Können Beitragszahler den Rundfunkbeitrag verweigern, weil sie das Programm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für zu einseitig halten? Darum geht es heute vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Eine Frau aus Bayern weigert sich, ihren Rundfunkbeitrag zu bezahlen. Sie ist der Ansicht, ARD, ZDF und Deutschlandradio würden ihren Programmauftrag nicht erfüllen, weil sie zu einseitig berichten. Sie sieht aufgrund mangelnder Meinungsvielfalt ein "generell strukturelles Versagen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks". Deshalb hat sie gegen den Beitragsbescheid des Bayerischen Rundfunks (BR) vor dem Verwaltungsgericht geklagt.

Bayerischer Rundfunk verweist auf Perspektivenvielfalt

Der BR widerspricht dieser Kritik. "Das Bundesverfassungsgericht hat 2018 festgestellt, dass das Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks den Rundfunkbeitrag rechtfertigt. Der BR ist überzeugt, dass sich daran nichts geändert hat", heißt es von der Rundfunkanstalt.

Die Sendungen und Formate stünden für Perspektivenvielfalt und eine breite Debattenkultur. "Sie sind ein Spiegelbild der Gesellschaft. Den Rundfunkbeitrag kann man nicht zurückbehalten, wenn einem das Angebot persönlich nicht gefällt", so der Sender in einer Stellungnahme.

Klage hatte bislang keinen Erfolg

In den ersten beiden Instanzen hatte die Klägerin keinen Erfolg. Dabei sind die Gerichte nicht in die inhaltliche Prüfung eingestiegen, ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinen Auftrag erfüllt. Sie haben die Klage aus einem anderen Grund abgewiesen. Das Verwaltungsgericht München und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) verweisen auf die Rundfunkfreiheit der Sender und sagten im Kern: Die Kontrolle der Programmvielfalt sei nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte.

Wenn die Klägerin der Ansicht sei, das Programm sei nicht vielfältig genug, müsse sie sich mit ihrer Kritik an das zuständige Aufsichtsgremium wenden. Das ist der Rundfunkrat, der aus Vertretern zahlreicher gesellschaftlicher Gruppen besteht. Dort kann man sogenannte Programmbeschwerden einreichen. "Daher ist die Klägerin - anders als sie meint - nicht rechtlos gestellt", so der VGH. Diese Auffassung haben zuvor schon viele andere Verwaltungsgerichte vertreten. Die Klägerin sieht das anders.

Bundesverwaltungsgericht will Grundsatzfragen klären

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat die Revision der Klägerin zugelassen, weil der Fall grundsätzliche Bedeutung habe. In dem Revisionsverfahren soll nun geklärt werden: Dürfen die Verwaltungsgerichte eine Klägerin wie hier auf die Programmbeschwerde beim Rundfunkrat verweisen? Oder müssen sie selbst überprüfen, ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinen Programmauftrag erfüllt und der Rundfunkbeitrag daher gerechtfertigt ist? Und falls die Gerichte das prüfen müssen: Wie hoch sind die rechtlichen Hürden für einen Erfolg solcher Klagen?

Kein Urteil zum Rundfunkbeitrag an sich

Das Bundesverwaltungsgericht verhandelt die Revision in Leipzig. Alle Beteiligten können im Gerichtssaal ihre Argumente austauschen, die Richterinnen und Richter können bei Bedarf Fragen stellen. Das Urteil kommt wohl noch nicht heute, sondern erst in ein bis zwei Wochen. Inhalt des Urteils wird nicht sein, ob der Rundfunkbeitrag an sich rechtmäßig ist und generell weiter gilt oder nicht. Darüber entscheidet das Bundesverwaltungsgericht nicht.

Für den Ausgang gibt es zwei mögliche Szenarien. Wenn die Revision der Klägerin keinen Erfolg hat, bleibt alles beim Alten. Wer Kritik an der Meinungsvielfalt der öffentlich-rechtlichen Sender geltend machen will, kann dies nicht im Rahmen einer Klage vor den Verwaltungsgerichten gegen seinen Bescheid zum Rundfunkbeitrag tun.

Wenn die Revision der Klägerin Erfolg hat, würde der Fall wohl an die unteren Verwaltungsgerichte zurückgehen. Diese müssten dann erstmals in die Prüfung einsteigen, ob die öffentlich-rechtlichen Sender ihren Programmauftrag in Sachen Meinungsvielfalt erfüllen oder nicht. Das Leipziger Urteil wäre in diesem Szenario eine Art Türöffner für Klagen vor den Verwaltungsgerichten. Und es könnte für dieses und weitere ähnliche Verfahren Leitlinien aufstellen, wie hoch die rechtlichen Hürden für eine erfolgreiche Klage zukünftig sind.

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