• Grundschullehrerin fühlt sich überfordert,
  • "Abordnungen" von Grundschullehrern an Oberschulen gegen Unterrichtsausfall.
  • Gewerkschaft kritisiert Ausfälle an Grundschulen.

Seit 17 Jahren arbeitet Silvia Schmidt (Name geändert) als Musiklehrerin an einer Grundschule in Sachsen, mit Schülern von Klasse 1 bis 4. Seit diesem Schuljahr unterrichtet sie nun einmal pro Woche an einer Oberschule. Überraschend – und ohne Vorbereitung.

Sie habe nicht gewusst, wo sie ansetzen solle, beschreibt Schmidt die Situation: "Ich beginne Musikunterricht mit einer 9. Klasse. Ich weiß nicht, was vorher gelaufen ist. Ich habe keine Ahnung, wie der Musikunterricht vorher war. Wie ist die Vorbildung der Schüler? Also ich fange da total bei Null an und dann guckt man erstmal."

Lehrerin fühlt sich überfordert

Silvia Schmidt heißt eigentlich anders. Nur unter geändertem Namen war sie bereit, uns ihre Geschichte zu erzählen. Die Musiklehrerin fühlt sich überfordert. Nicht ohne Grund gebe es ein eigenes Lehramtsstudium für die Grundschule und eben für weiterführende Schulen.

Inhaltlich, sagt Schmidt, habe sie keine Probleme, pädagogisch sehe es anders aus. Da müsse sie gestehen, dass sie wirklich an ihre Grenzen komme und merke, dass sie keine Ahnung habe, wie sie "eine wirklich dezimierte Motivation, eine schon total verkrustete Einstellung zum Lernen und zur Schule aufbrechen soll". Sie sei da tatsächlich oftmals soweit, dass sie sage: "Ja, weiß ich jetzt auch nicht, wie ich das noch machen soll."

"Abordnungen" von Grundschullehrern

Das sächsische Kultusministerium versucht, mit sogenannten Abordnungen den Unterrichtsausfall an Oberschulen zu verringern. Grundschullehrkräfte sollen dort Fächer wie Deutsch, Mathe oder Musik unterrichten. Burkhard Naumann von der Bildungsgewerkschaft GEW sieht das kritisch: "Das ist natürlich sehr schwierig, weil sie dafür auch nicht ausgebildet sind und häufig auch die Erfahrung fehlt, wie man mit dem Lehrplan, mit den Fächern und dem Schülerklientel richtig arbeitet."

Auf Anfrage von MDR AKTUELL teilt das Ministerium mit, dass rund 370 volle Grundschullehrer-Stellen von diesen Abordnungen betroffen sind. Wie viele Lehrkräfte genau das sind, ist unklar. Denn viele arbeiten nur an einzelnen Tagen an anderen Schulen. So wie Silvia Schmidt, die von einem "Reingehen in ein völlig anderes Gefüge" spricht, wo man sonst überhaupt nicht Teil des Ganzen sei und eigentlich gar nicht wisse, wie es im Gesamten so laufe. "Man kommt wie so ein fremder Besucher hin, macht da seine Stunden und muss sich dann auch immer mal durchfragen und so. Also man fühlt sich schon ein Stück weit immer als Fremdkörper."

GEW kritisiert Ausfälle an Grundschulen

Neben der Mehrbelastung und der fehlenden Ausbildung für den pädagogischen Umgang mit älteren Schülern sieht Burkhardt Naumann noch ein weiteres Problem. Der GEW-Vertreter weist nämlich darauf hin, dass die Abordnung von Grundschullehrern in dieser Masse dazu führen würden, "dass dann teilweise der Unterricht an Grundschulen ausfällt, damit der Unterricht an der Oberschule stattfindet." Und das sei nicht in jedem Fall die bessere pädagogische Entscheidung: "An Grundschulen wird der Grundstein gelegt."

Silvia Schmidt findet es besonders belastend, dass sie sich gegen die Abordnung nicht wehren kann. Geplant sind sie vorerst nur für dieses Schuljahr. Ob es danach weitergeht, lässt das Kultusministerium offen.

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