• Seit der Wolf zurück in Deutschland ist, wächst mit der Population die Zahl der Wolfsrisse.
  • Bundesweit steigt die Zahl der Wilderei-Fälle, doch Aufklärung bleibt die Ausnahme.
  • Trotz hoher Belohnungen gibt es offenbar nur selten Hinweise auf Täter
  • Naturschützer fordern schärfere Maßnahmen gegen die illegale Tötung geschützter Wölfe.

Der in Thüringen gefundene Wolf starb nicht bei einem Verkehrsunfall, wie lange vermutet – er wurde erschossen. Das ergab eine Untersuchung fast zwei Jahre nach dem Fund. Für Naturschützer ist der Fall ein weiterer Beleg für die Zunahme illegaler Tötungen. Sie kündigten eine Strafanzeige sowie eine Belohnung für Hinweise auf den Täter an. Doch die Chance auf Aufklärung ist gering.

Der Wolf kehrte erst im Jahr 2000 zurück nach Deutschland: Rund 150 Jahre nach seiner Ausrottung wurden wieder Welpen in Deutschland geboren – auf einem Truppenübungsplatz in der sächsischen Oberlausitz. Seitdem breitet sich das Raubtier stetig gen Westen aus, hierzulande vor allem im Nordosten. Das führt immer wieder zu Konflikten: mit Schäfern, Landwirten oder Jägern.

Mehr Wolfsrisse: Nutztierschäden nehmen zu

Parallel zum Anstieg der Wolfspopulation steigen auch die von Wölfen verursachten Schäden. Für das Jahr 2000 ist bei der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBB-Wolf) kein einziger Schadensfall registriert. Ab 2015 nehmen Angriffe auf Schafe, Ziegen und andere Nutztiere deutlich zu. Im Jahr 2023 wurden bundesweit mehr als 5.500 verletzte oder getötete Tiere gezählt, 2024 etwa 1.000 weniger.

Die DBB-Wolf betont: "Obwohl die Schäden insgesamt mit dem Anwachsen des Wolfsbestandes zunehmen, lassen sich daraus keine Vorhersagen über die Höhe der Schäden […] ableiten." Dafür sei die Varianz zu groß. Zudem ließen sich durch Herdenschutzmaßnahmen auch in Gebieten mit hoher Wolfsdichte Schäden begrenzen.

Wilderei: Immer mehr illegal getötete Wölfe

Zunehmende Spannungen rund um den Wolf enden immer häufiger in gezielter Gewalt. Seit der Jahrtausendwende hat die DBB-Wolf 110 nachgewiesene illegale Tötungen dokumentiert: Erschossen, durch Köder verletzt oder enthauptet. Der Großteil davon nach 2016: Waren es bis dahin höchstens fünf Fälle pro Jahr, wurden seither jährlich mindestens neun registriert. 2024 waren es 14. Bislang sind in diesem Jahr vier Fälle bestätigt – davon einer in Sachsen und einer in Sachsen-Anhalt.

Der aktuelle Fall in Thüringen ist der erste nachgewiesene Abschuss eines Wolfs im Freistaat, wie das Umweltministerium bestätigt. Das Tier wurde 2023 in der Nähe von Hämbach, einem Ortsteil von Bad Salzungen, tot aufgefunden. Tot aufgefundene Wölfe werden in der Regel am Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) in Berlin untersucht.

Nicht nur die Wilderei nimmt zu, auch die Zahl der Verkehrsunfälle mit den Raubtieren steigt seit Jahren. Im Schnitt sterben etwa zehnmal mehr Wölfe durch Autos als durch Waffen. So können nicht mehr alle Tiere im IZW untersucht werden, auch der Fall aus dem Wartburgkreis wurde deshalb offenbar erst deutlich verzögert angegangen.

Wilderei: Deutlich höhere Dunkelziffer befürchtet

Mit wachsender Population steigen laut Tierschutzorganisationen auch die Möglichkeiten für Wilderei. Brigitte Sommer, Sprecherin des Vereins "Wolfsschutz Deutschland" mit Sitz in Rothenburg (Landkreis Görlitz), geht von einer deutlich höheren Dunkelziffer aus – zehnfach höher als die bekannten Fälle. Wilderei geschehe aus ihrer Sicht häufig nach dem Motto: "Schießen, schaufeln, schweigen." Sommer befürchtet, dass sich die Lage sogar weiter zuspitzen könnte.

Anfang Mai hat die EU den Schutzstatus des Wolfs gesenkt: Von "streng geschützt" auf "geschützt". Seither mehren sich auch in Deutschland die Stimmen, den nationalen Schutzstatus entsprechend abzusenken, um gezielte Abschüsse zu ermöglichen.

Jagdverbände und Länder erhöhen politischen Druck

Unmittelbar nach der EU-Entscheidung sprach der Thüringer Landesjagdverband von einem wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur Bejagung. Bereits im April hatten Thüringen und Brandenburg die Absenkung des Schutzstatus gefordert.

Im Juli zogen Bayern, Berlin, Hessen und Sachsen nach und plädierten dafür, der EU einen "günstigen Erhaltungszustand" für den Wolf zu melden. Sachsens Umweltminister Georg-Ludwig von Breitenbuch (CDU) erklärte: "Diesen haben wir beim Wolf erreicht und können das mit Überzeugung nach Brüssel melden."

Ich befürchte, dass die illegalen Tötungen weiter steigen werden.

Brigitte SommerWolfsschutz Deutschland

Naturschutzverbände warnen dagegen vor einer Legalisierung der Bejagung. In Thüringen etwa fürchten NABU und BUND sogar eine lokale Ausrottung der Tiere. Sommer vom Wolfsschutzverein sagt: "Ich befürchte, dass die illegalen Tötungen weiter steigen werden", da Wilderei zunehmend als "Kavaliersdelikt" gesehen werde. Sommer ist aus den vergangenen Jahrzehnten nur ein Fall bekannt, bei dem ein Wilderer verurteilt wurde – dieser habe sich selbst gestellt.

Trotz hoher Belohnung: Offenbar nur selten Hinweise auf Täter

In Sachsen-Anhalt seien bislang keine Täter überführt worden, bestätigt das Landesamt für Umweltschutz. In allen bisher 15 dokumentierten Fällen illegaler Tötungen handelte es sich demnach um Schussverletzungen. Auch hier wird eine hohe Dunkelziffer vermutet, da nur selten überhaupt Kadaver entdeckt würden.

Für Sachsen sind bis Ende Juni 20 Fälle dokumentiert. "In den meisten dieser Fälle wurden die Wölfe durch Beschuss getötet. Andere verendeten qualvoll an Verletzungen durch ausgelegte Köder", so das zuständige Ministerium.

Nun stellen drei Naturschutzverbände jeweils 1.000 Euro als Belohnung für Hinweise zum Abschuss in Thüringen. Doch die Erfolgsaussichten sind gering. Ein Beispiel: In Niedersachsen waren 2023 etwa 40.000 Euro bei einem besonders grausamen Fall angeboten worden: Ein zerstückelter Wolf war in Müllsäcken im Raum Hannover gefunden worden. "Wolfsschutz Deutschland" hatte sich finanziell beteiligt. Laut Sommer gab es nur wenige Hinweise, ein Täter sei nicht gefunden worden.

NABU fordert zentrale Ermittlungsstelle

Der Fall aus dem Wartburgkreis hat nun die Umweltverbände alarmiert. Der NABU Thüringen fordert: "Dass nun offenbar auch Wölfe in Thüringen illegal gejagt werden, ist ein Signal, endlich eine Stabsstelle zur Bekämpfung von Umweltstraftaten in Thüringen einzurichten", sagt NABU-Wolfsexperte Silvester Tamás. Auch der "Wolfsschutz Deutschland" sieht Handlungsbedarf. Sommer fordert bundesweit eine unabhängige Einheit, die über Zeit und Mittel für professionelle Ermittlungen verfügt.

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