• Das Theater Magdeburg hat auf den Protest gegen das geplante Stück "Drei Minuten" reagiert.
  • In Magdeburg wird die Inszenierung kontrovers diskutiert.
  • Die Theaterleitung und der Autor des Stückes betonten, ihr Anliegen sei es nicht, dem Täter eine Bühne zu bieten.

Nachdem es am 9. November 2025 zu einer lautstarken Kundgebung vor dem Magdeburger Opernhaus gekommen war, reagierte das Theater am Freitag mit einem Statement dazu. Die Kundgebung sei "keine unpolitische Demonstration" gewesen, heißt es darin. Sie sei maßgeblich von Akteuren des rechten Milieus organisiert worden.

Am 9. November 2025 hatte es vor dem Theater Magdeburg eine Kundgebung gegen das geplante Stück über den Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt gegeben.Bildrechte: picture alliance/dpa | Klaus-Dietmar Gabbert

Die Demonstrierenden hätten die Inszenierung des Theaterstücks zum Weihnachtsmarkt-Attentat verhindern wollen, so die Theaterleitung. Dabei hätten sie versucht, mit Begriffen wie "Respekt" oder "Pietät" eine neue gesellschaftliche Mitte hinter sich zu versammeln. Das Theater betont in seinem Statement, dass Kritik jederzeit legitim sei. Der Versuch, Kunst zu verhindern, sei jedoch "ein Angriff auf einen Grundpfeiler unserer Demokratie".

Laut dem Statement des Theaters habe das Publikum während der Demonstration am 9. November das Gefühl haben müssen, nur unter Polizeischutz ins Theater gehen zu können. Gäste und Angestellte des Theaters seien beschimpft worden. Auch hätten lautstarke Rufe und Musik von draußen eine Lesung gestört.

Eine Bühne für Magdeburger Attentäter?

Die Proteste in dem Ausmaß haben Schauspieldirektor Clemens Leander überrascht, wie er MDR KULTUR sagte: "Es ist legitim, dass wir uns damit auseinandersetzen wollen und das machen." Es sei auch legitim, dass jemand anderer Meinung sei und dagegen ist. "Aber es ist nicht legitim, Kunst verhindern zu wollen. Das überschreitet klar eine Grenze."

Theaterleitung Magdeburg - Clemens Leander, Bastian Lomsché, Clara WeydeBildrechte: Kerstin Schomburg

Aktuell läuft der Prozess gegen den Attentäter, der am 20. Dezember 2024 mit einem Auto in den Magdeburger Weihnachtsmarkt raste und sechs Menschen tötete. Am Donnerstag wurde zudem der Magdeburger Weihnachtsmarkt eröffnet. Die Stimmung in Magdeburg ist entsprechend emotional. Die Entscheidung des Theaters, ein Stück über den Anschlag auf die Bühne zu bringen, wird kontrovers diskutiert. Manche finden es zu früh für eine künstlerische Aufarbeitung. Andere befürchten, dass das Stück dem Attentäter eine Bühne geben will. Auch Patrick Geißler, dessen neunjähriger Sohn bei dem Anschlag getötet wurde. "Ich bin gegen das Theater, das ist eine Sauerei, das aufzuführen", sagte er MDR KULTUR.

Magdeburger Theater will nicht das Attentat selbst zeigen

Im Gespräch mit MDR KULTUR stellte Autor Kevin Rittberger klar, dass es ihm nicht darum gehe, in dem Stück das Attentat auf die Bühne zu bringen oder dem Täter eine Stimme zu geben. "Drei Minuten" sei nur der Arbeitstitel, um das Projekt anzukündigen. Er wolle in seinem Stück den Anschlag nicht wiederholen, abbilden und dadurch auch retraumatisierende Momente schaffen oder sich um die Tat kümmern. Ihm gehe es um das Leid der Betroffenen, der Opfer und ihrer Angehörigen. "Ich habe mich in den letzten Monaten darauf konzentriert, die Trauer einzufangen, die über der Stadt liegt", so Rittberger.

Dem Spielplan des Theaters zufolge soll aus seinen Recherchen ein verdichteter Text entstehen, der sich als Brückenschlag versteht – ohne Erinnerung gebe es keine Aufarbeitung und keinen Dialog. Regisseur Sebastian Nübling werde den Text "mit der nötigen Sensibilität und künstlerischen Freiheit gleichermaßen" auf die Bühne bringen, heißt es weiter.

Schauspiel soll bei Aufarbeitung des Traumas helfen

Im Gespräch mit dem MDR betonte Theaterintendant Julien Chavaz, dass das Theater bei solchen schrecklichen Ereignissen ein großes Ziel habe. Das Anliegen des Stückes sei es, "eine andere Perspektive auf die Sache zu bringen". Ihm zufolge sei es für die Menschheit und für die Gesellschaft schwierig, über solche Sachen zu sprechen. "Ein Theaterstück soll dabei helfen, Verständnis und Reflexion zu bringen."

Theater ist die Möglichkeit, eine andere Perspektive auf die Sache zu bringen.

Julien Chavaz, Intendant des Theaters Magdeburg

"Wir sind ja unter anderem dafür da, einen Ort zu schaffen, an dem Austausch möglich ist, über die Dinge, die die Leute hier beschäftigen", sagte auch der Magdeburger Schauspieldirektor Clemens Leander MDR KULTUR. Die Premiere des Stückes ist für den 23. Mai 2026 geplant.

Quelle: MDR KULTUR (Petra Böhm, Stefan Petraschewsky, Paula Kautz); Theater Magdeburg
redaktionelle Bearbeitung: mb, sg

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