• Zaineb kommt aus dem Irak und ist Krankenpflegerin in Magdeburg – nach dem Anschlag wird sie selbst Opfer rassistischer Gewalt.
  • Nach dem Anschlag wurde deutlich mehr rassistische Gewalt in Sachsen-Anhalt verzeichnet.
  • Zaineb und ihr Mann fühlen sich unsicher und planen, Deutschland zu verlassen.

Als Zaineb, die ihren Nachnamen nicht öffentlich nennen will, vom Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt erfährt, hat sie sofort einen Gedanken: "Also ehrlich gesagt habe ich gehofft, dass das kein Mensch mit Migrationshintergrund ist. Ich wusste direkt, dass wir alle in einen Topf geschmissen werden und dass es wieder einen riesigen Aufschrei gibt."

Und seit dem Anschlag habe sich die Stimmung gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund verändert, sie sei feindlicher geworden, meint Zaineb.

Rassistische Gewalt wenige Tage nach Anschlag

Zaineb kommt aus dem Irak. Mit acht Jahren kommt sie nach Magdeburg. Heute ist sie 23 Jahre alt. Zaineb arbeitet in einem Magdeburger Krankenhaus, versorgt nach dem Anschlag selbst Verletzte. Heiligabend holt ihr Mann sie nach Feierabend ab. Eine Vorsichtsmaßnahme, denn sie fühlt sich unsicher.

Und tatsächlich: Auf dem Heimweg werden sie angegriffen. "Wir sind in die Straße reingefahren und dann kam der Täter auch schon in schnellen Schritten auf uns zu und hat auf unsere Scheibe eingeschlagen mit seiner Faust. Er war sehr aggressiv dabei und hat uns dann beleidigt. Wir sind dann links rangefahren, um erstmal zu realisieren, was gerade passiert", erzählt Zaineb.

Er hat sich hinter den Autos entlang geschlichen und aus dem Nichts war er bei uns im Auto und hat auf uns eingeschlagen.

Krankenpflegerin Zaineb

Zaineb und ihr Mann rufen die Polizei. Während sie auf die Beamten warten, zeigt der Angreifer den Hitlergruß, setzt sich auf Schienen in der Straße. Als Passanten sie fragen, ob man ihnen helfen kann, lassen sie das Fenster herunter. "In dem Moment war der Täter auf dem Fußgängerweg und hat sich dann hinter den Autos entlang geschlichen und aus dem Nichts war er bei uns im Auto drin, durch die offene Fensterscheibe. Dann war der bei uns im Auto drin, hat auf uns eingeschlagen", berichtet die Krankenpflegerin.

Netzwerk zählt deutlich mehr rassistische Angriffe

Auch Zaineb kriegt einen Schlag ab, wird am Unterkiefer verletzt. Zaineb hat die Verhaftung des Täters damals gefilmt und öffentlich gemacht. Das Video hat viel Aufsehen erregt. Denn auch, wenn der Täter nie gesagt hat, dass er Zaineb und ihren Mann wegen des Anschlags angegriffen hat: Die Zahl der rassistischen Übergriffe ist in den Tagen nach dem Anschlag messbar gestiegen.

Im MDR-Podcast "Ungebremst" bestätigt das auch Mamad Mohamad, Mitgründer des Landesnetzwerk Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt (LAMSA), einer Beratungsstelle für Menschen mit Migrationsgeschichte: "Das ist wirklich nach dem Anschlag extrem gestiegen. Also von den vergleichbaren Zeiträumen der letzten Jahre haben wir zum Beispiel,die Beratungszahlen, die letztes Jahr waren, schon im Juni erreicht."

Es sind Beleidigungen in der Straßenbahn, Hakenkreuze und rassistische Sticker an Wohnungstüren, körperliche Angriffe und sogar ein Angriff mit Chlor auf einen syrischen Supermarkt, die LAMSA gemeldet wurden. Mohamad zufolge ist das für viele Menschen mit Migrationsgeschichte ein Grund, zu gehen. "Wir haben wirklich eine Welle von Menschen, die sagen: 'Ja, kannst du machen, ihr könnt bleiben, aber ich nicht.'"

Unsicherheitsgefühl und Auswanderungspläne

Auch für Zaineb und ihren Mann steht inzwischen fest: Sie wollen weg aus Magdeburg. Sie fühlen sich hier nicht mehr wohl. "Wir bleiben auf gar keinen Fall hier in Magdeburg beziehungsweise in Deutschland", erklärt Zaineb. "Wir wollen komplett auswandern, weil wir dieses Sicherheitsgefühl einfach nicht mehr haben."

Wir wollen auswandern, weil wir dieses Sicherheitsgefühl einfach nicht mehr haben.

Krankenpflegerin Zaineb

Zaineb und Mamad Mohamad sind sich sicher: Die Übergriffe haben zugenommen, weil der Täter des Anschlags auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt aus Saudi-Arabien kommt und sich viele Menschen in islamfeindlichen Vorurteilen bestätigt sehen. Dass Taleb A. selbst den Islam verabscheute, scheint dabei keine Rolle zu spielen.

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