Pfarrer und Bischöfe verteidigen politische Äußerungen der Kirche
- Pfarrer: Politische Äußerungen sind sogar Auftrag der Kirche.
- Klöckner hatte die Kirchen in einem Interview scharf angegriffen.
- Kirchen tragen laut Erfurter Bischof moralische Verantwortung.
Andreas Tschurn ist irritiert. Wenn der evangelische Pfarrer aus Leuna im Süden Sachsen-Anhalts vor seiner Gemeinde steht, äußert er sich oft politisch, für Demokratie, Vielfalt und vor allem gegen rechte Hetze.
Die Äußerungen von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner versteht er als Versuch, der Kirche einen Maulkorb zu verpassen. "Die frohe Botschaft von Jesus Christus hat immer auch eine politische Dimension. Jesus selbst hat sich bewusst für Menschen am Rand eingesetzt", sagt Tschurn. "In der Nachfolge Jesu setzen wir uns daher besonders für Benachteiligte ein. Egal, was die Politik davon hält."
Pfarrer: Politische Äußerungen sind Auftrag der Kirche
Sich auch politisch zu äußern, das sei gerade der Auftrag der Kirche, sagt der Pfarrer. Vor allem, wenn gegen Menschenwürde Stellung bezogen werde, so wie das die AfD oft tue. Die Politik sei zuletzt stark nach rechts gerückt, beobachtet Andreas Tschurn.
"Wenn man über Geflüchtete spricht, die teilweise wie eine Art Naturkatastrophe, als Welle, als Flut dargestellt werden. Das entmenschlicht, das macht die Union leider sehr deutlich", kritisiert er. Kirchen seien nicht links, wie die Union ihnen gerne entgegenhalte. "Wir setzen unsere Stimmen da ein, wo wir es für nötig erachten."
Klöckner: Kirchen verhalten sich wie NGOs
Julia Klöckner hatte in dem Interview mit der Bild am Sonntag die Kirchen scharf angegriffen. Dafür, dass sie sich wie Nichtregierungsorganisationen in tagesaktuelle Themen einmischen. Klar könne sich die Kirche auch zu Tempo 130 äußern, sagte Klöckner wörtlich, aber "dafür zahle sie nicht unbedingt Kirchensteuer".

Das löst nun auch beim Führungspersonal der evangelischen Kirche in Mitteldeutschland Kopfschütteln aus, zum Beispiel bei Sachsens Landesbischof Tobias Bilz: "Wenn wir uns als Kirche zu politischen Fragen im Sinne von Frau Klöckner äußern würden, würde sie sich wahrscheinlich nicht beschweren. Das heißt, man kann natürlich überlegen, ob diese Kritik darauf abzielt, wie ihr euch äußert, nicht dass ihr euch äußert."
Tobias Bilz betont, Kritik sei erlaubt. Doch Bundestagspräsidentin Klöckner verkenne die Rolle der Kirche. "Wir Kirchen sind NGOs, wir sind Nichtregierungsorganisationen. Und das ist gut so. Wir tragen in die Gesellschaft ein, was aus Sicht des Glaubens einzutragen ist", erklärt er. "Freie Gesellschaften leben von einer lebendigen Kultur und die wird wesentlich auch von NGOs geprägt. Ich hoffe sehr, dass nicht indirekt bei Frau Klöckner eine negative Bewertung von NGOs vorliegt."
Kirchen tragen moralische Verantwortung
Auch der Regionalbischof von Erfurt, Tobias Schüfer, verweist auf die moralische Verantwortung der Kirchen – etwa beim Klimaschutz. "Ich glaube Julia Klöckner ist katholisch. Der Papst Franziskus, der nun gerade verstorben ist, hat gesagt, die Welt stehe an der Schwelle zum Selbstmord, im Blick auf den Klimawandel", sagt Schüfer. "Also wenn wir die Umwelt als Gottes Schöpfung sehen und sehen, was wir gerade damit anstellen, dann sind wir doch in der Pflicht, laut aufzuschreien."
Tobias Schüfer ist Regionalbischof von Erfurt.Bildrechte: picture alliance/dpa/Martin Schutt
Also wenn wir die Umwelt als Gottes Schöpfung sehen und sehen, was wir gerade damit anstellen, dann sind wir doch in der Pflicht, laut aufzuschreien.
Klöckner bekommt übrigens nicht nur bei den Kirchen selbst Gegenwind, sondern auch in der Politik – bei SPD und Grünen, doch auch in der eigenen Partei. Unter anderem sagte Armin Laschet, der frühere Kanzlerkandidat der Union, die Kirche werde mit ihrer Botschaft immer ein Ärgernis sein, und das sei auch gut so.
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