„Es wird eine riesige Herausforderung, das ist uns allen bewusst“
Mittagszeit in Herzogenaurach. Robin Koch kommt vom Training der deutschen Fußball-Nationalmannschaft auf dem Gelände des Verbandssponsors Adidas. Der 29-jährige Verteidiger ist erstmals als Kapitän von Eintracht Frankfurt zur Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) gereist. Seit Montag bereitet er sich in Franken mit der Mannschaft auf das erste Spiel der WM-Qualifikation in Bratislava gegen die Slowakei vor (Donnerstag, 20.45 Uhr, ARD). Bestens gelaunt nimmt der Sohn des einstigen Bundesliga-Profis Harry Koch in einem Raum des Gebäudes „Halftime“ zum Gespräch mit mehreren Medien Platz.
Frage: Herr Koch, mit der Nationalmannschaft haben Sie seit dem Treffpunkt am vergangenen Montag nur zwei Trainingseinheiten bis zum Spiel gegen die Slowakei. Wie schwierig ist es mit einer so kurzen Vorbereitung?
Robin Koch: Generell haben wir vor den Spielen mit der Nationalelf meist recht wenig Zeit für Trainings, jetzt ist der Zeitplan noch mal enger. Von daher ist es wichtig, dass wir schnell wieder zusammenfinden. Wir haben einen guten Stamm von Spielern, die kontinuierlich dabei sind. Da braucht es zum Glück nicht lange.
Frage: Diesmal sind drei neue Spieler dabei, unter anderem Ihr Klubkollege Nnamdi Collins. Bundestrainer Julian Nagelsmann ließ zuletzt offen, wo Collins spielen könnte, ob Innenverteidiger oder Außenverteidiger. Erwarten Sie eine Umstrukturierung in der Abwehr?
Koch: Es sind wieder neue Spieler dabei, die es im Verein sehr gut machen. Und auch hier ihre Chance bekommen. Es ist dann noch mal wichtiger, eingespielt zu sein. Ich glaube, für die neuen Jungs ist es einfach, hier in die Gruppe reinzukommen und sich wohlzufühlen. Weil alle sehr offen sind. Nnamdi hat bei uns bei der Eintracht gezeigt, dass er sich super entwickelt. Für mich ist es schön, jemanden von der Eintracht hier bei der Nationalelf dabeizuhaben. Er hat in der vergangenen Saison schon Einsatzzeit bekommen und sich die Einladung verdient. Er bringt viel mit und kann mehrere Positionen spielen. Bei uns hat Nnamdi in der vergangenen Saison sehr viel rechts hinten gespielt, teilweise in der Dreierkette rechts hoch gespielt.
Frage: Sie sind seit dem Abgang Kevin Trapps bei der Eintracht neuer Kapitän. Ändert sich auch Ihre Rolle in der Nationalelf, übernehmen Sie hier nun noch mehr Verantwortung?
Koch: Verein und Nationalmannschaft ist schon noch mal was anderes. Ich komme immer her, um der Mannschaft zu helfen. Wir haben jetzt einige Kapitäne hier im Team, Robert Andrich und David Raum wurden in ihren Klubs auch jeweils zum Kapitän ernannt. Es ist schön, wenn du im Verein die Verantwortung bekommst. Und es ist ja auch ein Feedback, dass du ein Leader bist im Verein.
Frage: Es gibt eine WhatsApp-Gruppe der beiden Kapitäne Andrich und Kimmich. Sind Sie da jetzt auch Mitglied?
Koch: Sie verstehen uns einfach gut, unabhängig von der Kapitäns-Sache, diese Gruppe gab es vorher schon. Man sieht sich auch in der Freizeit. Die beiden waren auch zusammen im Urlaub. Es zeichnet die Nationalmannschaft aus, dass wir uns untereinander gut verstehen.
Frage: Die Sky-Moderatorin Katharina Kleinfeldt verwechselte in einer Live-Übertragung kürzlich Marco Friedl von Werder Bremen mit Ihnen. Die Szene schlug hohe Wellen. Etwas augenzwinkernd gefragt: Finden Sie, Sie haben äußerlich Ähnlichkeit mit Friedl?
Koch: (lacht) Ich weiß nicht, ich würde eher sagen, dass nicht. Am Anfang dachten viele, sie hat mich mit Michael Zetterer verwechselt, weil Marco nach dem Spiel mit ihm das Trikot getauscht hatte und es in dem besagten Interview trug. Ich habe später online gesehen, dass einige Memes zu dem Thema entstanden sind. So etwas wie diese Verwechslung kann jedem mal passieren.
Frage: Bei der EM im vergangenen Jahr kamen Sie auf keine Einsatzminute. In der Nations League sind Sie deutlich wichtiger geworden. Wie sehen Sie Ihre Rolle in der Nationalelf?
Koch: Die Mannschaft steht im Vordergrund. Jeder muss da sein, wenn er gebraucht wird. So war es bei mir auch. Ich war natürlich während der EM bereit, habe im Turnier dann leider keine Einsatzzeit bekommen. Jetzt konzentriere ich mich darauf, dass ich meine Leistung abliefere, wenn ich meine Einsatzzeit bekomme.
Frage: Der Bundestrainer hat als Ziel für die WM 2026 den Titel ausgegeben. Das wurde mitunter kritisiert. Nagelsmann sieht diese Zielsetzung weiterhin als alternativlos an. Wie sehen Sie das?
Koch: Als Fußballer willst du immer gewinnen. Wir fahren nicht zur WM, um da irgendwie mal mitzuspielen, sondern wir wollen gewinnen. Das muss der Anspruch und das Ziel sein. Und diese Aufgabe beginnt jetzt. Auf dem Weg zur WM, gerade in der Qualifikation, wollen wir schon zeigen, welchen Anspruch wir auch für das Turnier an uns haben. Klar liegt der Fokus jetzt erst mal auf die Qualifikation. Aber natürlich hat man schon den Weitblick auf das Turnier.
Frage: In welchem Bereich muss sich die Mannschaft vor allem noch verbessern?
Koch: Wir sprechen intern viele Dinge an. Das Wichtigste ist, dass wir jetzt schon die Dominanz und das Selbstverständnis entwickeln. Wir wollen dominant auftreten, die Spiele bestimmen und das Gefühl für das Turnier zu entwickeln.
Frage: In der Champions League hat Ihre Eintracht eine schwierige Gruppe erwischt. Es geht unter anderem gegen den FC Liverpool und den FC Barcelona. Was ist möglich für Ihren Klub in der Königsklasse?
Koch: Ich bin sehr froh über diese Auslosung. Denn ich hätte keinen Bock, in der Champions League einen gefühlten Euro-League-Gegner zu bekommen. Wegen solcher großen Gegner wollen wir in der Champions League spielen – und ich freue mich extrem auf die Spiele. Es kann einen auch im Hinblick auf die WM ein gutes Gefühl geben, wenn man in der Saison vor dem Turnier schon große Spiele gegen große Gegner absolviert hat. Es wird eine riesige Herausforderung, das ist uns allen bewusst. Aber als Kind träumt man von solchen Spielen. Man hat irgendwann mal angefangen, um eines Tages gegen Barcelona, Liverpool und so weiterzuspielen. Und wenn es dieser Traum dann in Erfüllung geht, freut man sich total drauf.
Frage: Apropos Liverpool: Sie haben drei Jahre in England für Leeds United gespielt. Liverpool und andere Klubs aus der Champions League haben in der gerade beendeten Transferperiode sehr viel Geld ausgegeben. Staunen Sie auch über die finanzielle Power und Strahlkraft dieser Liga?
Koch: In Bezug auf die Transfers ist es noch mal ein Stück verrückter geworden. Den Klubs dort stehen andere finanzielle Mittel zur Verfügung. Ich schaue nach wie vor gern Spiele der Premier League. Sie hat einfach eine riesige Strahlkraft und eine extreme Qualität. Wenn man Liverpool sieht, wie die sich verstärkt haben … Die wurden in der vergangenen Saison Meister. Da könnte man etwas flapsig sagen, dass die gar nicht so viele Verstärkungen brauchen. Aber in England haben die Klubs einfach andere Möglichkeiten.
Frage: In der Bundesliga dominiert der FC Bayern zum Saisonstart, gewann gegen RB Leipzig 6:0. Aktuell bleibt nur Ihre Mannschaft an den Münchnern dran. Machen Sie mit der Eintracht den Meisterkampf spannend?
Koch: Ich glaube, es ist noch ein bisschen früh, um darüber zu sprechen. Wir haben eine sehr junge Mannschaft und sind gut gestartet, worüber wir sehr froh sind. Wir wissen aber: Die große Herausforderung wird, die Leistung konstant auf den Platz bringen. Das ist mit vielen jungen Spielern immer noch mal ein Stück schwieriger.
Frage: Experten sehen die Eintracht jedenfalls als Bayern-Jäger.
Koch: Wir wissen, dass wir viel Qualität in der Mannschaft haben. Das sagen wir uns auch immer wieder. Doch wie gesagt, wir müssen die Leistung konstant zeigen.
Frage: Ist ein Erfolgsfaktor der Eintracht, dass Ihr Klub-Trainer Dino Toppmöller mehrere Sprachen spricht, unter anderem Französisch und Englisch?
Koch: Mit Sicherheit ist das ein Vorteil. Generell haben wir in der Mannschaft einen sehr guten Mix. Es ist bei so vielen Nationen im Kader nicht selbstverständlich, immer alles unter einen Hut zu bekommen. Oft ist im Fußball die Gefahr da, dass sich dann Grüppchen bilden. Wir bekommen das schon seit Jahren toll hin, bei uns passiert das nicht.
Julien Wolff ist Fußball-Redakteur. Er berichtet seit 2011 aus München über den FC Bayern, zudem über die Bundesliga und die Nationalmannschaft.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke