Endometriose: Warum die Behandlung so schwierig ist
Circa 40.000 Frauen sind in Deutschland jedes Jahr neu von Endometriose betroffen. Bei der Erkrankung wuchert Gebärmuttergewebe auch außerhalb des Uterus – was mit extremen Schmerzen verbunden sein kann. Mitunter bis zur Ohnmacht. Auch Lisa S. litt unter Endometriose, ohne es zu wissen: "Ich hatte teilweise so starke Schmerzen, dass ich abends oder in der Nacht aufstehen musste und mir kein Schmerzmittel mehr geholfen hat", erzählt die junge Frau. Als sie ihre Beschwerden einer Frauenärztin geschildert habe, habe man sie gebeten, in sechs Monaten wiederzukommen.
Trotz starker Schmerzen für die Betroffenen ist der Weg zur Diagnose einer Endometriose oft lang: Im Schnitt dauert es siebeneinhalb bis zehn Jahre von den ersten Schmerzen bis zur Diagnose. Das liegt auch daran, dass die Symptome häufig nicht klar abgrenzbar sind. Markus Wallwiener, Direktor der Gynäkologie am Universitätsklinikum Halle, nennt Endometriose deshalb das "Chamäleon der Gynäkologie".
Zyklisch auftretende Schmerzen sind ein Warnsignal
Er erklärt, im Extremfall könne das Endometriose-Gewebe sogar weit entfernt von der Gebärmutter wuchern und dann für Schmerzen in Schulter und Bein, häufiger auch beim Wasserlassen und Stuhlgang, verantwortlich sein: "Immer, wenn Schmerzen zyklisch auftreten, also zum Zeitpunkt der Periode, kann das ein Hinweis auf Endometriose sein", erklärt der Gynäkologe.
Das liegt daran, dass vor und während der Periode der Östrogenspiegel im weiblichen Körper vergleichsweise hoch ist. Darauf reagiert das Gewebe der Gebärmutter – auch dann, wenn es an anderen Stellen im Körper wuchert. So entstehen weitere Wucherungen oder Abstoßungen. Das ist für die Betroffenen extrem schmerzhaft, kann darüber hinaus aber auch die Fruchtbarkeit beeinträchtigen.
Auch für Lisa S. war ein unerfüllter Kinderwunsch schließlich die Motivation, weiter für eine Behandlung ihrer Beschwerden zu kämpfen. Eine zweite Frauenärztin konnte schließlich mittels Ultraschall Indizien für eine Endometriose finden. Die junge Frau wurde ins Uniklinikum Halle überwiesen. Dort konnte die Diagnose gesichert werden – und die Krankheit therapiert.
Hormone und Operation können die Beschwerden lindern
Aktuell gibt es hauptsächlich zwei Möglichkeiten, eine Endometriose zu lindern: die Hormontherapie und eine Operation. Hormontherapie bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Patientinnen eine Antibabypille verschrieben bekommen, in diesem Fall eine Gestagenpille. Diese hemmt das Östrogen im Körper und kann so das Wachstum der Endometriosewucherungen verlangsamen. Die Pille wird meist durchgängig eingenommen, sodass die Patientinnen keine monatliche Blutung mehr haben.
Die Hand einer Frau hält eine gelbe Schleife, Symbol für Blasenkrebs, Endometriose und Suizidordprävention.Bildrechte: IMAGO/imagebrokerAus medizinischer Sicht ist das wirkungsvoll, allerdings ist auch die Antibabypille potenziell mit Nebenwirkungen verbunden. Viele Frauen haben deshalb Vorbehalte gegenüber der Pille. Auch für Frauen mit Endometriose, die schwanger werden wollen, ist die Verhütungspille keine Lösung. Eine weitere Möglichkeit, Endometriose zu behandeln, ist die Operation. Hier wird mittels Bauchspiegelung (Laparoskopie) mikroinvasiv das betroffene Wuchergewebe entfernt. Die Schnitte seien zwar klein, sagt Markus Wallwiener, aber dennoch handle es sich um eine richtige Operation, von der sich die Patientinnen zwei bis drei Wochen erholen müssen.
Frauen wünschen sich neue Therapiemethoden
Häufig tritt nach der Operation eine deutliche Besserung der Beschwerden ein. Auch Lisa S. entschied sich für den Eingriff. Nun – sechs Wochen nach der Operation – gehe es ihr sehr gut, die Schmerzen seien weg, betont S. Allerdings gilt Endometriose als chronische Erkrankung. Das Gebärmuttergewebe kann jederzeit wieder beginnen zu wuchern – und dann kehren auch die Schmerzen zurück. So bei Endometriosepatientin Anna (Name geändert). Sie habe bereits zwei Operationen hinter sich, betont Anna. Eigentlich erhoffe sie sich, dass es neue Behandlungsmöglichkeiten gibt, jenseits der OP.
Gynäkologe Markus Wallwiener betont, parallel zu Operation und Antibabypille gebe es eine Reihe an Therapiemöglichkeiten, die unterstützend wirken können. Er sehe das als "perfekt abgestimmtes Orchester", ein reibungsloses Zusammenspiel sei entscheidend. Dabei gehe es etwa um eine gute Schmerztherapie. Die richtigen Medikamente können die Schmerzen während der Periode für die Betroffenen deutlich erträglicher machen.
Die richtige Ernährung kann die Symptome verbessern
Zudem helfe es, die Entzündung im Körper generell zu senken. Dabei könne Ausdauersport wie Jogging, Schwimmen oder Radfahren eine wichtige Rolle spielen. Aber auch die richtige Ernährung. Der Gynäkologe empfiehlt eine mediterrane Diät mit wenig Weißmehl, wenig Alkohol – dafür gute Öle, Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte. Zusätzlich können Achtsamkeitsübungen hilfreich sein und dazu beitragen, dass die Patientinnen besser mit den Schmerzen umgehen können.
Trotz dieser vielfältigen Möglichkeiten dürfte bei den betroffenen Frauen der Wunsch nach neuen Therapien, die weder Hormonpräparate noch wiederholte Operationen involvieren, groß sein. Für viele Frauen, die unbewusst an Endometriose leiden, könnte es währenddessen schon ein erster, wichtiger Schritt sein, eine korrekte Diagnose zu bekommen.
Uniklinikum Halle will mit "ENDO-EVE" die Versorgung verbessern
Dazu gehört auch, dass starke Schmerzen während der Periode nicht länger als normaler Teil des Lebens einer Frau verstanden werden. Das Uniklinikum Halle möchte die medizinische Versorgungslücke bei Endometriose schließen und zu einer frühzeitigen Diagnose beitragen. Deshalb hat das Klinikum das Projekt "ENDO-EVE" gestartet, das zum einen mehr Sensibilität bei den niedergelassenen Gynäkologen schaffen soll – zum anderen aber im kommenden Jahr auch eine App anbieten wird, mit der Betroffene ihre Therapie verbessern und schnelle Unterstützung bekommen können.
Links/Studien
Mehr über das Projekt ENDO-EVE erfahren Sie hier. Ab dem kommenden Jahr können sich Betroffene auch als Teilnehmerinnen registrieren.
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