Inhalt des Artikels:

  • Nur wenige Entsorger erlauben Biomüllbeutel
  • Hoher Aufwand für Kompostierung
  • Universitäten forschen zu Bioplastik

Nur wenige Entsorger erlauben Biomüllbeutel

Wer im Handel seine Müllbeutel kauft, findet dort auch kompostierbare Bioplastiktüten. Die sogenannten Biofolien-Abfallbeutel sind "industriell kompostierbar". Das bedeutet: In einer Kompostieranlage, unter bestimmten Bedingungen, sind sie biologisch abbaubar. Die meisten haben auch eine entsprechende Zertifizierung (zum Beispiel DIN EN 13432). Hergestellt werden sie aus nachwachsenden Rohstoffen wie Maisstärke. Allerdings: Nicht alle Müllanlagen in Deutschland können die Tüten so verarbeiten, dass keine Rückstände mehr im Kompost zu finden sind. Im sogenannten Abfall-Atlas der Technischen Universität Hamburg zeigt sich, dass in vielen Regionen Deutschlands die Tüten im Biomüll nicht erlaubt sind (Stand 2022).

In den grün gekennzeichneten Landkreisen sind die Biomüllbeutel erlaubt. In den rot markierten Landkreisen hingegen verbieten die Entsorger sie. In den weiß dargestellten Landkreisen gibt es keine getrennte Entsorgung des Biomülls oder es liegen keine Informationen dazu vor. Quelle: TU Hamburg/Eigene RechercheBildrechte: TU Hamburg/MDR

Seit dem 1. Mai 2025 gibt es neue Regeln für den Biomüll: Es sollen weniger Fremdmaterialien wie Kunststoffe in den Abfall gelangen. Das regt die Diskussion um die Biomüllbeutel weiter an, wie das MDR-Verbrauchermagazin Umschau berichtet.

Hoher Aufwand für Kompostierung

In Lohfelden bei Kassel dürfen die Biobeutel genutzt werden. In der dortigen Kompostieranlage kommt der Biomüll als erstes in einen dicht verschlossenen Behälter, die sogenannte "Intensiv-Rotte-Box". Dort sorgen Mikroorganismen dafür, dass die Masse eine Temperatur von bis zu 70 Grad Celsius erreicht und somit der Verrottungsprozess angeregt wird. Krankheitserreger und Unkrautsamen werden dabei vernichtet. Bei den Biomüllbeuteln ist nach wenigen Tagen eine erste Veränderung zu erkennen, wie Alexander Rink, von der Abfallentsorgung Kreis Kassel, erklärt: "Nach einer Woche ist das Ganze angerottet, die Struktur hat sich verändert. Allerdings ist der Kompostierungsprozess noch nicht abgeschlossen."

Anschließend wird die Masse im Freien unter einem Dach gelagert und immer wieder umgewälzt, damit der Prozess weitergeht. Das dauert etwa zehn bis zwölf Wochen, sagt Rink: "Während dieser Zeit haben die Mikroorganismen ausreichend Zeit, um diese Biobeutel zu zersetzen." Am Ende werden Fremdstoffe, aber auch Äste und anderes grobes Material abgesiebt. Übrig bleibt eine feine, krümelige Masse: der Kompost. Einmal im Monat wird dieser im Labor auf seine Inhaltsstoffe überprüft. "Die Besonderheit dieses Standorts ist, dass wir seit 2023 alle Komposte nach Bioland- und Naturlandrichtlinien zertifizieren lassen. Das heißt, das Produkt ist auch in der Ökolandwirtschaft uneingeschränkt einsetzbar", so der Experte. Das ist möglich, weil in der Anlage ein relativ hoher technischer und finanzieller Aufwand betrieben wird.

Biomüllbeutel nicht überall gern gesehen

Nicht in allen Landkreisen ist eine vollständige Kompostierung der Beutel möglich. Der Grund: Hier können die Kompostwerke die Beutel offenbar nicht verarbeiten. Im thüringischen Niederdorla hat man ebenfalls täglich mit den Biomülltüten zu tun. Hier sieht man sie allerdings eher kritisch. "Das Problem ist, dass sie eben nicht so rotten, wie versprochen, sondern immer Reste bleiben. Also es gibt keine hundertprozentige Garantie, dass nach Zeitpunkt X und Temperatur Y, das Material vollständig aufgelöst ist", sagt Dirk Hesse, Geschäftsführer der Vogteier Kompost GmbH.

Universitäten forschen zu Bioplastik

An der Technischen Universität (TU) Hamburg untersucht eine Arbeitsgruppe, ob nach dem Prozess der Kompostierung möglicherweise doch noch Reste des verrottenden Materials nachzuweisen sein könnten. Reste, die im Kompost zwar mit bloßem Auge nicht wahrzunehmen sind, unter dem Mikroskop hingegen schon. "Es könnte auch sein, dass Partikel vorhanden sind, die so klein sind, dass wir sie nicht finden. Unsere Nachweisgrenze würde ich bei einem Millimeter setzen. Es könnte aber auch sein, dass es noch viel kleinere Partikel gibt, das wissen wir einfach nicht", erklärt Ina Körner von der Technischen Universität Hamburg in der Umschau.

Erdölbasierte herkömmliche Kunststoffe verursachen Schäden in der Natur. Als Mikroplastik können sie sich im Organismus anreichern und die Gesundheit gefährden. Darum haben sich Forscher zur Aufgabe gemacht, herkömmliches Plastik allmählich durch Bioplastik zu ersetzen, das möglichst auch biologisch abbaubar ist.

An der Technischen Universität München lassen Wissenschaftler gentechnisch veränderte Bakterien für sich arbeiten. Sie produzieren den Ausgangsstoff für Bioplastik, sogenannte Biopolymere. Als Rohstoff wird stärkehaltiger Abfall, den die Lebensmittelindustrie bislang entsorgt, verwendet. Dazu gehören zum Beispiel Weizenkleie, Weizenstroh und Holzreste. Aber auch sogenannte Makroalgen aus dem Meer, wie Braunalgen, können für Biopolymere genutzt werden. "Wir geben diesen Reststoffen, die normalerweise energetisch verwertet werden – also verbrannt werden – eine ganz neue Wertigkeit als Rohstoff für etwas, was wir täglich nutzen und was auch monetär einen höheren Wert hat", erläutert Thomas Brück, Chemiker an der TU München.

Auch an der Justus-Liebig-Universität Gießen wird an biologisch abbaubaren Materialien gearbeitet. Als Rohstoff werden dort Panzer von Krebstieren – Biomüll aus der Fischindustrie – verwendet. Also Biokunststoff auf Basis von Chitin, einem Bestandteil der in den Panzern vorkommt. Wie der Biokunststoff entstand, ist eine originelle Geschichte: Zwei Forscherinnen hatten eine Petrischale mit Algen und Krebstierschalen im Labor schlicht vergessen. Als sie überrascht entdeckten, was da von selbst heranreifte, begannen sie, mit den Komponenten zu experimentieren. Inzwischen sind die verschiedenen Prototypen elastisch, reißfest und beständig, ohne Zusätze von Chemie. Das Forscherduo hat auf ihre Erfindung zwei europaweite Patente angemeldet. In den Patenten wird aufgeführt, wofür der Biokunststoff eingesetzt werden kann: "beispielsweise für die Herstellung von Platinen, Verpackungsmaterial, Papier oder als gelartiges Verbandsmaterial oder Applikator für Medikamente auf Hautoberflächen."

Ob der neue Biokunststoff schnell und problemlos abgebaut werden kann, wurde mit Asseln getestet. Für diese ist Chitin ein Grundnahrungsmittel. Asseln leben überall – auch im Biomüll. Darum will Elisabeth Pohlon, die sich inzwischen selbstständig gemacht hat, neben anderen Produkten, Biomüllbeutel auf Chitinbasis produzieren lassen. Sie sollen in kürzerer Zeit kompostierbar sein als jene, die bisher im Umlauf sind. Im Kompostwerk Rabenau bei Gießen sollen in Kürze die ersten Versuche starten.

MDR (jvo)

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