Kontaktgebühr für Arztbesuche stößt auf große Ablehnung
- Die meisten Befragten lehnen eine Kontaktgebühr für Arztbesuche ab.
- Viele sorgen sich um die möglichen Folgen einer Gebühr.
- Jeder zweite Befragte befürwortet ein Primärarztsystem.
Um überfüllten Wartezimmern und steigenden Krankenkassenkosten entgegenzuwirken, sprechen sich die Arbeitgeberverbände für eine "Kontaktgebühr" aus, die bei fast jedem Arztbesuch von Patienten zu zahlen wäre. Damit soll das "Ärzte-Hopping" reduziert und die Patientensteuerung verbessert werden. Nicht nur bei Hausärzten selbst stößt das jedoch auf Widerspruch – auch der Großteil der MDRfragt-Gemeinschaft hat dafür kein Verständnis.
In einem aktuellen Stimmungsbild des MDR-eigenen Meinungsbarometers MDRfragt lehnen 87 Prozent der Befragten eine solche "Kontaktgebühr" für Arztbesuche ab.

Was spricht gegen eine Kontaktgebühr?
In den Kommentaren erläutern viele Befragte, warum sie eine Kontaktgebühr für Arztbesuche ablehnen. So schreibt zum Beispiel Stefan (28) aus Halle (Saale): "Die Kontaktgebühr ist nichts anderes als ein Bürokratieaufbau zu Lasten von Patienten, insbesondere finanziell schwachen Patienten. Außerdem werden damit Arztpraxen belastet, da diese sicherlich die Gebühr einziehen sollen." Nicole (46) aus dem Landkreis Gotha sieht das ähnlich und kommentiert: "Es gibt genug chronisch Kranke, die aufgrund der vielen Medikamente oder geringem Einkommen, aus welchem Grund auch immer, jeden Cent zweimal umdrehen müssen. Sollten sie dann noch für jeden Kontaktbesuch zahlen müssen, wäre es wohl das finanzielle Ende." Vor diesem Hintergrund fragt sie zudem: "Was hat das alles noch mit einem Sozialstaat zu tun?"
Es trifft vor allem die Menschen, die ohnehin jeden Monat hart kalkulieren müssen.
Dem schließt sich Klaus (70) aus dem Landkreis Greiz an und kritisiert: "Allgemein häufen sich die Arztbesuche mit zunehmenden Alter, es trifft also die Rentner, mehr als andere Personengruppen. Was machen solche Menschen, die aufgrund ihres Gesundheitszustandes die Gebühr nicht aufbringen können? Es trifft vor allem die Menschen, die ohnehin jeden Monat hart kalkulieren müssen." Ursula (75) aus dem Landkreis Hildburghausen merkt darüber hinaus an: "Ich finde es einfach beschämend für unser Land, dass bei der ärztlichen Versorgung der Bürger, die lebenslang in die Krankenversicherung eingezahlt haben, überhaupt eine solche Maßnahme diskutiert wird."
Praxisgebühr 2.0?
Nicht wenige Befragte werten die geforderte Gebühr als eine Neuauflage der Praxisgebühr, welche 2013 abgeschafft wurde. Ralf (55) aus dem Landkreis Wittenberg hat diese in schlechter Erinnerung und schildert seine Erfahrung: "Als es die Praxisgebühr vor einigen Jahren noch gab, hatte ich durch einen Jobverlust finanzielle Probleme, sodass ich die zehn Euro nicht zahlen konnte. Dadurch wurde eine Wurzelentzündung nicht behandelt, was später massive Kosten verursachte, auch für die Krankenkasse."
Auch Michael (52) aus Dresden lehnt eine Kontaktgebühr für Arztbesuche ab. Er nennt dafür noch einen weiteren Grund und schreibt: "Da ich gezwungen bin, für eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zum Arzt zu gehen, finde ich diese Idee absurd." Er befürchtet, dass "sich die Leute dann auch noch krank zur Arbeit schleppen und Kollegen anstecken."
Kontaktgebühr ja, aber nur unter gewissen Bedingungen
Einige Befragte würden eine Gebühr für Arztbesuche jedoch unter gewissen Bedingungen befürworten. Stellvertretend dafür kommentiert beispielsweise Andreas (72) aus dem Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge: "Ich würde eventuell etwas an dieser Idee finden, wenn gleichzeitig die Krankenversicherungsbeiträge sinken." MDRfragt-Mitglied Niels (24) aus dem Burgenlandkreis sieht das ähnlich und merkt an: "In Kombination mit einer Reduzierung der Krankenkassenbeiträge wäre es mir mehr oder weniger gleichgültig, aber bloß nicht noch eine zusätzliche Erhöhung der Sozialabgaben durch die Hintertür! Wofür zahle ich 14,6 % plus Zusatzbeitrag, wenn ich dann nochmal dafür zahlen muss?!"
Da müssen eben auch Rentner ein bisschen zurückstecken und nicht immer nur die jungen Menschen, die gerade das ganze System bezahlen.
Auch Saskia (35) aus dem Landkreis Schmalkalden-Meiningen würde eine Kontaktgebühr nur unter gewissen Bedingungen einführen und berichtet aus eigener Erfahrung. Sie schreibt: "Ich denke, es sollte danach zurückgezahlt werden. Zum Beispiel durch einen Rabatt bei Medikamenten, wenn die Krankenkassen aufzeigen, dass der Arztkontakt notwendig war. Wie das umsetzbar gemacht werden kann, weiß ich nicht. Aber da ich selbst im Gesundheitssektor arbeite, weiß ich, dass vor allem viele Ältere, die einsam sind, Arztbesuche als Sozialkontakte betrachten. Das wäre im Ideal auch ein guter Zustand, aber dieses System kostet uns Millionen. [...] Da müssen eben auch Rentner ein bisschen zurückstecken und nicht immer nur die jungen Menschen, die gerade das ganze System bezahlen."
Was spricht für eine Kontaktgebühr?
MDRfragt-Mitglied Thomas (46) aus dem Kyffhäuserkreis teilt Saskias Wahrnehmung und spricht sich daher für eine Kontaktgebühr aus. Er kommentiert: "Es gibt zu viele Menschen, bei denen der regelmäßige Arztbesuch eher unter die Rubrik 'Kontaktpflege' fällt." Annett (54) aus dem Saalekreis sieht das ähnlich und hofft, "dass die Praxisgebühr Menschen von unnötigen Arztbesuchen abhält". Zudem berichtet sie aus eigener Erfahrung: "Wenn ich jetzt zum Arzt wegen einer Vorsorgeuntersuchung oder einem Check-up möchte, muss ich einen Tag Urlaub nehmen, da die Praxen übervoll sind."
Christian (49) aus Gera ergänzt dazu: "Die Folge ist, dass man keinen Termin bekommt, wenn man ihn wirklich benötigt beziehungsweise, dass man nicht einmal mehr als Patient angenommen wird. 'Wir nehmen keine neuen Patienten mehr auf' ist der wohl meistgehörte Satz in deutschen Arztpraxen."
Die Sorgen überwiegen
Wie in den Kommentaren der Befragten zu lesen ist, rechnen viele mit medizinischen und finanziellen Problemen, welche die geforderte Kontaktgebühr mit sich bringen könnte.
Insgesamt teilen 82 Prozent der Befragten die Sorge, dass bestimmte Personengruppen durch eine Kontaktgebühr für Arztbesuche finanziell benachteiligt werden.

Parallel dazu äußern 81 Prozent die Sorge, dass Patienten aufgrund der Kontaktgebühr von eigentlich notwendigen Arztbesuchen absehen.

Vergleicht man das Antwortverhalten je nach Geschlecht der Befragten, zeigt sich, dass Frauen die Sorge um eine Vermeidung notwendiger Arztbesuche – infolge einer Kontaktgebühr – häufiger teilen als Männer. Demgegenüber nimmt diese Sorge mit dem Alter der Befragten ab.
Knapp zwei Drittel halten Kontaktgebühr nicht für zielführend
Doch was sagen die Befragten zu der These, dass eine Kontaktgebühr Personen von unnötigen Arztbesuchen abhält, wodurch wiederum mehr Termine für andere Patienten zur Verfügung stehen könnten? Das Befragungsergebnis zeigt: Der Großteil hält das für unwahrscheinlich.
Demnach denken knapp zwei Drittel der MDRfragt-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer nicht, dass eine Gebühr für Arztbesuche diesen Effekt erzielt. Knapp ein Drittel ist hingegen der Ansicht, dass dies durchaus der Fall sein könnte.

Die Rolle der Krankenkassen
Einige Befragte sprechen sich für andere Wege aus, mit denen einem "Ärzte-Hopping" aus ihrer Sicht entgegengewirkt werden könnte. MDRfragt-Mitglied Karl-Heinz (70) aus dem Landkreis Zwickau schlägt beispielsweise vor: "Wenn wir die Arztbesuche regulieren wollen, geht das nur übers Geld. Leider ist der Mensch so (Mitnahme-Mentalität). Das kann natürlich ärmere Menschen hart treffen, deshalb befürworte ich das nicht bedingungslos. Die Armen sind schon beim Zahnarzt und bei anderen medizinischen Leistungen benachteiligt. Mein Vorschlag: Die Zusatzgebühr bei der Krankenversicherung den Arztbesuchen des Vorjahres anpassen. Das trifft alle, die viele Arztkontakte haben, aber die Besserverdienenden mehr."
Wolfgang (65) aus dem Landkreis Leipzig kommentiert wiederum: "Ich denke, dass manche Personen ein regelrechtes 'Arzt-Hopping' betreiben. Hier sollte eher die zuständige Krankenkasse beziehungsweise der Gesetzgeber einschreiten."
Mit der elektronischen Patientenakte müsste man doch sehen, ob man zu viele Ärzte beansprucht.
Auch Annekathrin (38) aus Erfurt sieht die Krankenkassen in der Verantwortung. Sie schreibt: "Schade ist jedoch, dass unsere Gesellschaft offensichtlich über den Geldbeutel geführt werden muss, um die Sinnhaftigkeit und Relevanz eines Arztbesuches (oder gar eines Notarztbesuches) zu überdenken. Aufwände und Kosten könnten mit Sicherheit durch eine Reduzierung der Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen gemindert werden."
Darüber hinaus bringt MDRfragt-Mitglied Heidrun (71) aus dem Landkreis Bautzen die elektronische Patientenakte ins Spiel und merkt an: "Ich denke, wir sind ein Sozialstaat? Jetzt soll ich dafür zahlen, dass ich krank bin? Mit der elektronischen Patientenakte müsste man doch sehen, ob man zu viele Ärzte beansprucht." Ilona (65) aus dem Landkreis Sömmerda wiederum denkt eher an ein Stempelheft und ergänzt: "Es könnte durch eine Art Stempelheft vermieden werden, dass chronisch Kranke bei mehrfach notwendigen Untersuchungen bestraft werden."
Mehrheit befürwortet Primärarztsystem
Eine andere Überlegung, mit welcher die Verteilung von Patienten sowie die Vergabe von Facharzt-Terminen verbessert werden soll, ist die Einführung eines Primärarztsystems. Dieses wurde bereits im Koalitionsvertrag von Union und SPD festgehalten und sieht vor, dass der erste Weg für Patienten zunächst zum Hausarzt führt, welcher dann entscheidet, ob eine Überweisung zum Facharzt notwendig ist. Folglich könnten Fachärzte – bis auf wenige Ausnahmen – künftig nur mit einer Überweisung vom Hausarzt aufgesucht werden.
Die Mehrheit der Befragten befürwortet ein solches Primärarztsystem. Im Vergleich zum April 2025 ist der Zuspruch sogar leicht angestiegen.

Auch bei dieser Frage zeigen sich Unterschiede im Antwortverhalten, wenn man dieses je nach Geschlecht und Alter der Befragten betrachtet. So befürworten Männer und Befragte über 50 Jahren das Primärarztsystem häufiger als Frauen und Befragte unter 50 Jahren.
Pro und Contra zum Primärarztsystem
In den Kommentaren erläutern viele MDRfragt-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer, warum sie sich für oder gegen ein Primärarztsystem aussprechen. Andreas (66) aus dem Harz zählt beispielsweise zu den Befürwortern und meint: "Fachärzte werden auf alle Fälle weniger belagert, wenn der Hausarzt bei nötigen Behandlungen die Überweisung zum Facharzt tätigt." Dem schließt sich Reinhard (77) aus dem Landkreis Nordhausen an und denkt: "Der Hausarzt weiß in der Regel, was für den Patienten am besten wäre." Brigitte aus dem Eichsfeld sieht das ähnlich und schreibt: "Es gibt so schon kaum noch Termine beim Facharzt, oft betragen die Wartezeiten drei bis vier Monate. Das zeigt doch, wie diese Praxen überlastet sind, da finde ich Überweisungen in Ordnung."
Ina (43) aus dem Landkreis Mansfeld-Südharz befürwortet ein Primärarztsystem hingegen nur unter gewissen Bedingungen und kommentiert: "Ich befürworte es nur, insofern bestimmte Ärzte frei und ohne Hausarzt besucht werden können, z.B. Augenarzt, Zahnarzt, Frauenarzt, Onkologe. Ist man Patient eines Facharztes, sollte der vorherige Hausarztbesuch nicht nötig sein, um doppelte Laufwege zu minimieren."
Auch Jürgen (67) aus dem Landkreis Saalfeld-Rudolstadt findet den Gedanken eines Primärarztsystems "sinnvoll und richtig". Zugleich gibt er jedoch zu bedenken: "Wer aber gar keinen Hausarzt hat, für den ist es nur eine weitere Hürde im Dschungel der Leistungserbringer im Gesundheitswesen." Und genau an diesem Punkt knüpft die Kritik vieler Befragter an.
So schreibt beispielsweise Andreas (71) aus dem Landkreis Leipzig: "Die Terminvergabe verschiebt sich nur und aktuell findet man eher einen Facharzt, als einen geeigneten Hausarzt, vor allem im ländlichen Bereich. Dem schließt sich Lutz (59) aus Weimar an und kommentiert: "Das Problem wird nur verlagert. Der Mangel an Ärzten ist das Problem." Parallel dazu meint auch Heike (70) aus Suhl: "Das wird das Problem des Fachärztemangels nicht ändern."
Man sitzt dann auch beim Hausarzt nochmal stundenlang im Wartezimmer herum und belastet dessen System.
Wie Andreas, Lutz und Heike machen sich viele Befragte Gedanken um die Folgen, welche ein Primärarztsystem für die Hausärzte mit sich bringen könnte. Stellvertretend dafür kritisiert auch Steve (60) aus Erfurt: "Warum doppelte Kosten?! Der eh schon belastete Hausarzt soll also zum Verwaltungsgehilfen der Fachärzte werden und noch weniger Zeit für die Patienten haben, denen er selbst und direkt helfen kann." Antje (46) aus dem Landkreis Mansfeld-Südharz sieht das ähnlich und denkt: "Man sitzt dann auch beim Hausarzt nochmal stundenlang im Wartezimmer herum und belastet dessen System."
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