• Die Landesschülervertretung regt an, auch Texten wie Deutschrap im Unterricht eine Chance zu geben. Diese könnten wichtige Themen wie soziale Ungleichheit und Identität erörtern.
  • Parteiübergreifend findet der Vorschlag in der Politik Anklang – auch wenn nicht alle Texte für Jugendliche geeignet seien.
  • Der Lehrplan in Thüringen schreibt generell keine verpflichtenden Werke vor, die im Unterricht behandelt werden müssen.

Sie gehören heute einfach dazu – zum Deutsch-Unterricht. Die Werke von Johann Wolfgang von Goethe. Dem Dichterfürsten aus Weimar, dem Autor von "Faust", "Die Leiden des jungen Werther".

Oder "Prometheus" – der Ode aus dem Jahr 1774: "Bedecke deinen Himmel Zeus mit Wolkendunst und übe Knaben gleich, der Disteln köpft, an Eichen dich und Bergeshöhen..."

Deutschrap kann soziale Ungleichheit und Identität erörtern

Ein Standard-Werk. Tausendfach interpretiert, genauso oft rezitiert. Die Thüringer Landessschüler-Vertretung stellt nicht in Frage, das Goethe im Deutsch-Unterricht weiterhin Relevanz hat und seine Notwendigkeit.

Sie hätte aber gern ebenso Texte besprochen, die ein bisschen anders klingen: "… Die Banken kratzen an den Wolken/Ich mich am Yarrak, wie komm ich an Euros? Kiddies auf der Jagd nach Spaß fahren im geklauten Golf rum/Hätten sie nur gewusst, dass sie umkommen, nachdem sie die Bullen verfolgen…“

Zeilen aus 0-6-9, dem erfolgreichsten Song von "Haftbefehl", der mit bürgerlichem Namen Aykut Anhan heißt. Dessen Texte setzen sich mit sozialen Fragen, mit Ungleichheit und Identität auseinander und sollten im Unterricht deshalb behandelt werden, wenn nicht gar verpflichtend.

Politik zeigt sich offen für Perspektive der Schülervertretung

Solche Perspektiven verdienen es, ernstgenommen und besprochen zu werden – das schreibt die Thüringer Landesschüler-Vertretung in einem Statement. Perspektiven, die im Thüringer Landtag keiner ausklammern will. Bei Koalition wie Opposition.

So sagt Carolin Gerbothe, bildungspolitische Sprecherin der CDU zur Forderung der Schüler: "Ich finde es sehr wichtig, unsere Schülerinnen und Schüler in ihrer Lebenswelt abzuholen, weil das meiner Meinung nach ein entscheidender Türöffner im Unterricht sein kann. Allerdings braucht es auch hier ein gewisses Maß."

Für die CDU-Politikerin ist nicht jeder Text – unter anderem von "Haftbefehl" – geeignet für den Unterricht. Das sieht Denny Jankowski von der AfD ähnlich, würde aber nichts generell ausklammern. Denn: "Natürlich kann man dann auch eine kritische Betrachtung machen, was Drogenkonsum ist, was Kriminalitätsverherrlichung ist oder Frauenfeindlichkeit."

Lehrplan in Thüringen schreibt keinen Pflichtkanon vor

Eine Anpassung, beispielsweise des Deutsch-Unterrichts in Richtung zeitgenössischer Themen oder Künstler durch eine Vorgabe des Ministeriums, hält er für nicht notwendig. Zumal es in Thüringen keine Vorschrift gibt, die besagt, was genau im Unterricht gelesen oder behandelt werden muss.

Was es gibt – ist ein Rahmen im Lehrplan: die Kompetenz-Orientierung. Für Deutsch heißt das, das Sprechen, Zuhören, Lesen und Schreiben systematisch zu entwickeln und zu reflektieren. Daneben haben Lehrerinnen und Lehrern genügend Freiraum, eigene Themen, eigene Schwerpunkte zu setzen. Wenn sie wollen.

Schüler können Werke selbstständig erschließen

Paul Menger von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft sieht unter den Kollegen eine große Bereitschaft dazu. Das bringe Vorteile: "Selbst, wenn ich nicht den großen Bezug zu 'Haftbefehl' habe, aber merke, bei meinen Schülerinnen und Schülern ist das ein Thema, dann kann ich ja diese Aufgabe sozusagen an sie abgeben. Und dann gibt es meinetwegen eine Projektarbeit oder einen Vortrag und kann so die Schülerinnen und Schüler arbeiten lassen an ihrem Thema."

Und was sagt das Ministerium zu allem? Dort zeigt man sich aufgeschlossen, zeitgenössischen Künstlern wie "Haftbefehl" oder anderen Raum zu geben, neben den Klassikern. Schriftlich heißt es: "Es entspricht einem zeitgemäßen Unterrichtsverständnis, sich bei Lerngegenständen am Schüler-Interesse zu orientieren und diese innerhalb fachlicher Standards anzubieten."

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