• Beim Chemiegipfel fordern Arbeitgeber und Gewerkschaften in einem Fünf-Punkte-Plan die Stabilisierung der Chemiebranche.
  • Die Bundesländer unterstützen die Forderungen des Chemiegipfels und pochen auf Unterstützung des Bundes.
  • Seit 2022 brechen Produktion und Umsätze in der ostdeutschen Chemie- und Pharmaindustrie kontinuierlich ein.

Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften in Ostdeutschland haben der Bundesregierung einen Fünf-Punkte-Plan zur Stabilisierung der Chemiebranche übergeben und vor einem deutlichen Abbau von Industriearbeitsplätzen gewarnt. Nora Schmidt-Kesseler, die Hauptgeschäftsführerin der Nordostchemie-Verbände, beim Chemiegipfel Ostdeutschland im Chemiestandort Böhlen südlich von Leipzig: "Wir brauchen einen Krisenfahrplan. Die Zeit des Redens ist vorbei – jetzt muss gehandelt werden." Die Forderungen wurden an die Ostbeauftragte der Bundesregierung, Elisabeth Kaiser (SPD), übergeben.

Beschäftigte bangen um Zukunft

In dem Fünf-Punkte-Plan fordern Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften unter anderem verlässliche Rahmenbedingungen für industrielle Produktion, die Stärkung von Wertschöpfungsketten, eine wettbewerbsfähige und sichere Energieversorgung, eine mit der Wettbewerbsfähigkeit vereinbare Klimapolitik sowie umfassenden Bürokratieabbau mit schnelleren Genehmigungsverfahren.

Auch die Gewerkschaft IG BCE fordert rasches Handeln. Angesichts zahlreicher Schließungs- und Abbaupläne fürchteten viele Beschäftigte um ihre Zukunft, sagte die Leiterin der IG BCE Nordost, Stephanie Albrecht-Suliak. "Das funktioniert nur mit schnellen und entschlossenen Notmaßnahmen der Politik." Sie überreichten der Ostbeauftragten Kaiser außerdem einen symbolischen Feuerlöscher. "Die Hütte brennt", sagte Albrecht-Suliak.

Länder wollen Rückhalt sein

Die Länder signalisierten Unterstützung und machten deutlich, dass sie zu einer industriefreundlichen Energie-, Infrastruktur- und Transformationspolitik stehen, zugleich aber auf Unterstützung des Bundes angewiesen seien. Sachsens Wirtschaftsminister Dirk Panter (SPD) sprach von einer gemeinsamen Verantwortung, die industrielle Basis des Standorts zu erhalten. Die Chemie strahle weit über die Region hinaus und dürfe nicht verloren gehen.

Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) warnte, ein Zusammenbruch der Chemieindustrie in Mitteldeutschland hätte gravierende Folgen weit über die Region hinaus. Zu dem Chemiegipfel kamen rund 150 Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Arbeitnehmerschaft zusammen.

Branche in der Krise

Seit 2022 brechen Produktion und Umsätze in der ostdeutschen Chemie- und Pharmaindustrie nach Angaben der Sozialpartner kontinuierlich ein. Die Kapazitätsauslastung liege mit höchstens 70 Prozent deutlich unter der Rentabilitätsschwelle. Mehr als 63.000 Arbeitsplätze mit einem Jahresumsatz von über 30 Milliarden Euro stünden auf dem Spiel. Die Chemieindustrie steht jedoch auch bundesweit unter Druck – vor allem wegen hoher Energiekosten, schwacher Nachfrage und zunehmender internationaler Konkurrenz, unter anderem aus China.

Die Sorge vor weiteren Arbeitsplatzverlusten ist auch vor dem Hintergrund geplanter Anlagenschließungen groß. Zuletzt hatte der US-Konzern Dow angekündigt, Standorte in Schkopau und Böhlen zu schließen. Deren Stilllegung könnte nach Einschätzung von Politik und Branche zahlreiche weitere Unternehmen in der Region treffen.

Die Ostbeauftragte Kaiser wies auf bereits beschlossene Maßnahmen des Bundes hin. Die Bundesregierung habe unter anderem Steuererleichterungen, Entlastungen bei Energiepreisen und ein umfangreiches Bürokratieabbaupaket auf den Weg gebracht. Ziel sei es, Deutschland zu einem der innovativsten Chemiestandorte zu machen.

dpa(jst)

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