Tief unter der Erde schlummert jede Menge Energie. Sogenannte Geothermienalagen sind in der Lage, sie zu nutzen. Das neue Projekt aus Freiberg mit dem Namen "Wellfrei" will dafür sorgen, dass bereits im Vorfeld das Potenzial und die Risiken für solche Anlagen besser abgeschätzt werden können. Dafür simuliert es die Strömung von Thermalwasser von bis zu 4.000 Meter tiefen Reservoirs an die Oberfläche und berücksichtigt dabei komplexe Parameter wie Druck, Temperatur, pH-Wert, Durchflussrate, Geomechanik, Ausfällungen und Sandproduktion. Diese Faktoren beeinflussen maßgeblich die Stabilität und Effizienz der Bohrungen. "Sind diese gut abgestimmt, läuft das Wasser störungsfrei und unter optimalen Bedingungen", erklärt Projektleiter Mohd Amro, Professor für Geoströmungs-, Förder- und Speichertechnik an der TUBA Freiberg.

Die Software soll nicht nur die Förderbohrung, sondern auch, da es sich hier um einen Kreislauf handelt, die Injektion des abgekühlten Wassers in das zweite Bohrloch simulieren – ein Novum in der Branche. Grundlage der Berechnungen sind Betriebsdaten bestehender Anlagen sowie internationale Forschungsprojekte. Der Prototyp wird 2026 an mehreren Standorten getestet und anschließend frei verfügbar gemacht.

Geothermie in Deutschland: Es begann im Osten

In Deutschland existieren bereits zahlreiche Geothermieanlagen. Bereits 1984 nahm am Papenberg in Waren (Müritz) die erste deutsche Anlage zur Nutzung von Erdwärme im Megawatt-Leistungsbereich ihren Betrieb auf, so die dortigen Stadtwerke. Das Norddeutsche Becken mit Waren und Neustadt-Glewe gehört zu den drei Regionen, die geologisch besonders günstig für Geothermie sind. Die anderen beiden sind der Oberrheingraben mit Landau, Insheim, Bruchsal und das Bayrische Molassebecken rings um Kirchstockach, Holzkirchen, Unterhaching und Taufkirchen.

Aber auch andere Regionen setzen auf die Technologie. So beginnen in diesem Herbst in Erfurt seismische Messungen für ein geplantes Geothermie-Projekt. Im Sommer 2025 haben die Stadtwerke Erfurt dafür eine eigene Gesellschaft gegründet. 2027 soll eine Probebohrung folgen, voraussichtlich im Nordosten der Stadt. "Die soll uns Erkenntnisse darüber liefern, wie die Schichten und geologischen Bedingungen unter uns genau aussehen und ob und wie wir sie für Tiefengeothermie nutzen können", erläutert Kay Eberhardt, der Geschäftsführer der SWE Geothermie GmbH.

Gerade dafür wäre das Projekt aus Freiberg eine ideale Ergänzung. "Wir möchten Betreibern von Geothermie-Anlagen ein Werkzeug in die Hand geben, mit dessen Hilfe sie die Bohrung von der Lagerstätte bis zur Oberfläche besser überwachen, verstehen und steuern können", so der Freiberger Geoströmungs-Experte Amro.

Das aus der Tiefe geförderte Wasser kann Gestein lösen und als Sand mitbefördern. Josephine Ludwig, Studentin des Geoingenieurwesens an der TU Freiberg, untersucht das an einem Versuchsstand.Bildrechte: TU Bergakademie Freiberg / D. Müller

Welche Risiken gibt es?

Wie jede Technologie so ist auch diese nicht frei von Risiken. Der Bundesverband Geothermie listet eine ganze Reihe davon auf. Es geht um politische Rahmenbedingungen, rechtliche, wirtschaftliche oder Umweltrisiken. Das Umweltbundesamt sieht diese jedoch als beherrschbar an – bei Einhaltung technischer Standards und kontinuierlichem Monitoring. Seismische Überwachung ist mittlerweile Standard, und der Wasserkreislauf in tiefengeothermischen Anlagen ist geschlossen.

Wie funktioniert Geothermie?

Geothermie nutzt die Wärme aus dem Inneren der Erde, die durch radioaktiven Zerfall und Restwärme aus der Erdformation entsteht. Bei der tiefen Geothermie wird heißes Wasser aus mehreren tausend Metern Tiefe über Förderbohrungen an die Oberfläche gebracht. Die Wärme wird zur Stromerzeugung oder direkten Heizversorgung genutzt; das abgekühlte Wasser wird über eine zweite Bohrung zurückgeführt. Der Kreislauf ist geschlossen und gilt als klimafreundlich – vorausgesetzt, geologische Risiken werden sorgfältig geprüft.
Eine Übersucht über alle aktuellen Geothermieprojekte in Deutschland finden Sie auf dieser Karte.

Links/Studien

Das Projek Wellfrei wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) mitfinanziert. Weitere Informationen finden Sie hier.

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