Kampf um die beste Geschäftsidee
16 Teams treten beim "Startup-Fightclub" in Dessau-Roßlau im Boxring gegeneinander an. Sie stellen ihr Unternehmen der Jury und dem Publikum vor. Hier wird schnell klar: Eine gute Geschäftsidee allein reicht noch nicht aus.
Ein Boxring auf dem Gelände der Hochschule Anhalt in Dessau-Roßlau: Das ist die Szenerie für den "Startup-Fightclub", bei dem 16 verschiedene Gründerteams gegeneinander antreten. Drei Minuten Zeit hat jedes Team, um Jury und Publikum von ihrer Geschäftsidee zu überzeugen.
Für den besten "Pitch", also für die beste Präsentation, gibt es eine Woche "Workation" auf Rügen zu gewinnen, also einen Arbeitsaufenthalt auf der Urlaubsinsel. Eine Jury aus erfahrenen Unternehmern bewertet Kriterien wie Innovationskraft, Geschäftsidee und Marktpotenzial.
Sebastian Hinz und Pierre Munzel zum Beispiel wollen Holz so modifizieren, dass es Metall als Baustoff ersetzen kann. "Alles, was wir dazu brauchen, sind ein paar ungiftige Betriebsstoffe, jede Menge Druck und vielleicht ein bisschen was von Ihrem Kapital?" Das fragen die beiden "tymba"-Gründer vom Boxring aus in die Menge, denn möglicherweise verbergen sich im Publikum auch potenzielle Investoren.
Mehr Start-ups für Sachsen-Anhalt
Neben Unternehmensvertretern und Gründerteams sind auch Karriereberater wie Robert Sadowski nach Dessau-Roßlau gekommen. Sein Ziel ist es, sich mit Gründern zu vernetzen und sie bei Bedarf zu unterstützen. Denn in Sachsen-Anhalt wird im bundesweiten Vergleich wenig gegründet.
"Es gibt eine Gründerszene, aber es sind noch zu wenige", sagt Sadowski. "Deswegen gucken wir verstärkt, ob es Start-ups mit Potenzial gibt, die wir nach Sachsen-Anhalt bringen können."
Nach Angaben des Start-up-Verbands liegt Sachsen-Anhalt 2024 mit einer Unternehmensgründung pro 100.000 Einwohner bundesweit auf dem vorletzten Platz. Spitzenreiter ist Berlin mit 13,2 Gründungen, gefolgt von Hamburg (8,4 Gründungen) und Bayern (4,0 Gründungen).
Potenzial dank günstiger Mieten
Dabei bietet Sachsen-Anhalt durchaus Potenzial für Gründer: Zum Beispiel dank günstiger Mieten und attraktiver Förderungsbedingungen der Investitionsbank. "Ich denke, dass wir mittelfristig die Chance haben, wegen der Rahmenbedingungen an die Großen anzuknüpfen", hofft Robert Sadowski.
Zurück im Boxring. Michéle Tille ist Geschäftsführerin des Chemie-Startups "Cynio" aus Bitterfeld-Wolfen. Sie und ihre Mitgründerinnen Sofie Riedel und Marlene Baumhardt stellen Spezialchemikalien für die Chemieindustrie her.
Beim Startup-Fightclub ist "Cynio" einer der Favoriten, denn kaum ein Team hier ist im Gründungsprozess bereits so weit. Wenige Tage zuvor haben die drei ihre GmbH vom Notar eintragen lassen.
"Cynio" rechnet mit 2,5 Millionen Euro Umsatz
"Im Vergleich zu anderen Start-ups gibt es bei uns keinen Tischkicker. Unsere Mitarbeiter müssen sich mit Handbüchern über die Bundesimmissionsschutzverordnung begnügen", so beginnt Michéle Tille ihren Pitch beim "Start-up-Fightclub".
Ihr Team hat ein chemisches Verfahren entwickelt, bei dem die sogenannten Isocyanate nicht mehr mit dem toxischen Gas Phosgen, sondern mit CO2 entwickelt werden können. Die Chemikalien sind in Beschichtungen, Lackierungen oder Düngemitteln enthalten. Außerhalb von Europa sind sie schwer zu bekommen, weil sie ansonsten überwiegend aus Asien bezogen werden.
Im Chemiepark Bitterfeld-Wolfen hat "Cynio" seine Kunden direkt vor der Haustür. Im kommenden Jahr erwarten sie einen Umsatz von 2,5 Millionen Euro. Im August wollen sie die ersten Mitarbeiter einstellen.
Workshops mit "Mixed Reality"
So weit ist das Team von Lily Kruse noch nicht. "Hybeam" heißt ihr Start-up, das hybride Workshops mit "Mixed Reality" durchführen will. "Das bedeutet, dass wir Personen, die gerade nicht da sein können, in den Workshop reinbringen", erzählt sie. Die Personen erscheinen dann auf einer digitalen Brille als Avatare, die mit den übrigen Teilnehmern interagieren können.
Im Herbst läuft ein Gründerstipendium aus, deshalb suchen Lily Kruse und ihr Team beim Start-up-Fightclub auch nach potenziellen Investoren. "So ein Event ist natürlich total gut, um Sichtbarkeit zu haben und um mit Leuten ins Gespräch zu kommen", erzählt sie.
Darum geht es bei der Veranstaltung vor allem: Ins Gespräch kommen, netzwerken - der Wettbewerb um den besten Pitch ist dabei eher zweitrangig. Und trotzdem steht Michéle Tille, Sebastian Hinz und Pierre Munzel die Vorfreude ins Gesicht geschrieben, als sie am Ende des Wettbewerbs erneut in den Ring gebeten werden.
Chemie- schlägt Holz-Startup
Der Hauptgewinn, die "Workation" auf Rügen, geht am Ende an Michéle Tille von "Cynio", die stellvertretend für ihre beiden Mitgründerinnen gleich zwei Preise entgegennimmt: den Hauptgewinn für den "Startup-Fightclub" 2025 und noch dazu einen Publikumspreis. Der zweite Platz geht an das Holz-Startup "tymba".
"Marlene und Sophie haben gesagt, dass ich nicht so gut pitchen soll, damit wir nicht die Workation gewinnen, weil sie im Labor stehen und arbeiten müssen", erzählt Michéle Tille freudestrahlend. "Jetzt haben wir gewonnen - hätte nicht besser laufen können heute."
Nach der Preisverleihung ist das Programm immer noch nicht vorbei. In einem Golfpark wird noch in entspannter Atmosphäre gefeiert - und weiter Kontakte ausgetauscht. Denn netzwerken hört bei Start-ups nie auf.
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