine komplett egal ist. Und deswegen, glaube ich, stimmt die Einschätzung von Merz leider nicht. Wir müssen neu darüber nachdenken, dass sie sich nicht mehr auf die USA verlassen können."
Gespräche richtig - aber keine Waffenlieferungen
Dass nun Gespräche laufen, findet van Aken richtig. "Aber das in Alaska waren keine Friedensgespräche", betonte der Linken-Chef. "Weil, wenn die Betroffenen nicht alle mit am Tisch sitzen - und die Ukraine saß nicht mit am Tisch -, dann sind es keine Friedensverhandlungen." Auf das Treffen von Selenskyj und Trump im Weißen Haus am Montag, an dem auch Merz und weitere europäische Staats- und Regierungschefs teilnehmen, schaue er gespannt.
Dennoch zeigte sich van Aken im Interview weiter kritisch mit Blick auf Waffenlieferungen an das von Russland angegriffene Land. "Sie verengen es auf: Man liefert Waffen oder man tut gar nichts. Aber dazwischen gibt es doch ganz viele Möglichkeiten", sagte der Linken-Chef.
Van Aken fordert Handeln gegen illegale Ölexporte
So fordert van Aken etwa, die russische Schattenflotte stärker in den Fokus zu nehmen: "Während wir hier sitzen, fährt gerade vor Fehmarn wahrscheinlich ein Tanker längs mit illegalem russischem Öl. Die Einnahmen aus dem Ölverkauf gehen direkt in die Kriegskasse. Damit wird der Krieg finanziert", sagte er. "Und ich frage mich seit Monaten und sage es laut: Warum tut die Bundesregierung nichts dagegen, dass die illegalen Ölexporte direkt durch unser Staatsgebiet fast laufen?"
Gegen die Schattenflotte hatte die EU in ihrem 18. Paket Sanktionen verhängt. Van Aken schlägt aber weitere Maßnahmen auch für die Bundesregierung vor, etwa die Küstenwache zu verdächtigen Schiffen zu schicken und diese überprüfen zu lassen. "Da könnte man, glaube ich, richtig Druck auf die Kriegskasse des Kremls ausüben - und es passiert nichts", klagte er.
"Eine Milliarde hat kein Mensch erarbeitet"
Ein Thema, für das der promovierte Biologe immer wieder einsteht: die höhere Besteuerung von Superreichen. Dabei betont er, es gehe ihm nicht um Millionäre. "Ich habe überhaupt nichts gegen Reichtum. Mal ganz ehrlich, wir wollen doch alle irgendwie reich sein", sagte van Aken. Selbst 100 Millionen fände er noch "völlig in Ordnung". "Aber ab einem bestimmten Punkt wird das unverschämt. Und eine Milliarde ist so viel Geld, die hat kein Mensch erarbeitet."
"Wir haben eine Chance, etwas real zu verändern"
Auch wenn die Linksfraktion bei der Bundestagswahl einen zweiten Wahlgang von Merz ermöglichte - an Kritik spart sie nicht. Dass van Aken von Merz wenig hält, verbirgt er nicht. Dennoch wolle er die Bundesregierung unterstützen, "wenn sie was richtig macht", so der Linken-Vorsitzende. "Das haben sie bis jetzt nicht so richtig."
Deshalb schwor er seine Partei auf die Rolle der "radikalen Opposition" ein. "Hier in diesem Land verändert sich nur was, wenn es großen Druck auch von der Öffentlichkeit gibt", sagte van Aken. Mit Blick darauf, dass die Linke in den vergangenen Monaten an Popularität gewonnen hat, sagte er: "Wir haben auch viel richtig gemacht. Wir haben auch Fehler gemacht, das muss ich immer eingestehen. Aber ich glaube, wir haben eine Chance, tatsächlich etwas real zu verändern in diesem Land."
Termin des nächsten Sommerinterviews 24. August: Markus Söder, CSUHaftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke