Endlich unabhängig, endlich selbstbestimmt – die Vorteile der Pille für die Frau liegen auf der Hand. Nie zuvor konnten Frauen so sicher Hetero-Sex genießen, ohne eine Schwangerschaft befürchten zu müssen. "Ich muss mir einfach keine Gedanken machen", brachte es mal eine Freundin von mir auf den Punkt. Denn wer Geschlechtskrankheiten schon (weitgehend) ausschließen kann: Das Restrisiko einer Schwangerschaft ist mit der Pille äußerst gering. Und ob geplant oder ungeplant schwanger: Welchen Preis vor allem Mütter in unserer Gesellschaft zahlen, zeigen die harten Fakten.

Verhütung ist Frontkämpfern des Patriarchats ein Dorn im Auge

Mütter verdienen im Schnitt deutlich weniger als kinderlose Frauen – von Männern mit und ohne Kindern ganz zu schweigen. Alleinerziehend sind – trotz prozentualem Anstieg bei den Vätern – in allererster Linie Mütter. Dabei gilt für Alleinerziehende ein erhöhtes Armutsrisiko – für alleinerziehende Mütter wiederum stärker als für alleinerziehende Väter. Wäre Familienplanung eine rein faktenbasierte Entscheidung, dürfte der sprichwörtliche Pillenknick seit Einführung des Präparats noch weitaus drastischer ausfallen – und Frauen die Reproduktion zumindest bis zum Ende des Patriarchats verschieben.

Naheliegend also, dass die Pille für die Frau neben anderen Verhütungsmethoden den Frontkämpfern des Patriarchats ein Dorn im Auge ist. Mann möchte es einer Frau eben doch gerne ansehen, wenn sie Sex hatte. Der runde Babybauch wird zur männlichen Trophäe und zum Kontrollinstrument. Davon zeugt nicht nur so manche Äußerung kurz nach Einführung der Antibabypille vor 65 Jahren. Erst kürzlich kündigte die US-Regierung an, Verhütungsmittel im Wert von rund 8,5 Millionen Euro vernichten zu wollen – und bewies damit einmal mehr, dass der Anti-Abtreibungskurs der Trump-Administration weit mehr vorhat als den (ohnehin eher vorgeschobenen) "Schutz des ungeborenen Lebens".

Weibliche Selbstbestimmung erfordert mehr als eine Pille für die Frau

Trotzdem: Eine feministische Errungenschaft ist die Pille für die Frau höchstens mit Bauchschmerzen. Denn auch, wenn sie mitunter wie ein Allheilmittel gehandelt wird – gegen Akne bis hin zu Endometriose: Die Pille hat auch eine Reihe Nebenwirkungen. Neben medizinischen Risiken wie Gewichtszunahme, verringerter Libido und in selteneren Fällen Depressionen, Thrombose und Lungenembolie zählt dazu vor allem eine gesellschaftliche Nebenwirkung: Verhütung wird als Frauensache zementiert.

Wo bleibt die Pille für den Mann? Zuletzt meldete die Forschung zwar Fortschritte, ohne nennenswerte Nebenwirkungen sollte das Präparat sogar sein. Doch noch 2011 wurde eine entsprechende WHO-Studie abgebrochen – wegen derselben Nebenwirkungen bei Männern, die Frauen mit hormoneller Verhütung ganz selbstverständlich zugemutet werden. "Stell' dich nicht so an", grüßt das Patriarchat. Die Doppelmoral ist hier nur grammatikalisch weiblich.

Beziehung auf Augenhöhe statt betreutes Verhüten

Klar: Wer schwanger werden kann und damit in letzter Konsequenz das medizinische Risiko trägt, ist uns buchstäblich in die Wiege gelegt. Immer wieder höre ich deshalb auch das Argument: "Wenn es um meinen Körper geht, würde ich die Verhütung keinem Partner überlassen." Ein Argument, das auch tief blicken lässt, auf welcher Vertrauensbasis sexuelle Kontakte häufig stattfinden. Denn warum überhaupt dieses Risiko eingehen mit einem Partner, dem man nicht einmal in Verhütungsfragen Verantwortung zutraut? Sexuelle Kontakte – ob "casual" oder in verbindlichen Beziehungen – sind doch kein Betreuungsverhältnis, in dem Frau auf Mann aufpasst.

Dabei gibt es auch gute Nachrichten. Mit Kondomen und Vasektomie gibt es längst gute Verhütungsmethoden für Männer. Und während immer weniger heterosexuelle Paare bei der Verhütung auf die Pille setzen, erfreuen sich Kondome steigender Beliebtheit. Denn Verantwortung ist eben keine reine Frauenangelegenheit – und ein Mann, der glaubt, Verhütung sei nicht sein Problem, ist zum Dating schlicht nicht zu gebrauchen. Und als Partner schon gar nicht.

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