Es ist das nächste astronomische Großinstrument, das unser Wissen vom Kosmos völlig verändern könnte: 2029 soll das Square Kilometre Array Observatorium (SKAO) seinen Regelbetrieb aufnehmen. Das SKAO ist ein Netzwerk aus hunderten neuen Radioteleskopen und über 100.000 Antennen in Südafrika und Australien. Es wird die Beobachtung des Universums im Radiowellenbereich um den Faktor 30 verbessern, also den Teil des elektromagnetischen Spektrums sichtbar machen, der für die Augen eigentlich nicht sichtbar ist. Forscher erhoffen sich eine bisher ungekannte Menge neuer Details über Pulsare, Schwarze Löcher und die Verteilung der Materie im Universum.

Entsprechend euphorisch ist Günter Hasinger, dass sich Deutschland im vergangenen November als zwölfter Staat an dem internationalen Großprojekt beteiligt hat: "Wir wollen uns dort mit unserer integrierten Power zusätzlich einbringen, um dann auch zu ermöglichen, dass Deutschland mehr Zugang bekommt", sagt der Gründungsdirektor des Deutschen Zentrums für Astrophysik in Görlitz. Das Großforschungsinstitut wird beim Square Kilometre Array Observatory dabei sein. Und ab Montag (16. Juni) wird es sozusagen ins Zentrum der Aufmerksamkeit beteiligter Wissenschaftler rücken. Denn das DZA ist Gastgeber der zentralen wissenschaftlichen Konferenz aller am SKAO beteiligten Forscher.

Görlitz wird zum Zentrum der Radioastronomie

Bis zum Freitag tagen über 550 Radioastronomen an der Neiße. Dabei wollen sie besprechen, welche Untersuchungen die ersten sein sollen, die beim Testlauf der bald fertig gestellten Anlagen durchgeführt werden sollen. Hasinger freut sich darüber, dass das DZA diese bedeutende Tagung ausrichten darf. "Uns rennen die Leute die Bude ein. Es kommen über 550 Kollegen, sämtliche Hotelzimmer sind ausgebucht und es wird eine fantastische, spannende Sache", freut er sich.

Testfeld für das SKA in Australien. Mit diesen Antennen wollen Astronomen das Universum im Bereich niedriger Radiofrequenzen beobachten.Bildrechte: IMAGO / ABACAPRESS

Der Name Square Kilometre Array stammt von der Ursprungsidee ab, ein Radioteleskop zu bauen, dessen kombinierte Kollektorfläche über einen Quadratkilometer groß ist. Zum Vergleich: Das Extremely Large Telescope (ELT), das in wenigen Jahren das größte optische Teleskop der Welt sein wird, hat einen gigantischen Spiegel, dessen Größe dennoch technisch begrenzt ist, in diesem Fall auf 40 Quadratmeter. Das SKAO ist dagegen ein Verbund vieler Antennen und wird laut den Forschenden "durch eine Kombination aus intelligentem Design und modernster Technologie, zusätzlich zu der schieren Größe der Teleskope", das empfindlichste Radioteleskop der Welt darstellen.

Spuren außerirdischer Intelligenzen in den Radiowellen?

Auch die Görlitzer Forscher planen, sich mithilfe der neuen Instrumente an der Suche nach bislang unbekannten Pulsaren zu beteiligen. Das sind ausgebrannte Sterne, die noch in einem regelmäßigen Rhythmus konzentrierte Impulse mit Strahlung abgeben. Für die Forscher stellen solche Pulsare so etwas wie Leuchttürme im schwarzen Universum dar: Die Strahlenimpulse ermöglichen es, kosmische Distanzen zu vermessen, die Bewegung von Planeten, Sternen und Schwarzen Löchern zu verstehen und auch Einsteins Relativitätstheorie weiter zu testen.

Möglicherweise schnappt das Square Kilometer Array auch endlich Funksignale einer außerirdischen Zivilisation auf. Denn wenn es solche Signale gibt, sind sie im Vergleich zu gigantischen Strahlenquellen wie den aktiven Zentren ferner Galaxien sehr, sehr leise. Das macht es für Forscher aber auch sehr schwierig, die Hinweise auf solche Signale aus dem gigantischen Berg der Daten herauszufischen. Diesen Datenberg zu bewältigen, wird eine der Aufgaben, an denen das DZA arbeiten will.

Supercomputer der TU Dresden wird für SKA-Daten gebraucht

Günther Hasinger, früher wissenschaftlicher Direktor der Europäischen Raumfahrtagentur ESA, inzwischen Gründer des Deutschen Zentrums für Astrophysik in Görlitz.Bildrechte: picture alliance/dpa | Robert Michael

"Das Square Kilometre Array wird pro Nacht ein Exabyte an Daten erzeugen", sagt Hasinger und erklärt: "Ein Exabyte, das sind tausend Petabyte und ein Petabyte sind tausend Terrabyte und ein bis zwei Terrabyte sind typischerweise das Speichervolumen eines Laptops." Man bräuchte also eine Million Laptops, um alle Informationen aus einer einzigen Beobachtungsnacht zu speichern. Ohne künstliche Intelligenz werde es nicht möglich sein, zu filtern, welche Daten wertvoll sind und welche nicht, sagt der Astrophysiker. Die Rechenpower, die für diese Aufgaben benötigt werden, sollen der neue Supercomputer "Spinncloud" an der TU Dresden und später auch ein neues Rechenzentrum am DZA in Görlitz liefern.

Schon jetzt laufen die ersten Versuche, sagt Hasinger: "Wir haben Zugang zu zwei Radioantennen in Südafrika. Deren Daten können wir direkt an unseren Supercomputer nach Dresden holen und dort unsere Digitalisierungsprojekte beginnen."

Forscher suchen nach Funklöchern in der Lausitz

Ein weiteres radioastronomisches Projekt sind der Bau und der Test von neuen Radioantennen, an denen sich das Deutsche Zentrum für Astrophysik beteiligt hat. Sie gehören zum Deep Synoptic Array (DSA 2000), einem US-Projekt, bei dem über 2000 dicht beieinanderstehende Radioantennen so zusammengeschaltet werden sollen, dass praktisch eine Beobachtung des Kosmos in Echtzeit möglich wird, bei der das Array den gesamten sichtbaren Himmel mehrfach vollständig abbildet und dabei mehr Milliarde Radioquellen analysiert.

Gebaut werden könnten diese speziellen Antennen durch die Firma Mtex, die auch einen Standort in Schkeuditz nahe dem Leipziger Flughafen betreibt. Zuvor aber müssen Prototypen getestet werden. Dafür suchen die Görlitzer Forscher gerade nach Orten in der Lausitz, an denen es möglichst keine menschliche Funkstrahlung gibt, also weder Handy, noch Radio oder Fernsehempfang. Dies wird als Hochfrequenzstörung (RFI) bezeichnet und ist für Radioastronomen das, was Lichtverschmutzung für die Kollegen an den optischen Teleskopen ist.

Wirklich funkstille Orte sind aber rar. Der häufig eingeschränkte Internetempfang am Handy reicht nicht aus, auch wenn über die Funklöcher oft geschimpft wird. Hasinger lacht und erzählt: "Wir hatten zum Beispiel einen Kollegen, der herumgefahren ist und Messungen gemacht hat. Da hat ihn ein Mann gefragt: Was machen Sie denn hier? Der Kollege antwortet: Ich messe Störstrahlung, ich suche nach Funklöchern. Sagt der Mann: Ach, kommen Sie doch mal zu mir im Garten. Bei mir ist kein Handyempfang."

Links/Studien

  • SKA Observatory: A new era in astrophysics – Preparing for early science with the SKAO, Tagungsprogramm Görlitz

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