Warum Kinder in vielen Kitas neuerdings ganzjährig eingewöhnt werden können
- Um wirtschaftlich zu bleiben, muss eine Kinderkrippe oder Kita möglichst dauerhaft voll ausgelastet sein.
- Viele Einrichtungen ermöglichen deshalb inzwischen eine ganzjährige Eingewöhnung und können so auch individueller auf die unterschiedlichen Lebensrealitäten der Familien eingehen.
- Da Kinder Zeit brauchen, um sich von ihren Eltern zu lösen und in der Kita anzukommen, soll die Eingewöhnung so behutsam wie möglich verlaufen.
"Hereinspaziert! Bitteschön! Das ist unserer Krippenbereich. Hier sind wir in der Schäfchengruppe – Platz für 13 Kinder." Patricia Hedrich führt durch die Leipziger Kita "Elifant" auf dem Gelände des St. Elisabeth-Krankenhauses. Seitdem es die Einrichtung gibt, ist sie hier Chefin. Seit 14 Jahren inzwischen.
Sie hat erlebt, wie sich Anmeldungen ordnerweise auf ihrem Tisch gestapelt haben. Heute verdrahtet sich Hedrich mit der Chefhebamme, um schon im Kreißsaal für ihre Kita zu werben. "Wir bewerben uns um die Familien und um die Kinder, die zu uns kommen sollen." Das Ziel: Vollauslastung. Fehlen Kinder, gefährdet die Einrichtung ihre Wirtschaftlichkeit.
Einrichtungen reagieren auf Elternwünsche
Bislang hatten Kitas deshalb festgelegte Zeiten, in denen neue Kinder eingewöhnt wurden – in der Regel von Spätsommer bis Herbst. Sprich: Direkt nachdem die ältesten Kinder die Kita in Richtung Schule verlassen haben, versuchten die Einrichtungen, ihr Haus mit jüngeren Kindern zu füllen. Pech für die Eltern, die ihr einjähriges Kind anmelden wollten, Sohn oder Tochter aber im Frühjahr geboren wurde. Für sie hieß es, ein halbes Jahr oder länger warten – bis zur nächsten Eingewöhnungssaison.
Viele Kitas rücken davon nun ab. So auch der "Elifant". Man müsse sich an die Bedarfe der Eltern anpassen. "Wir müssen uns jetzt gerade selbst hinterfragen", sagt Kita-Chefin Hedrich. Für sie gehört auch dazu, dass Eingewöhnungen jetzt das ganze Jahr über stattfinden.
Eine positive Entwicklung, findet Rahel Dreyer. Die Professorin an der Alice-Salomon-Hochschule Berlin für Soziale Arbeit, Gesundheit und Erziehung forscht zur psychischen Entwicklung von Kindern in den ersten Lebensjahren. "An sich ist das aus meiner Sicht förderlich, wenn man über das ganze Jahr Kinder eingewöhnt, weil man dann das Ganze auch besser planen kann und sich für jede einzelne Eingewöhnung ausreichend Zeit nehmen kann."
Eingewöhnung soll sich am Kind orientieren
Aber ob en bloc oder das ganze Jahr über – wichtig sei die Orientierung am Kind und an einem der etablierten Eingewöhnungsmodelle. Eltern sollten sich dafür drei bis vier Wochen Zeit nehmen. Es gibt das bekannteste, das Berliner Eingewöhnungsmodell. Es gibt das Münchner Modell oder das partizipatorische Modell. Jedes legt einen etwas anderen Fokus.
Patricia Hedrich und ihr Team haben sich während der Corona-Pandemie ihr eigenes Modell gestrickt. "Wir haben das Elifantenmodell", lacht Hedrich. "Wir sind angelehnt an das Berliner Eingewöhnungsmodell. Unsere Eingewöhnung startet immer an drei Nachmittagen in einem Setting von 50 Minuten – nur in dieser Konstellation: Gruppenraum, Kind, Erzieherin, Elternteil." Ab dem vierten Tag trifft das neue Kind auf seine künftige Gruppe. Das Tempo bestimme das Kind. "Also wir sagen den Eltern auch immer: 'Nehmt euch vier bis sechs Wochen Zeit dafür.' Die Eingewöhnung ist die Basis für eine gelingende Kitazeit."
Auch Kinder und Eltern haben sich laut Hedrich verändert. "Kinder haben eine viel innigere Bindung zu ihren Eltern. Kinder sind weniger fremdbetreut worden." Das heißt, dass sie mal bei Oma übernachtet haben oder vielleicht schon mal in der Krabbelgruppe waren. "Wir müssen uns also auch da auf die Individualitäten der Familien einstellen", erklärt Hedrich. Es brauche einfach Zeit, diese Bindung aufzuweichen und der Kita und dem Kind die Chance zu geben, gut anzudocken.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke