Hohe Kosten bringen Mittelstand-Betriebe an die Grenze
- Energiepreise, Zulieferkosten, Bürokratie und der Mindestlohn setzen viele Mittelständler unter Druck.
- Immer mehr kleine und mittlere Unternehmen melden Insolvenz, Investitionen und Gewinne sinken.
- Sophie Binas aus dem Baugewerbe wünscht sich weniger Bürokratie und mehr Digitalisierung.
- Hans-Jürgen Völz, Chefvolkswirt beim Bundesverband Mittelständischer Unternehmen, fordert von der Bundesregierung zügige finanzielle Entlastungen für den Mittelstand.
"Wir erleben ein stilles Sterben im Mittelstand", sagte Handwerkspräsident Jörg Dittrich kürzlich und appellierte an die Bundesregierung, die Nöte der Branche in den Blick zu nehmen. Am Montag trifft sich Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche nun mit Vertretern des Mittelstandes.
"Wir stehen das ganz Jahr schon vor großen Herausforderungen, weil die Kosten für Unternehmen einfach immer höher werden", sagt Bäckermeister Ronny Laudenbach aus Gera. Gemeinsam mit seinem Bruder betreibt Laudenbach eine von Deutschlands ältesten Bäckereien in neunter Generation. 16 Filialen haben sie und etwa 100 Beschäftigte. Gut laufe es gerade nicht, klagt Laudenbach. "Wir tun alles dafür, dass wir nicht sterben. Wir kämpfen jeden Tag."
Hohe Kosten und viel Bürokratie
Die mittelständische Bäckereikette leidet nach Aussage des Chefs unter hohen Energiekosten, steigenden Krankenkassenbeiträgen, steigenden Kosten für Zulieferer, zu viel Bürokratie und dem ab Januar steigenden Mindestlohn. Viele seiner Kollegen gingen derzeit in die Insolvenz. Das Doppelbrötchen kostet bei Laudenbach gerade 93 Cent.
An die Kundschaft könne er die steigenden Kosten nicht mehr weitergeben, sagte Laudenbach. "So eine Politikerin muss sich einfach mal vor die Ladentheke stellen, wenn vor ihr die Mutter mit ihren drei Kindern steht und dahinter die Rentnerin Frau Müller steht mit ihren 75 Jahren und alle beide kein Geld im Portemonnaie haben. Und alle beide gerade nicht wissen, wie es weitergehen soll." In der Politik fehle derzeit der Bezug zur Realität.
Immer mehr Insolvenzen im Mittelstand
Der Mittelstand werde kaputt gemacht und die Industrie gepusht. Das gehe auf Dauer nicht gut, so Laudenbach. Nach Zahlen des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle gab es allein im September bei GmbHs und anderen 64 Prozent mehr Insolvenzen als in den Vor-Corona-Jahren.
Auch das Institut für Mittelstandsforschung Bonn stellt fest: Der Anteil der Unternehmen, deren Investitionen und Gewinn gesunken sind, übersteigt den Anteil der Unternehmen, deren Investitionen und Gewinn steigen. Die kleinen und mittelständische Unternehmen (KMU) steckten in einer Talsohle fest.
Wunsch nach bürokratischer Entlastung
Sophie Binas von Binas Bau in Freyburg an der Unstrut sagt ebenfalls, gut laufe es nicht unbedingt. Sie will aber optimistisch bleiben. Die 36-jährige Bauingenieurin ist ins Hochbauunternehmen ihres Vaters eingestiegen. Mit rund 35 Beschäftigten und drei Azubis ist es viel kleiner als die Bäckerei Laudenbach. Die Probleme sind aber die gleichen.
Binas schickt eine klare Botschaft Richtung Bundesregierung. Sie wünscht sich eine Vereinfachung der Bürokratie. "Digitalisierung ist glaube ich auch das Stichwort für viele andere Branchen. Ich würde mir einfach wünschen, dass ich nicht jede einzelne Behörde anlaufen muss, sondern ich einfach digital bestimmte Anträge einfacher stellen lassen kann. […] Oder dass man bestimmte Auflagen reduziert. Da gibt es viele, gerade bei uns im Bau", sagt Binas.
Forderung nach schneller Entlastung
In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sei der Mittelstand sehr heterogen und bestehe aus vielen kleinen Betrieben und Handwerk, sagt Hans-Jürgen Völz, Chefvolkswirt beim Bundesverband Mittelständischer Unternehmen. Eine Vielfalt, die erhaltenswert sei. "Es sollte der Bundesregierung darum gehen, möglichst schnell Entlastung herbeizuführen und nicht erst in einigen Jahren." Ein Beispiel seien Sozialversicherungsbeiträge.
Die Vorschläge lägen auf dem Tisch. Nun komme es auf die schnelle Umsetzung an, so Völz. "CDU, CSU und SPD haben im Bundestag eine Mehrheit. Sie könnten also sofort damit anfangen, zum 1. Januar 2026 zu entlasten – und zwar tatsächlich so, dass es substanzielle Entlastung darstellt und nicht nur im Bereich der homöopathischen Wirkungen."
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