• Die "Dienstvereinbarung Sucht" soll Unternehmen helfen, mit betroffenen Mitarbeitern umzugehen.
  • Viele Alkoholabhängige halten ihre Sucht geheim.
  • Eine Sucht sollte möglichst früh behandelt werden.

Es ist ein heikles Thema. Wirkt auf Arbeit jemand so, als ob er oder sie ein Alkoholproblem hat, wissen die Beteiligten oft nicht, wie sie darauf reagieren können. Wie soll man jemanden darauf ansprechen, ohne ihm zu nahe zu treten? Und was, wenn der andere die Sucht abstreitet?

Diese Situationen erlebt der Restaurator Jörg Graf immer wieder, vor allem Führungskräfte seien verunsichert. Graf ist an der Universität Leipzig Beauftragter für Suchtfragen. Seine Aufgabe ist es, "zu vermitteln, zu beraten und vor allem Ansprechpartner zu sein".

Das gelte nicht nur für betroffene Mitarbeitende, sondern auch für die Führungskräfte, die Hochschullehrenden, die Personalentscheidungen zu treffen hätten und zum Teil nicht wüssten, wie der Umgang mit abhängigkeitserkrankten Mitarbeitenden funktioniere.

"Dienstvereinbarung Sucht" soll Unternehmen helfen

Vor allem größere Unternehmen haben eine sogenannte "Dienstvereinbarung Sucht", ein Regelwerk, wie mit suchterkrankten Mitarbeitenden umzugehen ist. Etwa, wenn häufige kurze Fehlzeiten oder zunehmende Nachlässigkeiten auf eine Sucht hindeuten.

Eine "Dienstvereinbarung Sucht" enthält meist einen Stufenplan. Der sieht Schritte ab dem Moment vor, in dem eine Führungskraft von der möglichen Suchterkrankung weiß. Schritt eins bei der Vermutung, jemand habe ein Suchtproblem, ist es, das als Vorgesetzter anzusprechen, und zwar in einem vertraulichen Gespräch mit der Person.

Jörg Graf sagt, es gehe darum, "Wege aufzuzeigen für die Person, die in einer Situation steckt, zu sagen, holen Sie sich professionelle Unterstützung, gehen Sie zu einer Suchtberatung. Ich kann bestimmte Gruppen empfehlen, ich kann Kliniken empfehlen".

Der Stufenplan sieht einerseits Unterstützung vor, wenn sich die Dinge danach positiv entwickeln. Andererseits aber im Extremfall auch die Kündigung, falls eine betroffene Person nichts unternimmt, um ihre Situation zu verbessern.

Suchterkrankungen sind stigmatisiert

Am Leipziger Uniklinikum leitet Professor Georg Schomerus die Klinik für Psychiatrie. Er beschäftigt sich wissenschaftlich damit, wie Suchterkrankungen stigmatisiert werden. Menschen, die ein Alkoholproblem hinter sich haben, gebe es viele, sagt er. "Die sieht nur keiner, weil das so moralisch stigmatisiert ist, überhaupt ein Alkoholproblem zu haben, dass man, selbst wenn man es überwunden hat und eigentlich ein Vorbild sein sollte oder könnte, immer noch der sichere Weg ist, es nicht zu erzählen und es geheim zu halten. Was den sehr bedauerlichen Effekt hat, dass wir sehr, sehr viele Vorbilder gar nicht sehen, die es eigentlich gibt."

Suchtproblem möglichst früh angehen

Wenn es ohne Bier, Wein oder Hochprozentiges nicht mehr zu gehen scheint, sei es besser früher als später mit jemandem zu reden, sagt Georg Schomerus. Auch Arbeitgeber müssten sich klar darüber sein, dass mögliche Alkoholprobleme leichter zu bewältigen seien, je früher sie angesprochen werden. Wichtig sei aber, das der oder die Betroffene sich nicht verurteilt fühle. "Und das geht am einfachsten, wenn man mit jemandem redet, von dem man weiß, dass er das gleiche Problem schon mal gehabt hat und überwunden hat, weil der einfach auf Augenhöhe mit einem spricht."

Mitarbeitende, die eine Sucht überwunden haben, könnten viel zur Prävention beitragen, ist der Psychiater überzeugt. Leider sei ihre Stärke aber eine Ressource, die in Unternehmen geradezu verschwendet werde.

Hilfe für Betroffene und Angehörige (aufklappen)

Bundesweite Sucht- und Drogen-Hotline vom Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit:
01806 313031 (kostenpflichtig)
täglich von 8 bis 24 Uhr

Digitale, kostenlose und anonyme Suchtberatung für erwachsene Betroffene, Angehörige und Eltern auf https://www.suchtberatung.digital/

Bundesweites Sorgentelefon des Deutschen Roten Kreuz (DRK) für Angehörige von Menschen mit Suchtproblemen:
06062 607 670
(kostenlos)
Von Freitag bis Sonntag rund um die Uhr erreichbar, an gesetzlichen Feiertagen von 8 - 22 Uhr

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