Bei den Blauhelmen zwischen Israel und der Hisbollah
Im Südlibanon versucht eine bald endende UN-Mission, die brüchige Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah zu sichern. Ihr Einsatz geht weit über Patrouillen hinaus. Wie kommt das vor Ort an? Unterwegs mit einer Blauhelm-Patrouille.
Weiß lackierte UN-Fahrzeuge schieben sich über holprige Straßen. Die Patrouille ist auf dem dünn besiedelten Land im Südosten des Libanons nicht zu übersehen. Mehrmals am Tag und in der Nacht fahren hier indische Soldaten ihre Kontrollrunden.
Mit blauem Helm und schutzsicherer Weste zeigt der junge Offizier Pitram Ramdasani auf der Rückbank des Fahrzeugs anhand einer digitalen Landkarte, wo die Patrouille langfährt. Es geht durch Dörfer nahe der "blauen Linie" zwischen dem Libanon und Israel. Es ist eine Art Waffenstillstandslinie zwischen beiden Ländern, die seit Jahrzehnten im Kriegszustand sind. Kontrolliert wird sie von UNIFIL, der UN-Interimstruppe für den Libanon.
Die Fahrt über Dörfer wie Kafr Hammam oder Kafr Shuba zeigt, wie wenig das in der Vergangenheit funktioniert hat: Zerstörte Häuser und verlassene Anbaugebiete in idyllischer Berglandschaft prägen das Bild. Nach dem jüngsten Krieg zwischen Israel und der schiitischen, aus dem Libanon operierenden Hisbollah-Miliz sind viele aus der Gegend geflohen.

Während der UNIFIL-Patrouille geht es vorbei an zerstörten Häusern und verlassenen Anbaugebieten in idyllischer Berglandschaft.
UNIFIL übernimmt Aufgaben, die der Staat nicht leistet
Jetzt herrscht offiziell Waffenstillstand. Nach und nach kehren die Menschen in ihre Dörfer zurück. Momentan sei man in der Phase, Vertrauen zu den Rückkehrern aufzubauen, sagt der Blauhelmsoldat Ramdasani: "Das hilft uns, zu verstehen, was ihre Probleme sind und wo wir helfen können."
Probleme gibt es viele: Auf den Feldern lauert Gefahr durch nicht explodierte Geschosse. Gemeinsam mit der libanesischen Armee sorgen die Blauhelme dafür, dass Äcker erst geräumt werden, bevor die Bauern ihr Land bewirtschaften. Zudem ist die medizinische Versorgung schlecht, daher helfen Ärzte der UNIFIL-Mission aus.
Die UN-Friedensmission übernimmt somit Aufgaben, die der marode libanesische Staat nicht leistet. Jetzt, in den Sommerferien, organisieren sie Kochkurse und Yoga-Stunden für Kinder und Mütter, erzählt Ramdasani.

Rückkehrer bei Wiederaufbauarbeiten im Südlibanon. Nach und nach kehren die Menschen in ihre Dörfer zurück.
"Sie sind meine Familie"
Mark Diabs Laden ist ein Treffpunkt in der einsamen Gegend. Er liegt unweit des Hauptquartiers der Inder, aber auch die spanischen Blauhelme sind nur ein paar hundert Meter entfernt und kommen oft vorbei. Diab nennt sie "seine Freunde". Sein Spanisch wie auch sein Englisch hat er den UN-Truppen zu verdanken. Der 59-jährige Libanese verkauft alles, was die Soldaten brauchen könnten: Sportklamotten, Souvenirs für den Heimaturlaub und Alkohol.
Aber die Mitglieder der Friedenstruppe seien für ihn mehr als reine Geschäftskunden. "Sie sind meine Familie. Sie sind hier, um zu helfen. Sie helfen allen Dörfern", sagt Diab. Schon als Kind gehörten Blauhelme aus aller Welt zu seinem Leben, erzählt er. Seine Tochter lebt heute in Italien und ist mit einem italienischen Ex-Blauhelmsoldaten verheiratet.
Sollte die UNIFIL-Mission auslaufen, halte auch ihn nichts mehr im Libanon, sagte er, kurz bevor der UN-Sicherheitsrat deren Ende für 2026 beschloss. Dann wolle er den Libanon verlassen und nach Spanien ziehen. "Ich habe mein ganzes Leben unter Krieg gelitten. Warum sollen meine Kinder dasselbe erleiden?"
Kann die Hisbollah entwaffnet werden?
Die Sicherheitslage ist im Südlibanon nach wie vor sehr angespannt, die Waffenruhe brüchig. Israel greift dort an, wo es Hisbollah-Kämpfer vermutet. Im Süden des Landes sympathisieren viele mit der Miliz - sie seien die einzigen, die sich gegen den Besatzer wehrten, wie sie Israel nennen.
Doch auf Druck der USA hat die libanesische Regierung angekündigt, die Hisbollah-Miliz bis Ende des Jahres zu entwaffnen. Deren Anführer Naim Qassem lehnt das ab - solange Israel noch Stellungen im Südlibanon besetzt hält und angreift. In Fernsehansprachen schwört Qassem seine Anhänger darauf ein, wieder in den Krieg zu ziehen: "Falls nötig, werden wir die Schlacht gegen das israelisch-amerikanische Projekt führen - egal, was wir für Opfer bringen müssen."
Aber würde die Hisbollah einen neuen Bürgerkrieg in Kauf nehmen? Khalil Helou bezweifelt das. Der pensionierte General der libanesischen Armee lebt in den Bergen südlich der Hauptstadt Beirut. "Auch wenn die Hisbollah sich nicht darauf einlässt, die Waffen niederzulegen, wäre sie nicht in der Lage zu einem Staatsstreich, bei dem die libanesische Regierung entmachtet würde."
Nach ihrem Krieg gegen Israel sei die schiitische Miliz stark geschwächt. Außerdem unterstütze nicht der ganze Libanon die Hisbollah. Das müsse die libanesische Regierung bei den Verhandlungen mit der politischen Führung der Partei nutzen, meint Helou. Der Einfluss der schiitischen Bewegung müsse unterbinden werden. Der wer das umsetzen soll, ist unklar. Denn die libanesische Armee ist schwach und unterfinanziert.
"Ich bete, dass es ein blühendes Land wird"
Zurück im Südlibanon. Bei der anderthalbstündigen Patrouille im engen UN-Fahrzeug blieb alles ruhig. Das war nicht immer so. Immer wieder gerieten Blauhelmsoldaten in den vergangenen Jahren zwischen die Fronten, zwischen die israelische Armee und Hisbollah-Kämpfer und deren Anhänger.
Pitram Ramdasani, der junge indische UN-Blauhelmoffizier, hält die Mission für sehr sinnvoll. Besonders, wenn es darum geht, die von Kriegen zermürbte Zivilbevölkerung zu unterstützen. Am Schluss führt die Route durch Olivenhaine und ein Weinanbaugebiet. "Dieses Land ist wunderschön. Ich bete zu Gott, dass es ein blühendes Land wird."
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