Inhalt des Artikels:

  • Dauerbrenner in der CDU Sachsen: Debatte über AfD-Zusammenarbeit 
  • Motorradausfahrt mit AfD-Mann Hilse
  • Widerspruch aus Sachsens Innenministerium 

Anfang Oktober kündigte Bundeskanzler Friedrich Merz als CDU-Parteivorsitzender im Interview mit dem MDR an: Seine Partei werde im Umgang mit der AfD eine härtere Gangart einlegen. Die CDU müsse und werde sich auch inhaltlich sehr viel stärker mit der AfD auseinandersetzen.  

Merz schloss für gesetzgebende Organe eine Zusammenarbeit kategorisch aus. Bei kommunalen Entscheidungen über Kindergärten oder Straßenführungen sieht Merz das jedoch anders, das sei eine pragmatische Entscheidung vor Ort, da könne man sich auch nicht von der AfD vom richtigen Weg abbringen lassen, weil sie möglicherweise mit der CDU stimmt. 

Bildrechte: picture alliance/dpa/Hannes P Albert

Das Verstecken hinter einer Brandmauer bringt Deutschland nicht weiter. Wir müssen jetzt über die Probleme dieses Landes reden, die ganz konkret vor der Tür liegen.

Michael KretschmerMinisterpräsident Sachsen bei "Maischberger"

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat in der Diskussion um den Umgang der Union mit der AfD dazu aufgerufen, mehr über die Gründe für die Wahlerfolge der AfD zu reden. In der ARD-Sendung "Maischberger" sagte er am Mittwochabend: "Das wirklich Zentrale ist, dass wir über die Ursachen sprechen, warum Menschen diese Partei wählen."

Dauerbrenner in der CDU Sachsen: Debatte über AfD-Zusammenarbeit 

Die parteiinterne Debatte darüber, ob die CDU mit der AfD kooperieren solle, ist keine neue, aber sie wird wieder lauter, nicht nur in Sachsen-Anhalt, wo im kommenden Jahr ein neuer Landtag gewählt wird, sondern auch in Sachsen.

Jüngst hatte sich der ehemalige sächsische CDU-Justizminister und Bundestagsabgeordnete Manfred Kolbe bei "Report Mainz" für eine Kooperation mit der AfD ausgesprochen. Kolbe sitzt seit Oktober 2024 im Kreistag Leipzig und hat dort bereits gemeinsame Anträge mit der AfD eingebracht.  

Dass Kolbe nicht der Einzige in der CDU Sachsen ist, der so denkt, zeigt ein neuerlicher Aufreger um den Bautzner CDU-Landrat Udo Witschas. Witschas sorgte zuletzt 2024 für Schlagzeilen als er ankündigte, die Stelle des Ausländerbeauftragten des Landkreises abzuschaffen. Ob das rechtens war oder nicht, klärte schließlich die Landesdirektion Sachsen.

2017: Witschas und NPD-Mann Wruck tauschen persönliche Chatnachrichten aus

2017 war bekannt geworden, dass Witschas - damals Erster Beigeordneter im Landkreis Bautzen - sich mit dem damaligen NPD-Kreisvorsitzenden Marco Wruck traf, um über Strategien im Umgang mit Geflüchteten zu beraten.

In persönlichen Chatnachrichten des Austausches mit Wruck schrieb Witschas damals: "Ich habe nie ein abwertendes oder unsittliches Wort zu Ihnen verlauten lassen. Hierdurch wirft man mir vor Sie zu wertschätzen - dies habe ich absichtlich nicht dementiert!" oder "Ich habe immer betont das ich mit Ihnen sehr sachlich reden konnte, [...]. Dazu stehe ich auch, im Gegensatz zu anderen Politikern."  

Witschas' damaliger NPD-Gesprächspartner wurde vor Kurzem vom Landgericht Görlitz zu 13 Jahren Haft verurteilt, weil er seine minderjährigen Stieftöchter mehrfach vergewaltigt und anderen Männern als "Sexsklavinnen" angeboten hatte. Inzwischen haben beide Seiten Revision eingelegt.

Motorradausfahrt mit AfD-Mann Hilse

Die neueste Geschichte beginnt mit einem banalen Post auf der Social-Media-Plattform "Bluesky". Mitte August veröffentlichte der Account "Aushojwoy" ein Bild von Witschas Facebook-Kanal, das den Landrat bei einem Treffen mit der BSW-Landtagsabgeordneten Ines Biebrach in seinem Büro zeigt.

"Aushojwoy" lenkte den Fokus auf ein kleines Detail im Hintergrund: Ein Foto, welches den Landrat mit dem AfD-Bundestagsabgeordneten Karsten Hilse sowie dem Puschwitzer Bürgermeister Stanislaus Richter beim gemeinsamen Motorradfahren zeigt, signiert von allen drei Männern. "Aushojwoy" machte auf das freundschaftliche Verhältnis zwischen Witschas und Hilse aufmerksam.  

Landratsamt verhöhnt "Bluesky"-Nutzer

Über einen Monat später kommentierte das Landratsamt Bautzen diesen Beitrag auf seinem offiziellen Bluesky-Account und postete ein Foto des grinsenden Landrats, der das Foto der drei Männer in die Kamera hält, samt des Kommentars: "Wozu die Mühe? Fragen Sie uns doch. Ihre Auflösung ist schlecht. Deshalb für Sie hier das Foto, mit Grüßen vom Landrat." In einem weiteren Post beklagte das Landratsamt "das Ausspionieren" des Landrats.  

Reaktion im Kreistag 

Wie eine Sprecherin des Landratsamts Bautzen dem MDR mitteilte, fühlte sich Landrat Witschas in der dem Posting folgenden Kreistagssitzung durch die Anwesenheit eines RTL-Kamerateams, "dass unangekündigt vor der Sitzung und während der Pause im Landratsamt gedreht hatte" dazu berufen, sich auch noch einmal zu dem Sachverhalt auf Bluesky zu äußern.  

Die Sprecherin erklärte weiter, "dass er (Landrat Witschas - Anm. d. Red.) persönlich den Politiker (Karsten Hilse – Anm. d. Red.) nicht für extremistisch halte." Weiter schrieb sie: "Ohne die Einstufung des Verfassungsschutzes zu bewerten, bezog er die AfD-Fraktion im Kreistag in diese Einschätzung mit ein [...]".

Hilse wohnt in der Gemeinde Lohsa, deren Bürgermeister Witschas vor seiner Zeit im Landratsamt war.

Witschas: "Persönliche Meinung" 

Auf MDR-Nachfrage beim Landratsamt, wie sich das mit der Einstufung als "gesichert rechtsextreme Bestrebung" des AfD-Landesverbandes Sachsen durch das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) vertrage, erklärte das Landratsamt, "dass eine Partei oder einzelne Teile von ihr durchaus vom Verfassungsschutz entsprechend bewertet werden können, dies jedoch nicht auf jedes Mitglied bzw. Mandatsträger zutreffen muss."  

Eine erneute MDR-Nachfrage, ob Landrat Witschas damit der Einschätzung des LfV Sachsen widerspreche, verneint die Sprecherin des Landratsamtes und fügt nun noch hinzu, dass dem Landratsamt eine personenkonkrete Einschätzung des LfV von Mitgliedern der AfD-Fraktion "nicht bekannt" sei. Deswegen sei "nicht zwingend von einem Widerspruch auszugehen".  

Widerspruch aus Sachsens Innenministerium 

Dem widerspricht nun wiederum der Sprecher des sächsischen Innenministeriums Martin Strunden : "Maßgeblich in der Sache ist für das Ministerium die auf Grundlage des Verfassungsschutzgesetzes getroffene Einstufung des Sächsischen Verfassungsschutzes, die sich auf den AfD Landesverband Sachsen in seiner Gesamtheit bezieht und gerichtlich bestätigt ist."  

Reagiert die CDU Sachsen auf zu viel Nähe zur AfD?

Auch die CDU Sachsen verweist auf die Einstufung durch das LfV und darauf, dass das Sächsische Oberverwaltungsgericht Bautzen die Beschwerde der AfD gegen die Einstufung abgelehnt habe.

Auf MDR-Anfrage weist CDU-Sprecher Paul Schäfer darauf hin, dass das Landesamt für Verfassungsschutz für seine Entscheidung, die AfD Sachsen als gesichert rechtsextremistisch einzustufen, auch Äußerungen von Karsten Hilse angeführt habe. Schäfer sagt deutlich: "Wir sehen keinen Grund, der Einschätzung des Landesamtes für Verfassungsschutz und des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts zu widersprechen."

Was das nun aber für den innerparteilichen Umgang in der Konsequenz bedeutet, dazu machte Schäfer trotz mehrfacher Nachfrage keine Angaben.

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