Charmanter DDR-Oldtimer: "Ruckelt nicht, zuckelt nicht, tut seinen Dienst"
Die Legenden sind zu Hause: die P70 als Coupé, Kombi und Limousine sind am Sonntag am August Horch Museum in Zwickau eingetroffen. Da hatten die drei eine abenteuerliche Fahrt von mehr als 5.000 Kilometern entlang der deutschen Grenzen geschafft.
Anlass für die weite Ausfahrt war der runde Geburtstag des Zweitakters aus der DDR: "70 Jahre! Das war einfach der Aufhänger. Da müssen wir versuchen, ich habe früher mal kühn gesagt, 70 P70 zum Siebzigsten", sagt Klaus Werner, der seit 8. August bei der Grenztour mitfuhr. Die P70-Fans waren nahe dran: Mehr als 50 polierte Klassiker und gleichgesinnte Oldtimer-Fans standen in Zwickau zur Begrüßung bereit – zurück in der Geburtsstätte des Kleinwagens.
Wir gehören zur Familie, wir müssen da hin.
Optik und Anspruch vs. Motorleistung
In Zwickau wurde der Kleinwagen bis Ende der 1950er-Jahre gebaut. Sein Name steht für Personenkraftwagen 700 Kubikzentimeter Hubraum. Damals galt das Design als durchaus sportlich, weiß P70-Besitzer Winfried Streitberg aus Thüringen. "Allerdings hatte dieses Fahrzeug trotzdem nur 22 PS. Das heißt, die 22 PS passten nicht so richtig zum schnittigen Anstrich."
P70 Grundlage für Einsatz von Kunststoff im Karosseriebau der DDR
Die Karosserie aus Plastik war wegweisend. Dafür mussten die Ingenieure in der DDR vor 70 Jahren erfinderisch sein, weil Flachziehbleche fehlten. Sie standen auf der Wirtschaftsembargoliste des Westens gegen die DDR. Deshalb behalf man sich mit sowjetischer Baumwolle und Phenolharzen der heimischen Chemieindustrie. Unter Druck und Hitze produzierte man kostengünstige Autoteile aus Duroplast. Das P70-Modell wurde der Wegbereiter für den Trabant.

Es war auch der Rettungsanker für das VEB Automobilwerk in Zwickau: "Ohne den P70 hätten wir wahrscheinlich die Duroplasttechnik nicht so in die Perfektion gekriegt, dass dann der Trabant gut gefertigt werden konnte. So gesehen ist das ein wichtiger Meilenstein für den Automobilbau. Ohne den P70 wäre vielleicht der Automobilbau hier in Zwickau gestorben", sagt Bernd Czekalla vom Förderverein August Horch Museum.
Dankbare Oldtimer-Fans
Von 1955 bis 1959 liefen vom P70 rund 37.000 Limousinen, Kombis und Coupés vom Band. Entsprechend klein ist heute Kreis der Besitzerinnen und Besitzer. Für Dietmar Segebrecht war es Ehrensache, nach Zwickau zu kommen. Der P70-Fahrer sagt: "Wir gehören zur Familie, wir müssen da hin. Mein Sohn hat gesagt, wir müssen einmal noch wieder nach Hause." Bei der Party in Zwickau fasste Winfried Streitberg aus Altenburg zusammen, was er an seinem Oldtimer immer bewundert. "Er ruckelt nicht. Er zuckelt nicht. Er tut seinen Dienst und dafür bin ich dem P70 sehr dankbar."
MDR (kk)
Weiterführende Links
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