High-Tech in Krisenzeiten: Thüringer Wirtschaftsdelegation reist nach Israel
Die Entscheidung war rein technisch. Quasi datenbasiert. So erzählt es der Chef einer Thüringer Firma, die Teil der Delegation ist. Er sei auf der Suche nach einem Kooperationspartner gewesen, habe den nationalen und internationalen Markt gecheckt, auch auf Messen und Konferenzen. Und dann sei die Entscheidung für den Besten gefallen - eine Firma in Israel.
Die israelische High-Tech-Industrie ist attraktiv, gilt als eine der innovativsten der Welt. Sie ist eine Triebkraft der nationalen Wirtschaft, produziert etwa 20 Prozent des Bruttoinlandsproduktes und steht für mehr als die Hälfte der Exporte Israels. Die ausgesprochen kreative Start-up-Szene sorgte in der Vergangenheit schon mehrfach für spektakuläre Exits.
Stabile Kontakte nach Israel
So wurden gerade die kartellrechtlichen Hürden für die Übernahme des Cybersicherheits-Start-up Wiz genommen. Google zahlt dafür 32 Milliarden Dollar. Thüringen hat stabile Kontakte in die Wirtschaft des Landes. Seit 2018 arbeitet eine Innovationsbotschafterin für den Freistaat in Tel Aviv über die Deutschen Außenhandelskammern (AHK).
Thüringer Unternehmen und Forschungseinrichtungen kooperieren bereits mit israelischen Partnern - wie beispielsweise die Gesellschaft für Fertigungstechnik und Entwicklung Schmalkalden e.V. (GFE). Während ihrer Reise wird die Delegation mindestens fünf Technologiefirmen besuchen, darunter zwei der wichtigsten Rüstungsunternehmen Israels.
Auch Innenminister Georg Maier wird anreisen
Dabei geht es auch um die Frage, inwiefern Entwicklungen aus dem Militär zivil genutzt werden können. Dual Use genannt. Auch Zivilschutz wird eine Rolle spielen sowie die Frage: Wie geht eine Gesellschaft mit Konflikten um, minimiert dabei wirtschaftliche Verluste, verhindert gesellschaftliche Spaltung? Wie also stärkt sie ihre Resilienz? Ein Thema, das seit der Corona-Krise und vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine auch für Thüringen aktuell geworden ist.
Dafür wird auch Innenminister Maier am Montag zur Delegation hinzustoßen. Denn auch zum Thema Resilienz kann Israel Impulse liefern: Seit Jahrzehnten lebt das Land mit Konflikten und Unruhen. Politische und Sicherheitslagen ändern sich manchmal plötzlich. Zivilgesellschaft und Wirtschaft haben gelernt, sich ständig auf neue Umstände einzustellen, sich zusammenzutun, Unternehmen zu gründen, technologische Lösungen zu finden. Kurz: Nach vorn zu blicken.
Trotzdem ist die Lage im Moment schwierig. Schon lange vor dem jüngsten Gaza-Krieg gingen zehntausende, teils hunderttausende Israelis Woche für Woche auf die Straße, um gegen die Justizreform der Netanyahu-Regierung zu demonstrieren. Ein großer Teil der High-Tech Branche war ganz vorn dabei, denn sie fürchtete um die Rechtssicherheit und um Investitionen.
Reinhard Schramm, Vorsitzender der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen, ist Teil der Delegation.Bildrechte: MDR/Alice EndHigh-Tech-Branche schrumpft erstmals
Der Krieg verschärfte die Krise: Tausende Mitarbeiter der Branche verließen das Land. Investitionen gingen zurück. In 2024 schrumpfte erstmals seit langer Zeit die Beschäftigung in dem Sektor, die Arbeitslosigkeit lag überdurchschnittlich hoch. Die Wirtschaft generell litt unter schwierigen Einreisebedingungen und gestörten Lieferketten, nicht zuletzt auch unter den Folgen der internationalen Kritik an der Politik der Netanyahu-Regierung.
Nun hört man aus Tel Aviv, dass der Besuch der Thüringer Delegation auch für die Wirtschaft vor Ort ein Hoffnungssignal ist. Eine ausgestreckte Hand oder wie Ministerpräsident Voigt es formuliert - ein "Aufbruch in die Zukunft": "Israel zeigt, wie Innovation, Mut und Zusammenhalt ein Land stark machen. Wir wollen voneinander lernen und Partnerschaften vertiefen - zwischen Thüringer Unternehmen und israelischen Start-ups, zwischen Wissenschaft, Politik und Gesellschaft. Denn wer sich austauscht, wird stärker - und genau das brauchen Israel und Thüringen in diesen Zeiten."
Voigt und Maier werden auch politische Gespräche im israelischen Parlament, der Knesset, sowie mit Regierungsmitgliedern in Jerusalem führen. Und der Thüringer Unternehmer, der so sorgfältig nach der richtigen Kooperation gesucht hatte, wird die Zusammenarbeit vertiefen und während seiner Reise nach Israel einen neuen Vertrag mit seiner Partnerfirma unterzeichnen. Die Delegation wird bis Donnerstag in Israel bleiben.
MDR (lou/sar)
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