Silvester: Keine normale Nacht
Böllern und Raketen sind in diesem Jahr so beliebt wie lange nicht. Von Januar bis September wurden fast zwei Drittel mehr Feuerwerkskörper nach Deutschland importiert als zur gleichen Zeit des Vorjahres. Das meldet das Statistische Bundesamt.
Jedes Jahr wird diskutiert, ob Böller verboten oder eingeschränkt werden sollten. Aktuelle Analysen zeigen: Während Helfer am Silvestertag teilweise weniger Einsätze haben, steigt die Belastung am Neujahrstag umso mehr.
Krankenwagen und Feuerwehr mit Einsatzspitzen
Wer im Notfall die 112 wählt, landet automatisch in der zuständigen Rettungsleitstelle. Sie alarmiert im Notfall den Rettungsdienst oder die Feuerwehr. Eine MDR-Abfrage unter den Landkreisen in Sachsen-Anhalt zeigt: Besonders am 1. Januar müssen Rettungskräfte deutlich häufiger ausrücken im Vergleich zu einem Sonntag am ersten Dezemberwochenende.
Ein genereller Vergleich des ersten Dezemberwochenendes mit Silvester und Neujahr seit 2020 zeigt in vielen Kreisen noch keinen starken Effekt. Im Salzlandkreis und Magdeburg gibt es beispielsweise im Mittel kaum mehr Einsätze.
Besonders im ersten Jahr der Corona-Pandemie an Silvester 2020 war es für Rettungsdienste und Feuerwehren in Sachsen-Anhalt ruhig. Bund und Länder hatten in diesem Jahr und auch im Jahr darauf verboten, Feuerwerk zu kaufen und abzubrennen.
Mehr Notrufe nach Mitternacht
Doch auch in den ruhigeren Jahren zwischen 2021 und 2025 zeigt ein direkter Vergleich von Sonntagen und Neujahrstagen die Folgen der Silvesternacht. Wie die Zahlen aus einigen Kreisen zeigen, mussten im Schnitt Rettungsdienste und Feuerwehren an Neujahr zwischen 2021 und 2025 rund 40 Prozent häufiger ausrücken.
Die generellen Silvester-Einsatzzahlen in den Landkreisen entwickeln sich seit 2020 uneinheitlich. Während in Magdeburg die Zahl der Einsätze sinkt, haben sich im Landkreis Harz die Einsätze zum Jahreswechsel fast um ein Drittel zu Vorjahr erhöht.
In Ilsenburg warf etwa am Neujahrstag 2025 jemand aus einem vorbeifahrenden Auto eine Kugelbombe auf einen Mann, der mit schweren Handverletzungen in die Uniklinik Magdeburg eingeliefert wurde. In Thale setzte eine Feuerwerksbatterie ein geparktes Auto in Brand.
Ein 26-Jähriger Teilnehmer von MDRfragt aus dem Landkreis Harz arbeitet nach eigenen Angaben für Rettungsdienst und Feuerwehr. Er sieht Alkohol als das Hauptproblem während Silvester: "Meine jährlichen Einsätze kommen vor allem durch Alkohol zu Stande und selten durch legales Feuerwerk." Wenn es zu schweren Verletzungen durch Feuerwerk kommt, liegt es laut ihm oft an illegalen Feuerwerkskörpern oder an Bastlern.
Notaufnahmen ab Mitternacht gefragt
Für Verletzte oder stark Alkoholisierte endet die Nacht oft in der Notaufnahme. Auch in den Kliniken steigt die Belastung nach Mitternacht. "Wir haben meist verhältnismäßig niedrige Zahlen an Silvester. An Neujahr gibt es dann regelmäßig ein hohes Patientenaufkommen", sagt André Gries, Leiter der Zentrale Notaufnahme der Uniklinik Leipzig.
Neue Studie zur Belastung von Notaufnahmen
Eine im November erschienene Studie der Universität Magdeburg schaut systematisch auf den Jahreswechsel und die Folgen für die Notaufnahmen. Sie fragt unter anderem: Haben die Feuerwerksverbote 2020 und 2021 beeinflusst, wie stark die Notaufnahmen ausgelastet sind?
Ein Ergebnis: Generell gab es keinen Unterschied, ob Böllern verboten war oder nicht. Es kamen in etwa gleich viele Patienten in die Notaufnahmen wie an normalen Wochenenden und blieben ähnlich lange.
Ein genauer Blick nach Mitternacht zeigte dann aber doch Abweichungen: An den Neujahrstagen 2020 bis 2023 zwischen 0 Uhr und 6 Uhr mussten die Notaufnahmen signifikant mehr Patienten behandeln als an gewöhnlichen Wochenenden. Häufige Beschweren waren Verletzungen an Händen, Augen und Haut wie Verbrennungen. Der stärkste Anstieg der Patientenzahl in diesem Zeitfenster fiel auf den ersten Neujahrstag ohne Feuerwerksverbot – ein Hinweis darauf, dass die Verbote zumindest einen gewissen Einfluss haben könnten.
Ein Arzt in der Notaufnahme der Uniklinik Magdeburg.Bildrechte: MDR/Roland JägerViele Verletzungen durch Alkohol
Was in jedem Jahr gleich blieb: Die Folgen von zu viel Alkohol oder anderen Drogen. Die Studie zeigt, dass Missbrauch von Substanzen wie etwa Alkoholvergiftung am Neujahrsmorgen signifikant häufiger sind als an typischen Wochenenden – und dadurch die Belastung von Notaufnahmen.
"Das Aggressionspotential ist bei angetrunkenen Patienten deutlich höher", heißt es aus der Notaufnahme der Uniklinik Magdeburg. "Wir haben daher zum Jahreswechsel drei anstatt zwei Sicherheitsbeamte im Dienst."
MDR (Leonhard Eckwert)
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