• Psychische Erkrankungen kommen bei Stadtbewohnern häufiger vor als bei Menschen auf dem Land.
  • Die Forschung macht dafür insbesondere Stressfaktoren verantwortlich.
  • Städter leiden auch öfter unter Zivilisationskrankheiten wie Darmerkrankungen, Diabetes oder Allergien.

Beginnen wir mit der psychischen Gesundheit. Stadt kann schließlich stressig sein. Und Achtung, hier kommen tatsächlich schlechte Nachrichten für alle Stadtmenschen. Mazda Adli, Professor für Psychiatrie und Psychotherapie an der Charité in Berlin, sagt: "Wir wissen aus einer Reihe von epidemiologischen Studien, dass das Risiko für einige psychische Erkrankungen größer ist, wenn man in einer Stadt zu Hause oder aufgewachsen ist." So sei zum Beispiel das Risiko für eine Depression anderthalb mal so groß wie für Menschen im ländlichen Raum. Das Risiko für Angsterkrankungen sei ebenfalls größer in der Stadt, das Risiko für Schizophrenie sogar mindestens doppelt so groß, wenn man in der Stadt lebt.

Eine klare Kausalität kann die Forschung bisher nicht ausmachen. Es ist also unbekannt, wie es zu dieser Häufung kommt. Mazda Adli nennt Dichtestress, Stress durch Menschenmassen, und Isolationsstress, die gleichzeitige Anonymität, als mögliche Faktoren. Was die Forschung sicher weiß: Stadtmenschen sind empfindlicher. Mazda Adli: "Das kann man auch in Studien gut feststellen, dass Menschen, die in einer Stadt wohnen, wenn man die künstlich sozialem Stress aussetzt in einem Experiment und gleichzeitig durch funktionelle Kernspintomografie die Aktivität im Gehirn misst, dass dann stressverarbeitende Areale aktiver sind, deutlicher aufleuchten." Wahrscheinlich "wächst" diese Empfindlichkeit bei Stadtmenschen, weil sie einfach wachsamer sein müssen, wenn sie sich in der Stadt bewegen. Mehr Menschen, mehr Verkehr, weniger Platz – das Gehirn passt sich diesen Herausforderungen an.

Mikrobiom leidet unter städtischer Hygiene

Es sind aber nicht nur unser Gehirn und unsere Psyche. Auch auf unser Mikrobiom wirkt sich das Stadtleben aus – also auf die Gesamtheit all der Mini-Mini-Kleinstlebewesen, Bakterien, Pilze und Viren, die in unserer Umgebung leben. Und eben auch auf und in uns Menschen. Thomas Bosch, Professor für Evolutions- und Entwicklungsbiologie an der Uni Kiel, erklärt dazu: "Das ist die sogenannte Hygienehypothese, dass offensichtlich das Leben auf dem Land, der Kontakt mit Tieren, der Kontakt mit dem Boden eine gesündere Lebensweise ist als die in unserer derzeitigen urbanen Welt."

Mikroben lieferten Signale, die für unsere Nervenzell-Entwicklungen wichtig seien, sagt Bosch. "Wenn vieles oder alles davon fehlt, dann entwickeln sich Kinder, denen diese Signale fehlen, und die aus diesem Grund Probleme haben." Diese Probleme sind vor allem sogenannte Lifestyle-Diseases, etwa chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, Diabetes, Allergien, neurodegenerative Erkrankungen, Adipositas. Dass immer mehr Menschen unter solchen Krankheiten leiden, das führen Bosch und seine Kolleginnen und Kollegen vorrangig darauf zurück, dass wir unser Mikrobiom quasi kleinzüchten, indem wir in Betonwüsten leben statt in der Natur.

Das lässt sich in Langzeitstudien nachweisen an Menschen, die auf dem Land groß werden und später in urbane Räume übersiedeln. Die Forscher sequenzieren dafür Stuhlproben und setzen die Ergebnisse in Bezug zu den medizinischen Grunddaten. Biologe Bosch: "Schlüsselbeobachtung ist, dass aus einem vielfältigen Mikrobiom und der Abwesenheit von diesen Lifestyle-Erkrankungen bei Bewohnern von ländlichen, kleinen Siedlungen, sukzessive mit dem Wegziehen in größere, urbane Gegenden, diese Lifestyle-Erkrankungen plötzlich auftauchen."

Trotzdem gilt: Wer in der Stadt zufrieden ist, den urbanen Trubel liebt – der sollte sich nicht raus aufs Land quälen. Denn auch Glücklichsein ist ein zentraler Faktor für unsere Gesundheit. Da ist sich die Forschung einig.

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