• Der Journalist August Modersohn reiste monatelang durch Deutschland.
  • Er wollte die Unterschiede zwischen Ost und West erkunden.
  • Herausgekommen ist ein Buch, das Stimmungen aufmerksam aufspürt.

Unmittelbar nach der Bundestagswahl vom Februar 2025 bricht der Reporter August Modersohn zu einer Recherche auf. Er nennt sein Unterfangen "eine Vermessung unseres Landes zu einer vermessenen Zeit." Modersohns Ausgangsfrage lautet: Wie hat sich das Deutschland seit der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 verändert?

Mit Menschen aus Ost und West reden

Der Journalist reist von West nach Ost, von Süd nach Nord. Er besucht Städte wie Sonneberg, Freiburg, Halle und Pforzheim. Überall spricht Modsersohn mit den Menschen auf den Straßen und in den Kneipen, interviewt Politiker und Wissenschaftler. Es geht ihm dabei um verschiedene Aspekte. Er thematisiert den Zustand der Erinnerungskultur, die Unterschiede zwischen Männern und Frauen in den verschiedenen Regionen oder auch das Verhältnis der Ostdeutschen zu Russland.

Die alte BRD gibt es nicht mehr. Modersohns Buch legt offen, dass Transformation nicht nur Ostdeutschland betrifft.Bildrechte: imago/Steinach

Eine zentrale Rolle nimmt dabei die zunehmende Stärke der AfD ein. Dabei geht es nicht vordergründig um eine parteipolitische Analyse. Modersohn beschreibt vielmehr eine Beobachtung, die die AfD als Symptom tiefer liegender gesellschaftlicher Prozesse versteht. Er untersucht, wie sich politische und soziale Strukturen seit der Wiedervereinigung verändert haben und wie diese Veränderungen den Nährboden für Parteien wie die AfD geschaffen haben könnten.

Ich glaube, es ist wichtig, aus dieser ständigen Alleinbetrachtung des Ostens rauszukommen.

August ModersohnAutor von "In einem anderen Land"

Die Frage, was schief gelaufen sei, könne man in beide Richtungen stellen, sagte der Autor in einem Interview mit MDR THÜRINGEN: "Ich glaube, es ist wichtig, aus dieser ständigen Alleinbetrachtung des Ostens rauszukommen."

Zeit der Transformation: Alte BRD ist Geschichte

Sicher ist dabei nur eines: Die alte Bundesrepublik ist Geschichte. Innerhalb nur einer Generation hat sich nicht nur der Osten, sondern das ganze Land verändert. Ein Mann, den Modersohn in Duisburg trifft, fasst es treffend zusammen: "Ich glaube, der Mensch muss wieder anfangen zu begreifen, dass Probleme normal sind."

Gerade diese Stimmen sind es, die eher im Gedächtnis bleiben als die Interviews mit bekannten Politikern, urteilt Literatur-Kritiker Holger Heimann bei MDR KULTUR. Er lobt Modersohn als aufmerksamen Zuhörer und Beobachter, der sich weniger für "fertige Rundumerklärungen und steile Prognosen" interessiert, sondern gekonnt Stimmungen aufspürt. Letztendlich zeige das Reportagebuch, wie kompliziert die Gegebenheiten sind – aber auch, wie groß die Veränderungen und Unwägbarkeiten.

Er habe ein Land erlebt, resumiert auch der Autor selbst, das sehr verunsichert sei und langsam begreife, "das die Krise der Demokratie kein deutsches Phänomen ist, sondern dass das überall auf der Welt passiert."

Ich habe ein Land erlebt, das langsam begreift, dass die Krise der Demokratie kein deutsches Phänomen ist, sondern dass das überall auf der Welt passiert.

August ModersohnJournalist und Autor

August Modersohn ist stellvertretender Leiter des Leipziger ZEIT-Büros.Bildrechte: Thomas Victor

Über August Modersohn

August Modersohn wurde 1994 in West-Berlin geboren. In Dresden kam er zum Journalismus. Später lebte der Journalist in Leipzig und arbeitet seitdem für die Wochenzeitung "Die Zeit". Seit 2022 ist er stellvertretender Leiter des Büros der Zeitung in der Messestadt und berichtet über die Entwicklungen in Ostdeutschland. "In einem neuen Land. Eine deutsche Reportage" ist sein erstes Buch.

Angaben zum Buch

"In einem neuen Land. Eine deutsche Reportage"
Propyläen Verlag

240 Seiten
Preis: 24 Euro

Quelle: MDR KULTUR (Holger Heimann), MDR THÜRINGEN (Andreas Kehrer), Ullstein/Propyläen Verlag
Redaktionelle Bearbeitung: jb, lm

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