Kein Lebenszeichen aus der Heimat
Rund 48 Stunden waren in Afghanistan das Internet und Handyverbindungen nicht verfügbar. In Kabul und einigen weiteren Städten gibt es wieder eingeschränkte Verbindungen - doch die Sorge der Angehörigen in Deutschland bleibt groß.
Für Mahnaaz aus Berlin waren die vergangenen Tage von Angst geprägt. Seit Montag habe sie alles versucht, um ihre Großeltern in Ghazni - einer Stadt im Südosten Afghanistans - zu erreichen: "Anrufe, Nachrichten - nichts kam durch", erzählt sie. So wie Mahnaaz geht es vielen Afghaninnen und Afghanen in Deutschland.
Sie berichten, dass sie Nächte voller Sorgen verbracht hätten - ohne Nachrichten von Eltern, Geschwistern oder Freunden. In sozialen Medien schildern sie, wie sie immer wieder ihr Handy überprüften, in der Hoffnung auf ein Lebenszeichen.
Zwischen Panik und Wut
Besonders betroffen sind jüngere Afghanen, die bisher täglich über soziale Netzwerke Kontakt zu Angehörigen hielten. Viele berichten auf Instagram und TikTok, dass sie regelrecht in Panik geraten seien. "Afghanistan ist offline", schreibt ein Nutzer aus Köln.
Eine andere Frau kommentiert: "Ich erreiche meine Familie nicht. Es ist wieder wie in den 90er-Jahren, als Menschen bis nach Pakistan reisen mussten, um von dort aus ihre Eltern anzurufen."
Sorge um eine Stimme und die Freiheit
Für Sulaiman, der in Köln lebt, geht es um mehr als nur die Verbindung zur Familie: "Das Internet war für die Menschen in Afghanistan, besonders für Frauen, die letzte Möglichkeit, ihre Stimme zu erheben, Bildung zu erhalten und die Welt draußen zu erreichen. Jetzt wird versucht, ihnen auch das zu nehmen."
Er betont, dass die Taliban das Netz nicht nur als Informationsquelle, sondern auch als politische Waffe sähen. Durch die Abschaltung würden Menschen in Afghanistan die Möglichkeit verlieren, Missstände öffentlich zu machen.
Experten warnen vor langfristigen Folgen
Der Afghanistan-Experte Conrad Schetter vom International Center of Conflict Studies in Bonn beobachtet die Entwicklungen seit Jahren. Vor wenigen Wochen hätten die Taliban im Norden Afghanistans ähnliche Maßnahmen ergriffen." Ihr Ziel ist es, Bilder und Videos zu kontrollieren und zu verhindern, dass Missstände nach außen dringen. Deshalb wird das Netz teilweise auf 2G heruntergefahren - so können kaum noch Bilder oder Videos übertragen werden."
Die fast zweitägige Netzsperre hatte massive Folgen für das Alltagsleben: Der Flugverkehr wurde gestört, Geldüberweisungen aus dem Ausland - für viele Familien überlebenswichtig - stockten. Auch innerhalb der Taliban soll es Streit gegeben haben: Der spirituelle Führer Haibatullah Achundsada habe den Blackout veranlasst, heißt es, während andere ranghohe Taliban empört gewesen sein sollen.
Blick nach vorn
Zwar gibt es inzwischen wieder eingeschränkten Zugang zum Internet - vor allem in Kabul und einigen größeren Städten. Doch viele Afghaninnen und Afghanen in Deutschland fürchten, dass die Verbindungen jederzeit erneut gekappt werden könnten. "Ich habe keine Sicherheit, ob ich morgen meine Großeltern erreichen kann", sagt Mahnaaz.
Für die afghanische Diaspora bleibt die Lage bedrückend: Die Sorge um Angehörige und die Angst, dass Stimmen aus Afghanistan endgültig verstummen, prägen derzeit das Leben vieler Menschen in Deutschland.
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