Inhalt des Artikels:

  • Politiker bei staatlicher Altersvorsorge aktuell viel besser gestellt als Arbeitnehmer
  • Kritik vom Bund der Steuerzahler und der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen
  • Wie stehen die Parteien nun zum gemeinsamen Rentensystem?
  • Einzahlen von Politikern in gesetzliche Rentenversicherung könnte schnell umsetzbar sein. Aaaaaber ....

Politiker bei staatlicher Altersvorsorge aktuell viel besser gestellt als Arbeitnehmer

Nach einer Berechnung des Bundes der Steuerzahler sichert sich ein Bundestagsabgeordneter bereits nach einer Legislatur, also nach vier Jahren, im Alter einen Pensionsanspruch von rund 1.200 Euro, ohne selbst einzuzahlen. Um den denselben Anspruch zu erlangen, müsste ein Arbeitnehmer mit Durchschnittsverdienst 29 Jahre lang in die Rentenkasse einzahlen.

Noch deutlicher wird der Unterschied zwischen den Altersleistungen, wenn man sich den Maximalanspruch für einen Abgeordneten anschaut: Der liegt nach der Berechnung derzeit bei knapp 7.700 Euro und wird schon nach 21 Jahren, also nach einem halben Arbeitsleben, erreicht. Dagegen liegt die Höchstrente derzeit bei knapp 3.600 Euro. Dafür muss ein Arbeitnehmer aber 45 Jahre lang stets mit voller Beitragsbemessungsgrenze in die Rentenversicherung einzahlen, also mehr als 8.000 Euro im Monat verdienen.

Kritik vom Bund der Steuerzahler und der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen

Dem Bund der Steuerzahler ist die überdurchschnittliche Altersversorgung der Politiker schon lange ein Dorn im Auge. Auch er fordert, dass sie in die gesetzliche Rente einzahlen. "Als Verband fordern wir das schon seit Jahren. Komischerweise habe ich noch nie eine direkte Widerrede bekommen", sagt Reiner Holznagel, Präsident vom Bund der Steuerzahler, dem MDR-Magazin Umschau. "Auch auf Podien unterstützen das Politiker immer", erklärt er weiter. "Aber es ist einfach so, dass man sich natürlich auch selbst beschneidet", sagt er mit Blick darauf, warum es bislang keine Umsetzung der Pläne gab. "Die jetzigen Regelungen sind ja sehr üppig, sehr großzügig, auf unsere Kosten", kritisiert er.

Die jetzigen Regelungen sind ja sehr üppig, sehr großzügig, auf unsere Kosten.

Reiner Holznagel, Präsident vom Bund der Steuerzahler, zu den derzeitigen Politikerpensionen

Die Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen bei einer Protestaktion gegen die üppigen Pensionsansprüche von Politikern. Für sie gleichen sie den Sonderrechten des früheren Adels.Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Auch die Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen macht immer wieder darauf aufmerksam, wie ungerecht sie die staatliche Altersvorsorge von Parlamentariern findet. Erst letzte Woche protestierten Mitglieder der Gruppe vor dem Berliner Reichstag mit einer Theateraktion, mit der sie Politikerpensionen mit Sonderrechten früher Adliger verglich, während die breite Bevölkerung Beiträge zahlt und dennoch geringere Renten bekommt. "Es ist wirklich überfällig, die Abgeordneten in die Rentenversicherung einzubeziehen", sagt Jörg Tremmel von der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen dem MDR-Magazin Umschau.

"Dieses Pensionsprivileg der Abgeordneten ist aus der Zeit gefallen. Es gibt fast kein Land mehr, wo das noch existiert. Und wenn wir in Deutschland eine Solidargemeinschaft sind und nicht etwa Adlige auf der einen Seite und Bürger auf der anderen, dann sollten wir auch alle ins gleiche System einzahlen", führt er weiter aus. "Das Privileg der Abgeordnetenpension muss fallen", so Luise Roither, Vorsitzende der Stiftung. "Weil es wichtig wäre, dass die Abgeordneten Entscheidungen treffen für ein Rentensystem, dass sie auch selbst betrifft. Aktuell ist es ja so, dass sie Entscheidungen treffen, die sie am Ende selbst nicht tragen müssen", so Roither.

Das Privileg der Abgeordnetenpension muss fallen.

Luise Roither, Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen

Wie stehen die Parteien nun zum gemeinsamen Rentensystem?

Ein Blick in einige Wahlprogramme zur Bundestagswahl 2025 im Februar. Die Linke hatte als Programmpunkt: "Für ein gerechtes Rentensystem zahlen alle mit Erwerbseinkommen ..., auch die Abgeordneten ... in eine solidarische Erwerbstätigenversicherung". Zu lesen war bei der AfD die Forderung: "...Politiker in die gesetzliche Rentenversicherung einbeziehen". Bei den Grünen hieß es: "Auch Abgeordnete sollen in die gesetzliche Rente einzahlen".

Wir wollen von den Abgeordneten dieser Parteien wissen, warum die Umsetzung trotzdem immer wieder scheitert. Die rentenpolitische Sprecherin der AfD bezweifelt, dass der politische Wille in Deutschland überhaupt besteht. "Das ist immer ein sehr schönes Wahlkampfthema. Wir haben auch viele Parteien im Wahlkampf gehört, dass sie das machen wollen. Wir hatten ja in der letzten Legislaturperiode auch schon einen Antrag gestellt. Das haben alle Parteien abgelehnt", sagt Ulrike Schielke-Ziesing dem MDR-Magazin Umschau.

Für den Stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der Grünen Andreas Audretsch sind es die Unionsparteien, die den Schritt verhindern. "Die CDU hat sich bislang immer dagegen ausgesprochen und es wäre Zeit, dass auch die Unionsparteien mit ins Boot kommen und dass wir gemeinsam den Weg gehen können, hin zu einem System, in dem Abgeordnete keine Sonderstellungen mehr haben", sagt er zum MDR-Magazin Umschau.

"Wir sehen gerade leider keine Chance, eine demokratische Mehrheit dafür zu finden und die Union hat kein großes Interesse daran, das umzusetzen und die SPD kann sich ja in der Regierung gerade auch nicht wirklich mit ihren Forderungen durchsetzen", heißt es wiederum von Sarah Vollath. Sie ist Bundestagsabgeordnete von Die Linke.

Tatsächlich steht im Programm der CDU/CSU zum Thema Politikerpensionen nichts. Von der Fraktion hatte auch niemand Zeit, mit dem MDR-Magazin Umschau zu sprechen. Nur der CDU-Abgeordnete Wilhelm Gebhard, der erst seit März im Bundestag sitzt, erklärt sich für ein Interview bereit. Er selbst ist dafür, die Politikerpensionen abzuschaffen, auch wenn er weiß, dass seine Fraktion dies nicht mitträgt. "Ich weiß nicht, ob es nur die Besitzstandswahrung ist, das glaube ich gar nicht. Ich glaube schon, dass sich die Abgeordneten auch dazu sehr intensive Gedanken machen. Ich müsste das mit ihnen erst noch mal diskutieren" sagt er.

Und wie sieht es mit der SPD aus? Im Wahlprogramm aus 2021 steht noch, dass nicht nur "... die Selbstständigen, Beamtinnen, freien Berufe, sondern auch die Mandatsträgerinnen (Anm. der Redaktion: also die Abgeordneten) in die gesetzliche Rentenversicherung sollen". Im Wahlprogramm von 2025 werden dann nur noch explizit die Selbständigen erwähnt, die man jetzt in die gesetzliche Rente holen wolle. Warum wurden die Abgeordneten jetzt herausgestrichen? "Ich glaube nicht, dass das politische Gründe hat, dass das da rausgeflogen ist. Ich glaube, dass immer noch die meisten dafür sind, auch in der SPD", sagt Annika Klose von der SPD-Bundestagsfraktion zum MDR-Magazin Umschau. Carolin Wagner, ebenfalls für die SPD im Bundestag, bestätigt das.

Einzahlen von Politikern in gesetzliche Rentenversicherung könnte schnell umsetzbar sein. Aaaaaber ....

All jene Abgeordnete, die vorgeben, in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen zu wollen, könnten dies mit einem fraktionsübergreifenden Gruppenantrag durchsetzen. Denn für diesen Schritt wäre nur eine einfache Mehrheit im Bundestag notwendig. Aber auch für diesen Weg scheint die SPD nicht bereit zu sein. "Bei Gruppenanträgen ist es natürlich so, dass wir auch an der Stelle nicht eine Koalition unterwandern dürfen", entgegnet die SPD-Abgeordnete Carolin Wagner. "Sonst hätten wir ein Werkzeug an der Hand, mit dem wir nach einem frisch unterschriebenen Koalitionsvertrag in diesem Parlament sofort entgegenlaufen könnten. Ich glaube nicht, dass das im Interesse der Wählerinnen und Wähler ist“, fährt sie fort. Warum es nicht im Interesse der Wähler sein soll, mit einem frakionsübergreifenden Gruppenantrag das Pensionsprivileg der Abgeordneten abzuschaffen, ist nicht nachvollziehbar.

Einige Bundesländer sind schon mit gutem Beispiel vorangegangen und haben die Pensionen für die Landtagsabgeordneten einfach abgeschafft. Dazu zählen Schleswig-Holstein, Bremen, Hamburg, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Brandenburg. Hier zahlen die Abgeordneten zwar auch nicht in die gesetzliche Rente aber immerhin in eigene Versorgungswerke ein. Sachsen ist das einzige Land, in dem Abgeordnete wählen können, ob sie die Pension nehmen oder mit Beiträgen in die gesetzliche Rentenversicherung oder in eine andere eigene Altersversorgung einzahlen. Doch nach Recherchen der Stiftung für Generationengerechtigkeit hat sich nicht mal ein Prozent der derzeit 120 Abgeordneten für die gesetzliche Rente entschieden. Das heißt: Auch die Abgeordneten jener Parteien, die diesen Reformschritt ausdrücklich fordern, tun es am Ende nicht.

Wir wollen wissen, warum sich selbst die Abgeordneten, deren Wahlprogramm etwas anderes sagt, dagegen entschieden haben. "Logischerweise sind es auch Menschen und die wollen auch leben", sagt Susanne Schaper, Fraktionsvorsitzende von Die Linke Sachsen, warum die Wahl auf die bessere Rentenoption falle. "Die Abwägung darf eigentlich nicht die bessere Alternative sein. Insofern glaube ich, das wäre der gerechte Weg, dass alle nur in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen und die Wahlmöglichkeit nicht besteht", betont sie. "Ich glaube, den meisten ist gar nicht bewusst gewesen, dass es diese Wahlmöglichkeit überhaupt gibt. Wir wollen, dass alle einzahlen", so Jörg Urban von der AfD Sachsen.

Grundsätzlich sollte man von Abgeordneten erwarten dürfen, das sie das umsetzen, was im Wahlprogramm der eigenen Partei steht. Doch das Beispiel Sachsen zeigt: Solange die Abgeordneten nicht gezwungen werden, in die gesetzliche Rente einzuzahlen, werden sie es freiwillig nicht mehrheitlich tun.

MDR (cbr)

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