Viele Reservisten verweigern den Dienst
Für die neue Offensive im Gazastreifen sollen sich Zehntausende israelische Reservisten zum Dienst melden. Doch es gibt Widerstand gegen die Politik von Premier Netanjahu. Viele verweigern den Dienst.
Dan Gavrieli steht neben einem Plastikpavillon im Zentrum von Tel Aviv. Darauf steht: "Reservisten, beendet den Krieg!" Durch ein Megafon ruft er den Passanten entgegen: "Unterschreibt meine Petition, die Geiseln zurückzubringen und den Krieg zu beenden! Reservisten, verliert keine Zeit! Schließt euch uns an!"
Gavrieli ist Reservist. Auch er soll sich wie 60.000 andere Reservisten zum Dienst in der Armee melden, die eine neue Offensive in Gaza vorbereitet. Bislang hätten sich von den 40.000 Reservisten, die sich seit gestern in den Kasernen einfinden mussten, 5.000 nicht zum Dienst gemeldet, berichtet das israelische Fernsehen. Die Armee nennt selbst keine offiziellen Zahlen. Weitere 20.000 Reservisten sollen in den nächsten Tagen dazukommen.
"Dieser Krieg hat kein Ziel"
Viel Zeit hat Gavrieli nicht, er will den Dienst verweigern, vor allem will er andere auch davon überzeugen: "Ein Krieg muss ein strategisches Ziel haben", sagt er. "Dieser Krieg hat aber kein Ziel, außer die Regierungskoalition von Netanjahu am Leben zu halten. Wir müssen die Geiseln zurückbringen." Der Krieg müsse enden, sagt Gavrieli. "Und hoffentlich gibt es in Gaza eine alternative Regierung mit Palästinensern.“
Mit seiner Meinung ist Gavrieli nicht allein. Mehrere Hundert Reservisten haben sich in einer Gruppe namens "Soldaten für die Geiseln" zusammengeschlossen. Auch Natan Ruchansky gehört dazu. "Ich wurde einberufen und soll nach Gaza gehen", sagt er. "Das werde ich nicht, weil ich mein Leben riskiere. Ich bin ein freier Mensch. Am 7. Oktober habe ich mein Leben riskiert." Die Geiseln hätten keine Wahl gehabt, so Ruchansky. "Ich kann nicht etwas zustimmen, bei dem sie geopfert werden." Auch die vielen toten Palästinenser im Gazastreifen könne er nicht ertragen, fügt er hinzu.
Viele stehen nicht hinter Netanjahus Kurs
Aktuelle Umfragen zeigen, dass ein Großteil der Bevölkerung nicht hinter dem Kurs von Premier Netanjahu steht, der hofft, mit der Einnahme von Gaza-Stadt die Hamas weiter militärisch unter Druck zu setzen. Der Premier schwor die Soldaten in einer Videobotschaft auf den bevorstehenden Kampfeinsatz ein. Was in Gaza begonnen habe, müsse in Gaza enden, appelliert Netanjahu an Soldaten, Wehrpflichtige und Reservisten. "Während des Krieges haben wir schwierige Entscheidungen getroffen, von denen niemand glaubte, dass wir es schaffen. Aber wir haben es geschafft, weil ihr uns und mir die Macht gegeben habt, den Staat Israel zum Sieg zu führen."
Von der Kampfrhetorik aber ist nicht einmal mehr Israels Armeespitze vollends überzeugt. Armeegeneralstabschef Eyal Zamir hatte sich zunächst gegen eine erneute Großoffensive und die Einberufung vieler Reservisten ausgesprochen, sich aber gegen die Politik nicht durchgesetzt. Den rollenden Zug könnten nun auch einige Hundert Kriegsdienstverweigerer nicht mehr stoppen, meinen Beobachter.
Die Bodenoffensive im Gazastreifen habe bereits begonnen, sagt Armeechef Zamir. "Wir dringen bereits in Gebiete vor, die wir noch nie zuvor betreten haben, und agieren dort mit Mut, Stärke, Tapferkeit und außergewöhnlichem Einsatz."
Verstärkte Angriffe im Norden des Gazastreifens
Bereits seit Tagen hat die Armee ihre Angriffe im Norden des Gazastreifens verstärkt und setzt mehr Drohnen ein. Auch näherten sich Panzer bereits Gebieten in Gaza-Stadt, die sie zuvor nie eingenommen hätten, berichten Augenzeugen. Einen offiziellen Termin für den Großangriff auf Gaza-Stadt gibt es nicht. Israelische Medien gehen davon aus, dass die Truppen die Stadt ab Mitte September belagern werden. Der Einsatz könne vier bis fünf Monate dauern.
Bei den jüngsten israelischen Angriffen im Gazastreifen sind laut dem von der Hamas geführten Gesundheitsministerium erneut Dutzende Menschen getötet worden. Von israelischer Seite gab es keine Information zu den Angriffen.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke